Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
„Müssen Sie da noch fragen?“
„In Ihrem eigenen Land gibt es auch sehr schöne Gegenden. Wenn Sie schon seit zehn Jahren hier leben, müssen Sie noch ein Kind gewesen sein, als Sie die Staaten verließen.“
„Nein, ein Kind war ich nicht.“ Etwas in ihrem Ton veranlasste ihn, sie erneut genauer zu mustern, ließ ihn nach dem Geheimnis suchen, das sich in ihren Augen verbarg. „Ich kam her, weil es mir wie der richtige Schritt schien. Und es war richtig. Als ich noch ein kleines Mädchen war, kam ich fast jedes Jahr zusammen mit meinen Eltern her. Die beiden waren leidenschaftliche Taucher.“
„Ihre Eltern sind also hierher gezogen?“
„Nein, ich kam allein“, antwortete sie tonlos. „Aber Sie haben nicht zweihundert Dollar bezahlt, um über mich zu reden, oder, Mr Sharpe?“
„Je mehr Hintergrundinformationen, desto besser. Sie erwähnten Ihre Tochter. Wo ist sie?“
„Sie geht in Houston zur Schule. Dort leben meine Eltern.“
Ein Kind und die Verantwortung bei den Großeltern abladen und sich ein schönes Leben auf einer tropischen Insel machen … Das warf nicht gerade ein gutes Licht auf sie. Aber es war auch nicht das erste Mal, dass ihm Derartiges begegnete. Jonas nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette, studierte Liz’ Profil. Aber hier lag die Sache anders – ganz anders. „Sie vermissen sie.“
„Sogar schrecklich“, murmelte sie. „In ein paar Wochen kommt sie nach Hause, und dann verbringen wir den Sommer zusammen. Der September kommt immer viel zu schnell.“ Sie blickte auf das Wasser hinaus, während sie weitersprach, mehr zu sich selbst. „Es ist besser so. Meine Eltern kümmern sich ganz wunderbar um sie, und sie erhält die bestmögliche schulische Ausbildung … und Klavierunterricht. Ballett. Sie haben mir Fotos von der Aufführung geschickt, und …“ Ohne Vorwarnung schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie hielt das Gesicht in den Wind und versuchte, sie zu unterdrücken, aber er hatte das Glitzern gesehen. Wortlos rauchte er weiter, gab ihr Zeit, sich wieder zu fangen.
„Fliegen Sie ab und zu in die Staaten zurück?“
„Nein.“ Liz schluckte und schalt sich selbst eine Närrin. Das liegt nur an den Bildern, sagte sie sich. Die Fotos, die gestern mit der Post gekommen waren. Von ihrem kleinen Mädchen in einem rosaroten Kleid.
„Müssen Sie sich verstecken?“
Sie wirbelte zu ihm herum, keine Tränen mehr, sondern ein wütendes Funkeln in den Augen. Ihr ganzer Körper war angespannt, bereit zum Kampf. Jonas hob abwehrend eine Hand.
„Entschuldigung. Ist eine dumme Angewohnheit von mir, meine Nase in alle möglichen Dinge zu stecken.“
Sie zwang sich, sich wieder zu beruhigen, ihr Temperament zu zügeln, so wie sie es schon vor vielen Jahren gelernt hatte. „Da läuft man dann aber leicht Gefahr, eins auf die Nase zu bekommen.“
Er schmunzelte. „Sicher, die Möglichkeit besteht. Aber das Risiko nehme ich in Kauf. Sie werden Liz genannt, nicht wahr?“
Eine Augenbraue hob sich unter dem Pony, mit dem der Wind spielte. „Von meinen Freunden, ja.“
„Der Name passt zu Ihnen. Außer natürlich, Sie wollen distanziert erscheinen. Dann sollten Sie Ihren vollen Namen benutzen – Elizabeth.“
Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Ihrer Meinung nach legte er es bewusst darauf an, sie zu verärgern. „Niemand nennt mich Elizabeth.“
Er grinste nur. „Wieso haben Sie und Jerry nicht miteinander geschlafen?“
„Entschuldigung?!“
„Ja, Elizabeth, auf jeden Fall. Sie sind eine schöne Frau, auf eine ungewöhnliche und höchst interessante Art.“ Er sprach das Kompliment mit der gleichen lässigen Art aus, mit der er auch seine Zigarette ins Meer schnippte. „Jerry hatte … eine Schwäche für schöne Frauen. Ich frage mich nur, warum aus Ihnen beiden kein Pärchen geworden ist.“
„Weil ich nicht mit ihm schlafen wollte. Für Sie mag es vielleicht schwer zu akzeptieren sein, aber ich fand Jerry keineswegs unwiderstehlich.“
„Nicht?“ So entspannt, wie sie verkrampft war, griff er in die Kühlbox und holte eine Bierdose heraus, bot sie Liz an. Als sie den Kopf schüttelte, zog er den Verschluss auf und nahm selbst einen Schluck. „Wie fanden Sie ihn denn?“
„Jerry war ein Vagabund, einer, der immer umherzog. Und zufällig tauchte er in meinem Leben auf. Ich habe ihm den Job gegeben, weil er eine schnelle Auffassungsgabe und Kraft hatte. Ehrlich gesagt, ich hatte nicht erwartet, dass er länger als einen Monat
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