Heiße Hüpfer
ein wenig verlegen, straffte dann aber die
Schultern und ging zum Gegenangriff über. »Na schön«, erwiderte er mit
Nachdruck. »Aber gestern hast du gesagt: ›so fleißig wie ein einarmiger Tischler in Smackaroo‹.«
»Was ist damit?«
»Ich habe im Atlas nachgesehen. Es gibt überhaupt keinen solchen
Ort, Boß.«
»Klar gibt es ihn.«
»Nein, Boß. Außerdem würde niemand einen einarmigen Tischler mit
irgendwelchen Arbeiten beauftragen, oder? Er hätte also gar keine
Gelegenheit, fleißig zu sein, habe ich recht?«
»Hör mal, Clancy…«
»Er würde seine Zeit vermutlich mit Angeln oder so verbringen,
stimmt’s?«
»Clancy, man erwartet von uns, daß wir hier in der Wildnis eine ganz
neue Sprache entwickeln…«
»Wahrscheinlich braucht er Hilfe, um den Köder auszuwerfen, aber…«
»Clancy, halt die Klappe und hol die Pferde, in Ordnung?«
Die Männer brauchten zwanzig Minuten, um eine ausreichend große
Lücke in der Felsbarriere zu schaffen. Fünf Minuten später kehrte
Clancy zu Reue zurück.
»Wir können den kleinen Mistkerl nirgends finden, Boß. Und wir
haben unter al en anderen nachgesehen.«
»Er kann nicht an uns vorbeigekommen sein!«
»Vielleicht doch, Boß. Du hast ja gesehen, wie das kleine Pferd selbst
an den steilsten Hängen mühelos emporkletterte. Inzwischen dürfte es
meilenweit entfernt sein. Soll ich dem Burschen folgen?«
Reue dachte darüber nach und spuckte. »Nein. Wir haben das
Hengstfohlen, und es ist eine Menge Geld wert.« Er blickte nachdenklich
durch die Schlucht.
»Alles in Ordnung, Boß?«
»Wenn wir wieder bei der Farm sind, Clancy… Reite in den Ort und
hol alle Korken aus dem Hotel Idyllisch, die man dort entbehren kann.«
»Glaubst du, daß es funktioniert, Boß? Der Kerl war doch so verrückt
wie…« Clancy bemerkte Reues durchdringenden Blick und fügte hinzu:
»Ich meine, er war ziemlich verrückt.«
»Mag sein. Aber auch schlau. Jedenfal s wurde er nicht von Fliegen
belästigt.«
Hinter ihnen, im Durcheinander aus Felsen und Sträuchern am Ende
der Schlucht, verwandelte sich die Zeichnung eines kleinen Pferds in die
eines Känguruhs, um dann zu verblassen und im Stein zu verschwinden.
Das Schlimmste an der Tatsache, Mustrum Ridcul y gegenüber die
Geduld zu verlieren, war der Umstand, daß er es überhaupt nicht
bemerkte.
Wenn Zauberer mit einer Gefahr konfrontiert wurden, hielten sie
sofort inne und begannen mit einer Diskussion darüber, um was für eine
Art von Gefahr es sich handelte. Wenn sie sich schließlich einig
geworden waren, erforderte die Gefahr sofortiges Handeln, um den Tod
zu vermeiden – oder sie langweilte sich so sehr, daß sie fortging. Selbst
Gefahren haben ihren Stolz.
Als Junge hatte sich Ponder Stibbons Zauberer als mächtige
Halbgötter vorgestel t, dazu fähig, mit einem Fingerschnippen die ganze
Welt zu verändern. Als er heranwuchs, mußte er feststel en, daß
Zauberer in Wirklichkeit lästige Alte waren, die sich um den Zustand
ihrer Füße Sorgen machten und bei drohendem Unheil sogar darüber
stritten, wie man das Wort »Unheil« eigentlich definierte.
Bisher hatte Ponder nicht daran gedacht, daß die Evolution in vielen
verschiedenen Bereichen funktionierte. Manche alte Gebäude wiesen
noch immer ziemlich tiefe Narben auf, die zeigten, was geschehen
konnte, wenn die andere Art von Zauberern dominierte.
Seine Schritte führten ihn fast unbewußt über den Weg, der sich am
Berg emporwand. Seltsame Geschöpfe hockten rechts und links im
Unterholz und beobachteten ihn. Manche von ihnen sahen aus wie…
Zauberer denken vor al em in Form von Büchern, und eins schob sich
nun in Ponders Gedächtnis aus dem Regal. Er hatte es als Junge
bekommen. Und er besaß es noch immer: Vermutlich lag es irgendwo in
einem Pappkarton.*
Es hatte aus vielen kleinen Blättern an einer Spirale bestanden. Auf
jeder Seite waren Kopf, Körper oder Schwanz von Vögeln, Fischen und
anderen Tieren abgebildet. Wer an ausreichend starker Langeweile litt,
konnte so in dem Buch blättern, daß sich zum Beispiel ein Geschöpf mit
dem Kopf eines Pferdes, dem Körper eines Käfers und dem Schwanz
eines Fisches ergab. Das Cover versprach »viele Stunden Spaß«, doch
nach den ersten drei Minuten fragte man sich, welche Person imstande
war, sich stundenlang mit solchen Dingen zu vergnügen. Man fragte sich
auch, ob man den Betreffenden so rücksichtsvol wie möglich erdrosseln
sol te, um dem
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