Heiße Hüpfer
Sherry trinken!«
»Keine Sorge.« Der Erzkanzler winkte verärgert ab. »Was ist mit dem
Wasser, Langweilig?«
»Ich schätze, der ganze Vorrat ist verbraucht«, antwortete Rincewind.
»Und wie können wir mehr beschaffen?«
»Wieso fragt ihr mich? Habt ihr keinen Regenzauber oder etwas in der
Art?«
»Da ist das seltsame Wort schon wieder«, sagte der Dekan. »Wasser,
das vom Himmel herabfäl t. Das glaube ich erst, wenn ich’s sehe!«
»Wir haben versucht, solche… Dinge zu konstruieren. Wie nennt man
sie? Es sind große weiße Taschen aus Wasser. Matrosen haben sie
gelegentlich am Himmel gesehen.«
»Wolken.«
»Ja, genau. Sie bleiben nicht oben, Langweilig. Letzte Woche haben wir
eine vom Turm geworfen, und sie traf den Dekan.«
»Ich habe nie an die alten Geschichten geglaubt«, meinte der Dekan.
»Und bestimmt habt ihr Burschen gewartet, bis ich vorbeikam.«
»Man braucht sie nicht zu konstruieren – sie entstehen einfach, von
ganz al ein«, sagte Rincewind. »Meine Güte, ich weiß nicht, wie man es
regnen läßt. Ich dachte immer, jeder einigermaßen fähige Zauberer weiß,
wie man Regen beschwört«, fügte er hinzu und gab damit gleichzeitig
eine Einschätzung seines eigenen thaumaturgischen Geschickes.
»Tatsächlich?« erwiderte der Erzkanzler mit gefährlicher Heiterkeit.
»Womit ich natürlich niemandem zu nahe treten möchte«, sagte
Rincewind hastig. »Dies ist zweifellos eine sehr gute Universität, wenn
auch keine richtige. Ich meine, man muß die Umstände
berücksichtigen…«
»Was ist mit unserer Universität nicht in Ordnung?« fragte der
Erzkanzler.
»Nun… zum Beispiel euer Turm. Er ragt nicht besonders weit auf.
Nicht einmal im Vergleich mit den anderen Gebäuden. Womit ich
keineswegs sagen will…«
»Ich glaube, wir sol ten Herrn Langweilig unseren Turm zeigen«, sagte
der Erzkanzler. »Ich fürchte, er nimmt uns nicht ernst.«
»Ich habe den Turm bereits gesehen«, erwiderte Rincewind.
»Auch von oben?«
»Nein, natürlich nicht…«
»Dafür haben wir keine Zeit, Erzkanzler«, sagte ein kleiner Zauberer.
»Ich schlage vor, wir schicken diesen Burschen in die Höl e zurück und
beschwören jemanden, der uns helfen kann.«
»Entschuldige bitte«, sagte Rincewind. »Meinst du mit ›Hölle‹
zufälligerweise einen heißen, roten Ort?«
»Ja!«
»Ach? Und woher wißt ihr Icksianer, daß ihr euch nicht schon dort
befindet? Ist das Bier in der Hölle wärmer?«
»Schluß mit dem Gerede«, brummte der Erzkanzler. »Dieser Kerl
erschien ganz schnel , als wir mit der Beschwörung begannen, was
bedeutet: Er ist derjenige, den wir brauchen. Komm, Langweilig. Es
dauert nicht lange.«
Ponder schüttelte den Kopf und trat ans Feuer heran. Frau Al esweiß saß
zurückhaltend auf einem Stein. Vor ihr hockte der Bibliothekar und
versuchte, dem Feuer so nahe wie möglich zu kommen. Er war noch
immer sehr klein. Vielleicht brauchte seine temporale Drüse mehr Zeit,
um mit der ganzen Sache klarzukommen, dachte Ponder.
»Womit sind die Herren beschäftigt?« fragte Frau Allesweiß. Sie mußte
ein wenig lauter sprechen, um sich bei dem Lärm verständlich zu
machen. Aber Frau Allesweiß hätte selbst dann »Gibt es irgendwelche
Probleme?« gefragt, wenn sie Zeuge geworden wäre, wie die Zauberer
mit Feuerkugeln gegen Ungeheuer aus den Kerkerdimensionen
kämpften. Sie zog es vor, daß al es ausdrücklich klargestellt wurde.
»Sie haben einen Mann gefunden, der die lebendigsten Bilder zeichnet, die ich je gesehen habe«, erwiderte Ponder. »Und jetzt versuchen sie, ihn
Kunst zu lehren. Al e zusammen.«
»Die Herren zeigen immer Interesse«, sagte Frau Allesweiß.
»Sie mischen sich immer ein«, meinte Ponder. »Ich frage mich, warum
Zauberer nicht einfach nur zusehen können. Derzeit streiten sie darüber, wie man eine Ente zeichnet, und ehrlich gesagt: Ich glaube nicht, daß
Enten vier Beine haben. Sie sind wie Kätzchen in einem Schuppen vol er
Federn… Was ist das?«
Der Bibliothekar hatte den Lederbeutel gedreht und seinen Inhalt auf
den Boden fal en lassen. Jetzt untersuchte er den Geschmack der
einzelnen Gegenstände und zeigte damit das typische Verhalten junger
Säugetiere.
Er griff nach einem flachen, gekrümmten Holzstück mit vielen bunten
Linien – es waren weitaus mehr Farben, als der Alte bisher zum
Zeichnen verwendet hatte. Der Bibliothekar kaute kurz darauf, klopfte
das Objekt mehrmals hoffnungsvol gegen einen
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