Heiße Beute
fangen. Und ob mir Morelli immer noch etwas bedeutete oder nicht, das könnte ich dann auch nicht mehr für mich klären.
Wie sich herausstellte, brauchte ich für die Festnahme wirklich Rangers Hilfe. Die Festnahme klappte auch ganz gut, es gab nur einige kleinere Probleme, zum Beispiel wurde DeChooch ein Ohr abgeschossen. Ranger hatte DeChooch in den Zellentrakt des St. Francis Hospital geschafft, und ich war in meine Wohnung zurückgekehrt und hatte mich ins Bett verkrochen, weil ich nicht mehr an die Ereignisse des Tages denken wollte.
Was danach geschah, ist mir immer noch in lebhafter Erinnerung. Um ein Uhr morgens wurde das Schloss an der Wohnungstür aufgebrochen, und ich hörte die Sicherheitskette hin und herbaumeln. Ich kenne viele Leute, die ein Schloss aufbrechen können, aber nur einen, der von außen eine Sicherheitskette aushängen kann.
Ranger tauchte im Türrahmen zu meinem Schlafzimmer auf und klopfte leise an den Pfosten. »Bist du wach?«
»Jetzt ja. Du hast mich zu Tode erschreckt. Benutzt du nie eine Klingel?«
»Ich wollte nicht, dass du wegen mir aufstehen musst.«
»Was gibt’s?«, fragte ich. »Ist alles in Ordnung mit De-Chooch?«
Ranger legte den Pistolengürtel ab und ließ ihn zu Boden fallen. »DeChooch geht es gut, aber wir zwei beide haben noch etwas zu erledigen.«
Was hatten wir schon zu erledigen? Ach, du lieber Himmel, meinte er etwa den Preis für seine Hilfe bei der Festnahme? Das Zimmer fing an sich zu drehen, und unfreiwillig presste ich das Laken gegen die Brust.
»Das kommt ein bisschen plötzlich«, sagte ich. »Ich habe nicht damit gerechnet, dass es heute Abend so weit sein würde. Ich wusste nicht mal, ob es überhaupt je so weit sein würde. Ich dachte nicht, dass du es ernst meinst. Nicht, dass ich kneifen will, ich will damit nur sagen …«
Ranger sah mich fragend an. »Mache ich dich nervös?«
»Ja.« Mist.
Er ließ sich auf den Schaukelstuhl in der Ecke nieder. Er lümmelte sich hin, stützte die Ellenbogen auf die Armlehnen, spreizte die Finger und legte die Fingerspitzen aufeinander.
»Und?«, fragte ich, »Du kannst dich beruhigen. Ich bin nicht hergekommen, um meinen Preis einzufordern.«
Ich klimperte mit den Wimpern. »Ach, nicht? Warum hast du dann deinen Pistolengürtel abgelegt?«
»Ich bin müde. Ich wollte mich hinsetzen, und der Gürtel ist unbequem.«
»Ach so.«
Er grinste. »Enttäuscht?«
»Nein.« Lügen haben bekanntlich kurze Beine.
Das Grinsen wurde breiter.
»Und was hätten wir zwei beide dann zu erledigen?«
»Das Krankenhaus will DeChooch über Nacht dabehalten. Morgen früh soll er überstellt werden. Es sollte dann jemand dabei sein, damit der Papierkram auch ordnungsgemäß abgewickelt wird.«
»Und das soll ich erledigen.«
Ranger sah mich über die gegeneinander gestellten Fingerkuppen hinweg an. »Das sollst du erledigen.«
»Das hättest du mir auch am Telefon sagen können.«
Er hob den Pistolengürtel vom Boden auf und stand auf.
»Hätte ich, aber das wäre nicht so interessant gewesen.« Er küsste mich flüchtig auf die Lippen und ging zur Schlafzimmertür.
»Was diese unerledigte Sache zwischen uns betrifft … das sollte doch nur ein Witz sein, oder?«
Es war das zweite Mal, dass ich ihn das fragte, und ich bekam die gleiche Antwort. Ein Schmunzeln.
Das war mehrere Wochen her. Ranger hatte seinen Preis immer noch nicht eingefordert, und ich war in der unerfreulichen Situation, erneut um Unterstützung bei einer Sache verhandeln zu müssen. »Hast du schon mal was von Vormundschaftskautionen gehört?«, fragte ich ihn.
Er senkte den Kopf um einen knappen Zentimeter, was bei Ranger heftiges Nicken bedeutete. »Ja.«
»Ich suche eine Mutter und ein kleines Mädchen.«
»Wie alt ist das Mädchen?«
»Sieben.«
»Ist sie aus Burg?«
»Ja.«
»Es ist schwierig, eine Siebenjährige zu verstecken«, sagte Ranger. »Die gucken gern mal aus dem Fenster und stellen sich in einen offenen Eingang. Wenn das Kind in Burg ist, würde es sich herumsprechen. In Burg können die Leute Geheimnisse schlecht für sich behalten.«
»Ich habe nichts in dieser Richtung gehört. Ich tappe im Dunkeln. Connie soll noch mal den Computer durchforsten, aber das dauert ein bis zwei Tage.«
»Gib mir alle Informationen, die du kriegen kannst. Ich selbst werde mich auch umhören.«
Hinter Ranger sah ich, in einiger Entfernung, den Cadillac auf uns zu rollen. Hinterm Steuer saß immer noch Bender. Er verlangsamte das
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