Heiße Hüpfer
Stein und warf es weg.
In den Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit rückte nun ein flaches
Holzoval an einer Schnur, die er prompt in den Mund nahm.
»Ist das ein Jo-Jo?« fragte Frau Allesweiß.
»Wir nannten sie Rasseln, als ich ein Kind war«, sagte Ponder. »Man
ließ sie über dem Kopf kreisen, und sie machten komische Geräusche.«
Er gestikulierte vage.
»Iiek?«
»Oh, ist das nicht süß? Er versucht genau das zu machen, was du
gerade beschrieben hast!«
Der Bibliothekar probierte, das Holzoval über dem Kopf kreisen zu
lassen, mit dem Ergebnis, daß sich die Schnur an seinem Gesicht verfing
und ihn das Holzstück am Hinterkopf traf.
»Oh, der arme kleine Kerl! Bitte befrei ihn davon, Herr Stibbons.«
Der Bibliothekar bleckte die Zähne, als Ponder die Schnur von seinem
Kopf löste.
»Hoffentlich wird er schnell erwachsen«, sagte er. »Sonst fül t sich die
Bibliothek mit Büchern über Häschen und dergleichen…«
Der Turm wirkte al es andere als eindrucksvoll. Unten bestand er aus
Stein, aber auf halbem Weg nach oben hatten die Baumeister
beschlossen, wieder traditionel e Materialien zu verwenden: an ein
Holzgerüst genageltes rostiges Wellblech. Eine wackelige Leiter führte
empor.
»Wirklich bemerkenswert«, seufzte Rincewind.
»Von oben ist die Aussicht viel besser. Geh nur.«
Die Leiter erzitterte unter Rincewinds Gewicht. Nach einer Weile zog
er sich auf die Bretter einer Plattform und schnaufte dort
hingebungsvol . Es mußte am Bier oder an der Aufregung liegen, sagte er
sich. Normalerweise hatte eine kurze Leiter nicht diesen Effekt auf ihn.
»Angenehm frische Luft hier oben, nicht wahr?« meinte der
Erzkanzler, trat an den Rand heran und deutete zur Stadt.
»Oh, natürlich.« Rincewind wankte zu den Wel blechzinnen. »Bestimmt
kann man von hier bis zum Rand sehen… Aaargh!«
Der Erzkanzler griff nach seiner Schulter und zog ihn zurück.
»Das ist… ich…« Rincewind schnappte nach Luft.
»Möchtest du nach unten zurückkehren?«
Rincewind starrte den Erzkanzler groß an und schob sich dann
vorsichtig in Richtung Treppe. Dort warf er einen vorsichtigen Blick
nach unten, bereit dazu, den Kopf sofort zurückzuziehen. Vorsichtig
zählte er die Sprossen.
Anschließend näherte er sich erneut der Brüstung und spähte über
ihren Rand hinweg.
Er sah den feurigen Fleck der brennenden Brauerei. Er sah Mistauch
und den Hafen der Stadt…
Rincewind hob den Blick.
Die rote Wüste glühte im Mondschein.
»Wie hoch ist der Turm?« krächzte er.
»An der Außenseite?« erwiderte der Erzkanzler. »Etwa eine halbe
Meile.«
»Und innen?«
»Du bist selbst nach oben geklettert. Zwei Stockwerke.«
»Ihr habt hier also einen Turm, der oben höher ist als unten?«
»Gut, nicht wahr?« Der Erzkanzler wirkte sehr zufrieden.
»Das ist… clever«, sagte Rincewind.
»Wir sind ein cleveres Land…«
»Rincewind!«
Die Stimme kam von unten. Rincewind blickte erneut zur Leiter und
sah einen der Zauberer.
»Ja?« fragte er.
»Ich meine nicht dich, sondern den Erzkanzler!«
»Ich bin Rincewind«, sagte Rincewind.
Der Erzkanzler klopfte ihm auf die Schulter. »So ein Zufal «, sagte er.
»Ich bin es ebenfal s.«
Ganz vorsichtig gab Ponder dem kleinen Bibliothekar die Rassel zurück.
»Hier, du kannst sie haben«, sagte er. »Ich gebe sie dir, und als Gegenleistung könntest du vielleicht deine Zähne aus meinem Bein
lösen.«
Der Bibliothekar schwang das Objekt einige Male.
»Scheint nicht viel zu taugen«, meinte Ponder. »Man hört fast gar
nichts… Ich frage mich, wie lange die Zauberer ihren Streit noch
fortsetzen wollen…«
… bromm…
»Iiek!«
»Ja, ja, sehr gut…«
… bromm… bromm… brOOMMMMM…
Ponder beobachtete, wie gelbes Licht über die Ebene strich und sich
immer mehr ausbreitete.
Oben öffnete sich ein Kreis aus blauem Himmel. Es hörte auf zu
regnen.
»Iiek?«
Ponder dachte plötzlich daran, warum ein kleiner alter Mann Bilder in
der öden Landschaft eines ganz neuen Kontinents malte…
Und dann wurde es dunkel.
Der Alte lächelte, und in seinem Gesicht stand so etwas wie
Genugtuung. Er wandte sich von der Zeichnung ab, die er gerade
fertiggestellt hatte. Sie zeigte viele spitze Hüte und verschwand in der
Felswand.
Er war glücklich, hatte al e Spinnen und mehrere Opossums
gezeichnet, bevor er merkte, was fehlte.
Er wußte nichts von dem sehr seltsamen Schnabeltier, das einige Meter
entfernt stumm in den Fluß
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