Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis
echt nur lachen. Wer hat sich denn hier an mich geklammert, dass ich kaum noch Luft bekomme, und lügt mir im nächsten Moment frech ins Gesicht? Du benimmst dich wie ein dummes Kind, das mal den Hosenboden stramm gezogen kriegen sollte!“
Das war zu viel!
„Meinst du?“, schrie sie zurück und machte mit verschränkten Armen einen Schritt auf ihn zu. „Dann mal los! Warum versuchst du es nicht, du Großkotz?“
Gerade packte er sie bei den Schultern, da funkte zwischen ihnen ein anderes Gefühl als Hass hin und her. Die Hitze in seinem Blick war dieselbe, die sich gerade in Tess’ Innerem ausbreitete.
„Lass sie auf der Stelle los, Nathaniel!“, herrschte der Anwalt ihn an.
Sie fuhren auseinander und wandten sich dem älteren Mann zu, der mit einer Hand sein schütteres Haar glättete.
„Hinsetzen!“, befahl er. „Alle beide.“ An seinem Hals kroch die Röte hoch, und er hatte den Zeigefinger drohend ausgestreckt. „Und die übrigen Anwesenden verlassen bitte den Raum!“
Eilig klemmte sich die Sekretärin ihren Computer unter den Arm und stieß an der Tür mit dem Referendar zusammen, der sich seinerseits förmlich überschlug, um als Erster verschwinden zu können. Seufzend ließ Grant die junge Frau durch und drehte sich zögernd noch einmal zu Jensen um.
„Sind Sie sicher, dass ich nicht doch lieber …“
„Holen Sie sich etwas zu essen und machen Sie Pause“, unterbrach der ältere Anwalt ihn. „Es liegt doch wohl auf der Hand, dass es hier nicht länger um eine juristische Auseinandersetzung geht.“
„Was meinst du damit, es ist keine juristische Auseinandersetzung?“, mischte Nate sich ein, nachdem die Bürotür geschlossen war.
Jensens Miene blieb starr. „Ruhe jetzt und hinsetzen!“
„Das werde ich sicher nicht tun“, wehrte sich Nate und gab den selbstbewussten Unternehmer. „Hast du vergessen, wer hier die Rechnungen bezahlt?“
Der andere Mann zuckte nicht einmal mit der Wimper, und in seinen Blick schlich sich ein fast mitleidiger Ausdruck. „Es steht dir frei, deine Angelegenheiten von anderer Stelle regeln zu lassen. Nach der Szene, die ich gerade miterleben durfte, muss ich das Mandat meinerseits genauso gründlich prüfen.“
Nate besaß den Anstand, rot zu werden, und Tess fragte sich, in welcher Beziehung die beiden Männer zueinander standen. Es war offensichtlich, dass sie über ein unpersönliches Anwalt-Mandanten-Verhältnis weit hinausging.
„Ich entschuldige mich, Walter“, sagte Nate etwas kleinlaut. „Du weißt genau, ich will in keine andere Kanzlei gehen. Aber mir gefällt nicht, wenn man mich wie einen Zwölfjährigen behandelt.“
„Dann benimm dich nicht wie einer!“, konterte Jensen ohne zu zögern. „Nathaniel, wirklich, was ist denn in dich gefahren? Ich komme mir vor, als wärst du wieder ein Halbstarker, den ich aus dem Jugendarrest herausboxen soll.“
Tess riskierte einen abschätzenden Seitenblick auf Nate: extrem teures Oberhemd, perfekt sitzende Anzughose und handgefertigte Lederschuhe. Das Leder glänzte so stark, dass sich die Buchrücken der unzähligen juristischen Bücher im Wandregal darin spiegelten.
Dieser Mann hatte als Jugendlicher im Arrest gesessen? Wie kam das denn zustande?
Sie räusperte sich und wehrte sich gegen das plötzliche Gefühl, etwas Entscheidendes mit Nate gemeinsam zu haben. Ganz allmählich bewegte sie sich auf die Tür zu. Das Gespräch zwischen Nate und seinem Anwalt war die perfekte Gelegenheit, sang- und klanglos zu verschwinden.
Schließlich wollte sie überhaupt nichts von Nates Vergangenheit wissen – oder gar Mitgefühl für einen temperamentvollen Außenseiter empfinden. Sie selbst war ein rebellischer Teenager gewesen, na und? Das machte nicht besser, was Nate ihr gerade antun wollte.
„Wo wollen Sie denn hin, Miss Tremaine?“, erkundigte Walter Jensen sich in scharfem Ton.
Sie wirbelte herum. „Ich gehe. Es ist alles gesagt. Ich lehne die angebotene Vereinbarung ab, weil ich keine …“
„Wie kannst du nicht auf mein Geld angewiesen sein, wenn du noch keinen Plan hast, wo du wohnen sollst?“
Jeder Anflug von Solidarität Nate gegenüber löste sich in Luft auf, und Tess ging in die Defensive. „Woher weißt du das?“
„Ich habe mit deinem ehemaligen Vermieter telefoniert. Er war ziemlich gesprächig.“ Das war unglaublich! Tess hätte Ed Mason, den ältlichen Verwalter und Vermieter ihres Luxusapartments, auf der Stelle erwürgen können. Auf den Mann an ihrer Seite
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