Heiße Hüpfer
dehnten sich aus bis zum Sand.
An der Wand zeigte sich die uralte Zeichnung eines Känguruhs, weiß, rot und gelb. Der Künstler hatte versucht, auf einem Stein das zu erreichen, was sich mit acht Dimensionen und einem großen Teilchenbeschleuniger besser bewerkstelligen ließ. Er war nicht nur bestrebt gewesen, das Känguruh jetzt darzustellen, sondern auch in der Vergangenheiten und der Zukunft. Außerdem hatte er nicht allein die äußere Form des Tieres zeichnen wollen, sondern auch sein Wesen.
Mehrere Dinge geschahen, als die Zeichnung verblaßte – unter anderem lächelte das Känguruh.
J ener intelligente Zweibeiner, den der Rest der Welt als Frau Allesweiß kannte, bestand aus vielen Komplexitäten, und eine davon war: In Frau Allesweiß’ Universum gab es kein informelles Essen. Auch wenn Frau Allesweiß sich selbst ein Sandwich machte, verzichtete sie nicht darauf, ein wenig Petersilie hinzuzufügen, weil es dadurch besser aussah. Sie legte sich eine Serviette auf den Schoß, wenn sie eine Tasse Tee trank. Und noch besser, wenn der Tisch Platz für eine Vase mit Blumen sowie ein hübsches Set bot.
Es war völlig undenkbar, daß sie von einem Teller aß, den sie auf ihren Knien balancieren mußte. Es war sogar undenkbar, sich Frau Allesweiß mit Knien vorzustellen, obgleich sich der Oberste Hirte gelegentlich mit seinem Hut kühle Luft zufächeln mußte. Nach einer gründlichen Suche am Strand war genug Treibholz vorhanden, um einen Tisch daraus zu improvisieren. Einige geeignete Felsen boten Sitzgelegenheiten.
Der Oberste Hirte staubte einen davon mit seinem Hut ab. »Du kannst Platz nehmen, Frau Allesweiß…«
Die Haushälterin runzelte die Stirn. »Hich weiß nicht, ob es sich für Bedienstete gehört, mit den Herren zu speisen«, sagte sie.
»Wir laden dich ein«, meinte Ridcully.
»Nein, hich glaube, es geht wirklich nicht«, entgegnete Frau Allesweiß. »Man sollte vermeiden, sich auf Dinge über dem eigenen Stand einzulassen. Hich könnte den Herren nie wieder ins Gesicht sehen. Nein, hich hoffe, hich kenne meinen Platz.«
Ridcully wirkte ein oder zwei Sekunden lang verdutzt. »Fakultätskonferenz, die Herren?« fragte er dann.
In angemessener Entfernung vom Tisch drängten sich die Zauberer zusammen.
»Was sollen wir in dieser Hinsicht unternehmen?«
»Ich halte es für sehr lobenswert von ihr. Immerhin ist ihr Platz beim Hauspersonal.«
»Ja, mag sein. Aber auf dieser Insel gibt es nicht viel Hauspersonal, bei dem sie einen Platz finden könnte.«
»Vielleicht sollten wir zusätzliche Bedienstete einstellen.«
»Ich meine, wir können die arme Frau doch nicht ganz allein sitzen lassen.«
»Es hat eine Ewigkeit gedauert, den Tisch zu bauen!«
»Ist dir beim Treibholz etwas aufgefallen, Erzkanzler?«
» Meiner Ansicht nach sah es nach ganz normalem Treibholz aus, Stibbons. Äste, Baumstämme und so weiter.«
»Das finde ich ja gerade so seltsam, denn…«
»Es ist doch ganz einfach, Ridcully: Ich hoffe, daß wir als Gentlemen wissen, wie man eine Frau behandelt…«
»Da me .«
»Das war unnötig sarkastisch, Dekan«, kommentierte Ridcully. »Na schön. Wenn der Prophet Ossory nicht zum Berg geht, dann muß der Berg eben zum Propheten Ossory kommen, wie es in Klatsch heißt.«
Der Erzkanzler wartete. Er kannte seine Zauberer.
»Ich glaube, diese Redensart stammt nicht aus Klatsch, sondern aus Omnien…«, begann Ponder.
Ridcully winkte. »Wie auch immer.«
Und so speiste Frau Allesweiß allein am Tisch, während die Zauberer am Lagerfeuer saßen. Gelegentlich stand einer von ihnen auf und stapfte zur Haushälterin, um ihr einen Leckerbissen aus der reichen Fülle der Natur anzubieten.
Ganz offensichtlich stellte Hunger auf dieser Insel kein Problem dar, doch mochten sich Unannehmlichkeiten in Form von Verdauungsstörungen und Gicht ergeben.
Der Hauptgang bestand aus Fisch. Selbst eine besonders sorgfältige Suche nach einem Steak-Busch war erfolglos geblieben. Dafür hatten die Zauberer nicht nur zahlreiche konventionelle Früchte gefunden, sondern auch einen Nudel-Strauch, ein Gewächs mit Schoten, die so etwas wie Vanillesoße enthielten, und zu Ridcullys Abscheu eine Art von Ananas, die Plumpudding enthielt.
»Natürlich ist es kein richtiger Plumpudding«, protestierte er. »Wir glauben nur, daß es sich um Plumpudding handelt, weil er genau wie… Plumpudding schmeckt…« Seine Stimme verklang.
»Es sind Pflaumen und Rosinen drin«, sagte der Oberste Hirte.
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