Heiße Beute
vier Tage lang damit zur Probe gefahren, dann wurde sie geschnappt.«
»Alle Achtung vor einer Frau, die solchen Unternehmungsgeist beweist.«
Connie übergab mir zwei Aktenmappen. »Bei dem zweiten Fall handelt es sich um Andy Bender, Wiederholungstäter, häusliche Gewalt. Könnte sein, dass du ihn wegen einer früheren Sache schon mal geschnappt hast. Wahrscheinlich sitzt er stinkbesoffen zu Hause rum und kann links von rechts nicht unterscheiden.«
Ich blätterte in Benders Unterlagen. Connie hatte Recht. Mit dem war ich schon mal aneinander geraten. Bender war der reinste Abschaum, ein dürrer Klepper und ein widerlicher Trinker.
»Das ist der Typ, der mit einer Kettensäge auf mich losgegangen ist«, sagte ich.
»Ja, schon, aber du musst auch das Positive sehen«, sagte Connie. »Wenigstens war es keine Pistole.«
Ich steckte die beiden Mappen in meine Tasche. »Bei Gelegenheit kannst du deinen Computer mal mit Evelyn Soder füttern. Vielleicht entlockst du ihm ja ihre tiefsten Geheimnisse.«
»Die Suche nach tiefsten Geheimnissen dauert achtundvierzig Stunden.«
»Das geht auf meine Rechnung. Jetzt muss ich aber los. Ich muss unbedingt den Hexenmeister sprechen.«
Der Hexenmeister, das ist Ranger. Ranger ist ein Hexenmeister, weil er ein Meister ist und weil er hexen kann. Er geht auf geheimnisvolle Weise durch verschlossene Türen, er liest Gedanken, er lässt jedes Dessert zurückgehen, und eine Berührung mit seinem Finger jagt mir einen Schauer durch den Körper. Ich war hin- und hergerissen, ob ich ihn anrufen sollte oder nicht. Momentan war unsere Beziehung an einem seltsamen Punkt angelangt, es gab viel Zweideutiges und eine unausgelebte körperliche Anziehung. Andererseits waren wir auch Partner, und er verfügte über Kontakte, die ich niemals zu Stande gebracht hätte. Wenn ich Ranger mit ins Boot holte, würde die Suche nach Annie viel schneller zum Erfolg führen.
Ich stieg in mein Auto und wählte Rangers Nummer auf dem Handy. Auf seinem Anrufbeantworter hinterließ ich eine Nachricht, dann widmete ich mich wieder Benders Akte. Anscheinend war nicht viel Aufregendes in seinem Leben passiert, seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Noch immer war er arbeitslos, noch immer prügelte er seine Frau, und noch immer hauste er in einer Sozialwohnung am Stadtrand. Es würde nicht weiter schwierig werden, ihn aufzutreiben. Viel schwieriger würde es sein, ihn in meinen Wagen zu bugsieren. Das ging sicher nicht ohne Rauferei ab.
Moment, dachte ich. Warum gleich so negativ? Wie hatte Connie gesagt: Immer das Positive sehen. Also: Das Glas ist halb voll und nicht halb leer. Vielleicht tut es Mr. Bender ja Leid, dass er seinen Gerichtstermin verpasst hat. Vielleicht freut er sich ja über meinen Besuch. Vielleicht hat er kein Benzin mehr in seiner Motorsäge.
Ich legte den Gang ein und fuhr quer durch die Stadt. Es war ein angenehmer Nachmittag, und die Sozialwohnungen sahen eigentlich ganz passabel aus. Der Müll in den so genannten Grünanlagen hatte etwas Hoffnungsfrohes, so dass sich das Gras dieses Jahr vielleicht doch dazu durchringen würde zu wachsen. Die Öltanks der Schrottautos am Straßenrand würden vielleicht nicht mehr lecken. Und vielleicht flatterte ja auch mal ein fetter Lottogewinn ins Haus. Vielleicht aber auch nicht.
Ich stellte meinen Wagen vor Benders Wohnblock ab und sah mir den Bau eine Weile lang an. Gartenwohnungen schimpften sich diese Löcher, was Besseres war den Stadtplanern nicht eingefallen. Bender wohnte im Erdgeschoss. Er hatte eine Frau, die er regelmäßig misshandelte, und, Gott sei Dank, keine Kinder.
Ein Stück weiter hatte unter freiem Himmel ein improvisierter Basar seine Tore geöffnet. Der Handel spielte sich zwischen zwei Autos ab, einem alten Caddy und einem neuen Oldsmobile. Die Besitzer hatten ihre Wagen am Straßenrand abgestellt, den Kofferraum geöffnet und boten Handtaschen, T-Shirts, DVDs und anderen Kram an. Um die Autos herum lungerten einige Gestalten.
Ich wühlte in meiner Umhängetasche und fand eine handliche Dose Pfefferspray. Ich schüttelte sie, um sicher zu sein, dass sie auch gefüllt war, und steckte sie in meine Hosentasche, damit ich, falls nötig, leichter drankam. Aus dem Handschuhfach holte ich ein paar Handschellen und stopfte sie hinten unter den Hosenbund meiner Jeans. Jetzt war ich komplett ausgerüstet. Ich stieg aus dem Wagen, ging zu Benders Tür, holte einmal tief Luft und klopfte an.
Es wurde geöffnet, und
Weitere Kostenlose Bücher