Heiße Beute
hoffe ich nur, dass wir uns nicht ins Gehege kommen.«
»Das hoffe ich auch«, sagte ich.
»Wollen Sie Informationen mit mir austauschen?«
Ich überlegte eine Sekunde lang und kam zu dem Entschluss, dass ich gar keine Informationen anzubieten hatte.
»Nein«, sagte ich.
Ihre Lippen verzogen sich zu einem schmalen freundlichen Lächeln. »Na dann.«
Die Haustür nebenan öffnete sich, und Mabel sah zu uns herüber.
»Darf ich vorstellen, das ist Jeanne Ellen Burrows«, klärte ich Mabel auf. »Sie arbeitet für Steven Soder. Sie würde dir gern ein paar Fragen stellen. Ich würde dir raten, sie nicht zu beantworten.« Irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl, was Evelyns und Annies Verschwinden betraf, und ich wollte nicht, dass Steven Soder die Tochter zugesprochen bekam, bevor ich nicht wusste, warum Evelyn weggegangen war.
»Es wäre in Ihrem eigenen Interesse, wenn Sie mit mir reden würden«, sagte Jeanne zu Mabel. »Es könnte sein, dass Ihre Enkelin in Gefahr ist. Ich könnte Ihnen bei der Suche behilflich sein. Menschen aufzuspüren ist meine Spezialität.«
»Das kann Stephanie auch ganz gut«, sagte Mabel.
Das schmallippige Lächeln kehrte in Jeannes Gesicht zurück. »Ich kann es besser«, sagte sie.
Das stimmte. Jeanne Ellen war die bessere Detektivin. Ich verließ mich eher auf das Glück der Dummen und auf stures Beharren.
»Ich weiß nicht«, sagte Mabel. »Das wäre gegenüber Stephanie nicht ganz fair. Bestimmt sind Sie ein netter Mensch, aber mit Ihnen möchte ich über diese Geschichte lieber nicht reden.«
Jeanne Ellen gab Mabel ihre Visitenkarte. »Unter einer dieser Nummern können Sie mich immer erreichen – sollten Sie Ihre Meinung ändern.«
Mabel und ich sahen zu, wie Jeanne Ellen in ihren Wagen stieg und davonfuhr.
»Sie erinnert mich an jemanden«, sagte Mabel. »Mir fällt nur nicht ein, an wen.«
»Cat Woman«, sagte ich.
»Ja, genau! Nur die Ohren sind anders.«
Ich verabschiedete mich von Mabel, klärte meine Mutter und meine Oma über Jeanne Ellen auf, nahm mir ein Plätzchen für unterwegs und machte mich auf die Heimfahrt. Zuerst aber schaute ich noch im Büro vorbei.
Lula fuhr hinter mir auf. »Du fällst um, wenn ich dir meine neuen Boots zeige. Ich habe mir ein Paar Motorradstiefel gekauft.« Sie warf ihre Tasche und ihre Jacke aufs Sofa und öffnete den Schuhkarton. »Jetzt guckt euch die an. Sind die nicht rattenscharf?«
Es waren schwarze Lederboots mit einem hohen Plateauabsatz, an der Seite war ein Adler aufgenäht. Connie und ich mussten zugeben, die Boots waren rattenscharf.
»Na, was hast du so getrieben in letzter Zeit?«, fragte mich Lula. »Habe ich etwas Interessantes verpasst?«
»Ich habe Jeanne Ellen Burrows getroffen«, sagte ich.
Connie und Lula ließen wie auf Kommando die Kinnlade fallen. Jeanne Ellen sah man so gut wie nie. Meistens arbeitete sie nachts und war flüchtig wie Rauch.
»Erzähl«, sagte Lula. »Ich will alles wissen.«
»Steven Soder hat sie engagiert. Sie soll Evelyn und Annie suchen.«
Connie und Lula wechselten viel sagende Blicke. »Weiß Ranger das?«, fragte Connie.
Über Ranger und Jeanne Ellen kursierten viele Gerüchte. Ein Gerücht besagte, sie würden heimlich zusammenwohnen. Ein anderes, sie hätten ein Lehrer-Schüler-Verhältnis. Bestimmt hatten sie irgendwann mal eine Beziehung miteinander gehabt, aber ich war mir sicher, dass diese Beziehung in der Form heute nicht mehr existierte. Andererseits – bei Ranger konnte man nie wissen.
»Das kann ja heiter werden«, sagte Lula. »Du und Ranger und Jeanne Ellen Burrows. Ich an deiner Stelle würde sofort nach Hause fahren, mir die Haare frisieren und ein bisschen Wimperntusche auflegen. Dann würde ich bei dem Harley-Laden vorbeischauen und mir diese coolen Lederboots kaufen. Die brauchst du, wenn du dich mal über Jeanne Ellen hinwegsetzen willst.«
Mein Vetter Vinnie steckte den Kopf durch die Tür zu seinem Arbeitszimmer. »Redet ihr gerade von Jeanne Ellen Burrows?«
»Stephanie hat sie heute getroffen«, sagte Connie. »Die beiden arbeiten an ein und demselben Fall, für die jeweils gegnerische Seite.«
Vinnie grinste mich blöd an. »Du willst es mit Jeanne Ellen aufnehmen? Bist du durchgeknallt? Das betrifft doch nicht etwa einen von meinen NVGlern, oder?«
»Es geht um eine Vormundschaftskaution«, sagte ich. »Mabels Enkelin.«
»Ist das die Mabel, die neben deinen Eltern wohnt? So eine steinalte Frau?«
»Genau die. Evelyn und Steven
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