Heiße Küsse in Amarillo
“Ein Kojote”, sagte er und hoffte, dass sein aufmunterndes Lächeln nichts von der sinnlichen Regung preisgab, die seinen Körper erfüllte. “Das war nur ein einsamer Kojote, der den Mond anheult. Der ist …”
“Sagen Sie es nicht. Ich weiß schon. Der ist völlig harmlos.” Sie befreite sich aus seiner Umarmung. “Die Tiere hier mögen ja alle völlig harmlos sein, aber es gelingt ihnen trotzdem, mich zu Tode zu erschrecken.”
Er ließ sie schnell los. Sie fühlte sich einfach viel zu gut an. Das würde die kommende Woche nicht gerade einfacher machen.
Faith starrte ein paar Sekunden reglos auf die Tür. Cooper begriff, dass sie keine Zeit gehabt hatte, ihr Ziel draußen zu erreichen. Er überlegte, wie er ihr seine Hilfe anbieten konnte, ohne sie zu sehr in Verlegenheit zu bringen.
“Ich muss sowieso noch mal draußen nach dem Rechten sehen”, sagte er und nahm ihr die Taschenlampe ab. Er war stolz darauf, dass es ihm gelungen war, seine Bemerkung ganz beiläufig klingen zu lassen. “Wollen Sie mich nicht begleiten?”
Sie errötete, doch nach einem kurzen Zögern nickte sie erleichtert.
Zehn Minuten später kehrten Faith und Cooper wieder in die Küche zurück. Sie war für Coopers diskrete Hilfe dankbar gewesen. Er hatte sich einige Meter entfernt aufgehalten und ihr so Sicherheit vermittelt, ohne ihre Privatsphäre zu verletzen.
Trotzdem schämte sie sich immer noch entsetzlich wegen ihres albernen Benehmens. Normalerweise war sie überhaupt kein ängstlicher Typ. Hatte ihr Exmann nicht immer behauptet, dass sie die Stärkere in ihrer Beziehung war – der Fels in der Brandung?
Vermutlich war Erschöpfung die Ursache für diese merkwürdige Überempfindlichkeit. Und die rührte nicht nur von der langen Reise und der ernüchternden Ankunft auf der Triple-Bar-Ranch her.
Nein, es waren vielmehr all die enttäuschenden Erlebnisse des vergangenen Jahres gewesen, die sie emotional völlig ausgelaugt hatten. Ihr Ehemann hatte sie mit ihrer besten Freundin betrogen, und jeder in der Stadt hatte davon erfahren. Wenn sie für jedes üble Gerücht und jede demütigende Situation, die sie danach hatte erleben müssen, auch nur einen Cent bekommen hätte, dann wäre sie jetzt eine reiche Frau und müsste nicht als Haushälterin auf einer heruntergekommenen Ranch mitten im texanischen Niemandsland arbeiten.
Doch sie hatte es überlebt. Sie hatte mit erhobenem Kopf alle Kränkungen über sich ergehen lassen und alle Bosheiten so weit wie möglich ignoriert. Nur ihre Großmutter kannte das wahre Ausmaß der Verletzungen, die ihr Exmann und ihre ehemals beste Freundin ihr zugefügt hatten.
Faith schüttelte den Kopf und vertrieb ihre düsteren Gedanken. Es war an der Zeit, nach vorn zu blicken. Niemand hier kannte die genauen Umstände ihrer Scheidung, niemand wusste, wie jämmerlich ihre Menschenkenntnis gewesen war. Und wenn es nach ihr ging, dann würde es auch niemals jemand erfahren.
Sie nahm die Taschenlampe vom Esstisch. “Welches Schlafzimmer möchten Sie haben?”
“Ist mir egal”, sagte Cooper und folgte ihr ins Wohnzimmer. Er schob sich den Hut aus der Stirn und vergrub dann die Hände in den Hosentaschen. “Suchen Sie sich eins aus, ich nehme dann das andere. Ihr Gepäck bringe ich morgen nach oben.”
“In Ordnung.”
Sie nahm ein Nachthemd, ein Paar Pantoffeln und einen Morgenmantel aus einem der Koffer, ging dann die Treppe hinauf und betrat das erste Schlafzimmer auf der rechten Seite des Flures. Als sie den Strahl der Taschenlampe über das Bett wandern ließ, erstarrte sie. Fast hätte sie laut gelacht. Die Situation wurde von Minute zu Minute bizarrer. Faith trat wieder auf den Flur hinaus. “Äh … Cooper, ich fürchte, wir haben ein kleines Problem!”, rief sie die Treppe hinunter.
“Schon wieder ein Tier? Ich schwöre, ich habe alle Räume überprüft und …”
“Nein.” Sie konnte nicht anders, sie musste einfach lachen. Es war zu verrückt, um wahr zu sein. “Ich glaube, dieses Problem ist viel größer.”
“Was ist los?”, fragte er und kam nach oben. Das Licht der Taschenlampe beleuchtete das scharfe Relief seiner Gesichtszüge. Er war wirklich der bestaussehende Mann, den Faith je gesehen hatte.
Schnell vertrieb sie diesen Gedanken und zeigte in ihr Zimmer. “Wenn ich mich nicht irre, dann sind das Stücke der Zimmerdecke, die da auf meinem Bett liegen.”
Er drängte sich an ihr vorbei und hielt die Lampe in die Höhe, um besser sehen zu können. Das
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