Heiße Hüpfer
Appetit?«
»Sieh dir mal diese Zeichnung an, Kumpel.«
»Meinst du das Känguruh?«
»Wo sollte es sich befinden, Kumpel?«
Rincewind blickte zur Wand. Die Darstellung des Känguruhs war nicht mehr dort, wo er sie zuvor gesehen hatte.
»Ich könnte schwören…«
»Das Bild wollte ich dir zeigen, dort drüben.«
Rincewind sah zum Felsen und bemerkte die ockerfarbenen Umrisse vieler Hände.
Er seufzte. »Na schön«, sagte er müde. »Ich sehe das Problem. So was ist auch mir passiert.«
»Wovon redest du da?«
»So geht’s mir, wenn ich versuche, Aufnahmen mit einem Ikonographen anzufertigen«, erklärte Rincewind. »Man bereitet alles vor, und der Dämon malt fleißg, und wenn man sich dann das Resultat ansieht… Himmel, der Daumen war im Weg. Ich habe viele Bilder von meinem Daumen. Diesem Burschen hier muß es ähnlich ergangen sein. Vermutlich hatte er es eilig mit dem Bild, bereitete den Pinsel vor und platsch – er vergaß, die Hand wegzunehmen, bevor…«
»Nein. Ich meine das Bild darunter, Kumpel.«
Rincewind sah genauer hin. Es gab tatsächlich dünnere und blassere Linien, die man für haarfeine Risse im Gestein halten konnte, wenn man es nicht besser wußte. Andere Linien kamen hinzu… Ja, jemand hatte Gestalten gezeichnet, und sie wirkten seltsam vertraut…
Er pustete ein wenig Sand fort.
Ja, die Gestalten erschienen wirklich…
… sonderbar vertraut…
»Ja«, sagte Scrappy, und seine Stimme kam wie aus weiter Ferne. »Sieht dir ziemlich ähnlich, nicht wahr?«
»Aber sie…« Rincewind richtete sich auf. »Wie alt sind diese Bilder?«
»Nun, mal sehen«, erwiderte das Känguruh. »Vor Sonne und Wetter geschützt, keinen störenden Einflüssen ausgesetzt… Zwanzigtausend Jahre?«
»Unmöglich!«
»Vielleicht hast du recht. An einem so geschützten Ort dürften es wohl eher dreißigtausend Jahre sein.«
»Aber das sind… Das ist meine…«
»Nun, wenn ich dreißigtausend Jahre sage, so ist das natürlich nur meine persönliche Meinung«, fuhr das Känguruh fort. »Weißt du, selbst die Handabdrücke über den Darstellungen sind fünftausend Jahre alt. Und die fast ganz verblaßten Linien… Oh, sie könnten Zehntausende von Jahren alt sein. Allerdings…«
»Allerdings was?«
»In der letzten Woche waren sie noch nicht hier, Kumpel.«
»Du meinst: Sie sind seit einer Ewigkeit hier – aber nicht sehr lange?«
»Na bitte. Ich wußte ja, daß du ein schlaues Kerlchen bist.«
»Und jetzt wirst du mir verraten, was das alles zu bedeuten hat?«
»Ja.«
»Entschuldige bitte. Ich besorge mir nur schnell etwas zu essen.«
Rincewind hob einen Stein, und darunter fand er zwei mit Marmelade bestrichene Toastscheiben.
D ie Zauberer waren zivilisierte Männer, die sich durch ein hohes Maß an Bildung und Kultur auszeichneten. Als sie feststellten, daß sie durch ein Versehen auf einer Insel festsaßen, begriffen sie sofort, worauf es ankam: Wichtig war vor allem, jemandem die Schuld zu geben.
»Es war doch alles ganz klar!« rief Ridcully und tastete mit der Hand nach einem Fenster, das nicht mehr existierte. »Außerdem habe ich ein Schild angebracht!«
»Ja, aber du hast auch ein Nicht-stören-Schild an die Tür deines Arbeitszimmers genagelt«, sagte der Oberste Hirte. »Trotzdem erwartest du, daß dir Frau Allesweiß morgens den Tee bringt!«
»Meine Herren, bitte«, warf Ponder Stibbons ein. »Wir müssen jetzt einige Dinge klären!«
»Ja, und ob!« donnerte der Dekan. »Es ist alles seine Schuld! Das Schild war nicht groß genug!«
»Ich meine, wir müssen…«
»Es sind Damen zugegen!« ließ sich der Oberste Hirte scharf vernehmen.
» Da me. « Frau Allesweiß sprach dieses Wort mit gut überlegter Sorgfalt aus, wie ein Kartenspieler, der langsam das beste Blatt auf den Tisch legt. Mit würdevollem Anstand musterte sie die Zauberer, und ihre Miene sagte: Ich bin unbesorgt, denn in der Gesellschaft so vieler Zauberer kann nichts schiefgehen.
Das Verhalten der Zauberer änderte sich.
»Hich entschuldige mich, wenn hich etwas falsch gemacht habe«, sagte Frau Allesweiß.
»Oh, es war nicht falsch in dem Sinn«, erwiderte Ridcully rasch. »Nein, nicht falsch. Jedenfalls nicht unbedingt.«
»Jedem hätte ein solcher Fehler unterlaufen können«, sagte der Oberste Hirte. »Selbst mir fiel es schwer, den Hinweis zu entziffern.«
»Und wenn man die Sache aus einem anderen Blickwinkel betrachtet…«, fügte Ridcully hinzu. »Es ist sicher besser, hier
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