Heiße Hüpfer
hielt eine
Bierdose in der Hand beziehungsweise Pfote.
»Woher kommst du, Krauskopf?« ertönte eine Stimme hinter ihm.
Es war eine sehr vertraute Stimme. Irgend etwas darin klang
gleichzeitig klagend und schmeichelnd. Eine solche Stimme hielt aus den
Augenwinkeln Ausschau und war ständig bereit fortzuspringen. Mit einer
derartigen Stimme hätte man eine Flasche Wein öffnen können.
Rincewind drehte sich um. Abgesehen von einigen Details wirkte die
Gestalt vor ihm ebenso vertraut wie die Stimme.
»Du kannst unmöglich Schnapper sein«, sagte der Zauberer.
»Warum nicht?«
»Weil… Nun, wie bist du hierher gekommen?«
»Was? Ich komme gerade aus der Krummen Straße«, sagte die Gestalt.
Sie trug einen großen Hut, große Shorts und große Stiefel, aber in jeder
anderen Hinsicht war sie das Ebenbild jenes Mannes, der in Ankh-
Morpork selbst spät in der Nacht, wenn die Kneipen schlossen, seine
besonderen Fleischpasteten verkaufte. Nach einer ganz besonderen
Theorie Rincewinds gab es überal einen Schnapper.
Diese Schnapper-Version trug einen Bauchladen mit der Aufschrift:
»Schnappers Café de Füße.«
»Ich wol te früh zum Galgen gehen, um mir einen guten Platz zu
sichern«, sagte Schnapper. »Die Leute bekommen immer Appetit, wenn
sie einer guten Hinrichtung zusehen. Möchtest du etwas, Kumpel?«
Rincewind sah zum Ende der Gasse. Es herrschte recht lebhafter
Verkehr auf den Straßen.
Gerade kamen zwei Wächter vorbei.
»Was hast du denn?« fragte er argwöhnisch und wich etwas weiter in
den Schatten zurück.
»Ich könnte dir einige Bal aden über den Halunken anbieten, der am
Morgen gehängt werden sol .«
»Nein, danke.«
»Oder ein ganz besonderes Souvenir: ein Stück von dem Seil, mit dem
er erhängt wurde. Vol kommen authentisch!«
Rincewind betrachtete das kurze Seil, das Schnapper hoffnungsvol vor
ihm baumeln ließ. »Manche Leute würden vielleicht auf die Ähnlichkeit
mit einer Wäscheleine hinweisen«, sagte er.
Schnapper sah sich das Seil mit großem Interesse an. »Nun, ich mußte
es ein wenig auffasern«, erklärte er.
»Und vielleicht könnte jemand Anstoß daran nehmen, daß du Stücke
von dem Seil verkaufst, bevor die Hinrichtung stattgefunden hat.«
Schnapper zögerte und lächelte weiterhin. »Es ist das richtige Seil.
Hanf, dreiviertel Zol dick, wie üblich. Authentisch. Vermutlich stammt
es sogar vom gleichen Seiler. Hör mal, es geht mir nur um ein faires
Geschäft. Wahrscheinlich ist es reiner Zufall, daß dies hier nicht
haargenau das Stück Seil ist, das man dem Burschen um den Hals legen
wird…«
»Es ist nur einen halben Zol dick. Und ich sehe das Etikett mit der Aufschrift ›Strammzugs Wäscheleinen‹.«
»Tatsächlich?«
Erneut starrte Schnapper so auf den Strick, als sähe er ihn zum
erstenmal. Doch kein Angehöriger des Schnapper-Clans ließ sich allein
von katastrophalen Fakten die Aussichten auf Profit verderben.
»Es ist trotzdem ein Seil«, sagte er. »Ein authentisches Seil. Nein?
Keine Sorge. Wie wär’s mit authentischer einheimischer Kunst?«
Schnapper kramte im Bauchladen und holte schließlich ein Stück
Pappe hervor. Rincewind bedachte es mit einem prüfenden Blick.
So etwas hatte er draußen im roten Land gesehen, und es gelang ihm
noch immer nicht, Kunst darin zu erkennen – zumindest nicht jene Art
von Kunst, wie sie in Ankh-Morpork gebräuchlich war. Er hielt es mehr
für eine Mischung aus Landkarte, Geschichtsbuch und Speisekarte. In
seiner Heimat verknoteten Leute ihre Taschentücher, um sich an etwas
zu erinnern. Draußen im heißen Land gab es keine Taschentücher, und
deshalb verknoteten die Leute ihre Gedanken.
Sie malten nicht viele Bilder, die mehrere Würstchen zeigten.
»Es heißt Träumende Würstchen mit Pommes frites «, sagte Schnapper.
»Ich glaube, ein solches Bild sehe ich jetzt zum erstenmal«, sagte
Rincewind. »Es fehlt nicht einmal die Ketchupflasche.«
»Echte Kunst«, behauptete Schnapper. »Authentische Darstel ung
urbaner Fressalien. Von einem Einheimischen gemalt. Ein faires
Geschäft, wenn du mich fragst.«
»Oh, ich glaube, ich verstehe jetzt«, sagte Rincewind. »In diesem Fall
bist du der Einheimische, nicht wahr?«
»Ja. Authentisch. Erhebst du irgendwelche Einwände?«
»Oh, ich bitte dich.«
»Ich wurde in der Sirupstraße von Blubberich geboren, so wie mein
Vater. Und wie mein Großvater. Und wie dessen Vater. Ich bin nicht
einfach von einem Stück
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