Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
war es gewohnt, lange zu arbeiten, Kisten und Ausrüstungen zu schleppen, zu tauchen und zu schnorcheln. Aber nach diesem relativ einfachen Arbeitstag war sie kaputt. Es hätte ihr eigentlich ein Gefühl von Sicherheit geben müssen, dass der junge Polizist sie heute auf der Bootstour begleitet hatte. Es hätte sie beruhigen sollen, dass Captain Moralas Wort hielt und ihr Polizeischutz stellte. Stattdessen kam sie sich vor wie in einem Käfig.
Auf der Fahrt nach Hause folgte ihr eine Polizeistreife, zwar in gebührendem Abstand, dennoch konnte Liz sie im Rückspiegel sehen. Am liebsten wäre sie ins Haus gespurtet, hätte die Tür verschlossen und sich ins Bett verkrochen, um in einen tiefen, traumlosen Schlaf zu fallen. Aber Jonas wartete. Sie fand ihn im Wohnzimmer am Telefon, eine Akte auf dem Schoß und eine tiefe Falte auf der Stirn. Offenbar gab es ein Problem in seiner Kanzlei, noch dazu eines, das ihm eindeutig die Laune verdarb. Liz ignorierte ihn, ging duschen und sich umziehen.
Da ihre Garderobe sowieso zum Großteil aus Strandkleidung bestand, verschwendete sie erst gar keine Zeit darauf, ihren Kleiderschrank durchzusehen. Sie zog einen weit schwingenden blauen Rock und eine Bluse an. Um noch etwas Zeit für sich alleine zu gewinnen, schaute sie in ihrem bescheidenen Make-up-Sortiment nach. Sie kämmte sich gerade ihr seidig glänzendes Haar, als Jonas an ihre Tür klopfte. Er wartete ihre Antwort nicht einmal ab, sondern betrat sofort nach dem Klopfen ihr Zimmer.
„Haben Sie die Liste?“
Liz nahm das Blatt in die Hand, das sie schon bereitgelegt hatte. Natürlich könnte sie ihn jetzt anfahren, dass er unaufgefordert in ihr Zimmer gekommen war, doch das würde nichts am bereits bestehenden Resultat ändern. „Ich hatte doch gesagt, dass ich das erledige.“
Er nahm den Zettel, den sie ihm hinhielt, und überflog ihn. Er hatte sich rasiert, trug ein lässiges Jackett zu einer hellen Sommerhose. Doch die saloppe Eleganz seiner Erscheinung passte nicht zu dem harten Zug um seinen Mund, auch nicht zu dem kalten Glitzern in seinen Augen. „Kennen Sie diese Lokale?“
„In ein paar von ihnen war ich schon. Aber normalerweise habe ich keine Zeit, um mich in Bars und Kneipen herumzutreiben.“
Er sah auf, und die Erwiderung, die ihm auf der Zunge lag, war wie ausgelöscht. Die Jalousien hinter ihr am Fenster waren hochgezogen, so, wie sie es vorzog. Das einfallende Licht schimmerte rosafarben, eingefärbt durch die untergehende Sonne. Die Bluse hatte sie hoch am Hals geschlossen, ihr Haar fiel offen über ihre Schultern. Sie hatte Make-up aufgelegt, war aber ganz offensichtlich sehr dezent damit umgegangen. Die Wimpern waren dunkel getuscht, und sie hatte zarten Lidschatten aufgetragen. Ihre Wangen waren mit etwas Farbe betupft, aber nicht die Lippen.
„Sie sollten vorsichtig sein, was Sie mit Ihren Augen anstellen“, murmelte er. Abwesend rieb er mit dem Daumen an ihrem Wangenknochen entlang. „Die sind ein Problem.“
Unwillkürlich verspürte sie ein erregendes Prickeln, dennoch blieb sie regungslos stehen. „Ein Problem?“
„Für mich.“ Mit einem seltsam flauen Gefühl im Magen steckte er die Liste in seine Jacketttasche und warf einen prüfenden Blick durch das Zimmer. „Sind Sie so weit?“
„Ich muss mir nur noch Schuhe anziehen.“
Sie hatte erwartet, dass er wieder gehen würde, stattdessen ging er in ihrem Schlafzimmer umher. Wie auch im restlichen Haus war das Mobiliar schlicht, aber die leuchtenden Farben der Einrichtung stachen regelrecht ins Auge. Der würzige Duft, der ihm gleich beim Eintreten aufgefallen war, strömte von einer großen grünen Schale aus, die mit einem Duftpotpourri gefüllt war. An der Wand hingen zwei Aquarelle, eines zeigte einen Sonnenuntergang mit beeindruckenden Farben – ähnlich dem Naturschauspiel, das sich gerade draußen am Himmel beobachten ließ –, auf der anderen Zeichnung waren ein menschenleerer Strand bei Gewitter und das vom Sturm gepeitschte Meer zu sehen. Während das erste Bild für Ruhe und Stille stand, verkörperte das zweite die Urgewalten in ihrer reinsten Form. Jonas fragte sich, welches dieser Kunstwerke wohl eher Elizabeth Palmers Naturell entsprach. Auf dem Nachttisch neben dem Bett stand ein gerahmtes Foto von einem kleinen Mädchen.
Sie trug eine an den Schultern geraffte Bluse und blickte breit lachend in die Kamera. Glänzendes schwarzes Haar umschmeichelte weich Wangen und Kinn. Ein Vorderzahn fehlte, verlieh dem
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