Heiße Sonne der Verfuehrung
an den alten Mann weiterzugeben, einschließlich der Entdeckung des Fläschchens in der letzten Nacht und der Verdächtigen. Shokai hörte ihm zu, nickte und murmelte ab und zu, unterbrach ihn jedoch nicht.
Als Ran geendet hatte, schien Shokai verzückt in die Flammen zu schauen, die an der Haut der Taube leckten. Als er dann jedoch anfing zu sprechen, erschreckte der Klang seiner Stimme Ran.
»Fragt Ihr Euch nicht selbst, warum eine Frau der Mätresse ihres Geliebten wohl helfen sollte?«
Ran machte ein finsteres Gesicht, und sein Familienstolz meldete sich, Rachel zu verteidigen. Shokai erhob jedoch einen seiner langen, knotigen Finger, um seinen Kommentar abzuwehren.
»Warum sollte sie ihre Tat zugeben, wenn das Mädchen doch schon tot war?«
Ran zuckte mit den Schultern. »Schuldgefühle vielleicht, dass sie darin verwickelt gewesen war?«
»Wenn er das Fläschchen zuerst der einen Frau geschenkt hatte und es dann an die andere weitergegangen ist, so würde der Verdacht doch sicherlich nicht auf ihn fallen, oder?«
Lougière hatte es Helena gegeben, aber vielleicht hatte diese ja von dem Inhalt gewusst und es bewusst an Rachel weitergegeben? Gott, sein Kopf schmerzte, wenn er an die Verschwörung dachte.
»Dass jemand den Quartermeister und die Frau beim Liebesspiel überraschen sollte, das war beabsichtigt.«
»Warum?«
»Waren sie nicht zusammen, als das Mädchen verschwand?«
»Ein Alibi also«, murmelte Ran. »Es ist aber ziemlich schwach, Shokai, das dürftet selbst Ihr erkennen.«
»Hai, aber der größte Fehler meiner Kaiserin ist der, in jedem nur das Gute zu sehen, wo doch drei Gesichter versuchen, sie blind zu machen.«
»Drei?«
»Hört mir genau zu, Mylord, denn ich bin alt, und etwas zu wiederholen erschöpft mein Hirn.« Shokai griff nach dem Stock, auf dem die Taube aufgespießt war, und legte den Vogel auf einen Teller aus Blättern, wobei ihm die Hitze nichts auszumachen schien, als er ihn von dem Stock schob.
»Ich höre zu.« Es war das erste Mal, dass Shokai nicht in Rätseln redete.
Shokai schleuderte ihm einen verärgerten Blick zu. »Ein junger, stattlicher Hexer wurde einst als Schiffbrüchiger an die Küste von Scizore geschwemmt und dort von Cassiandra, der Tochter des Kaisers gefunden.« Rans Gesichtszüge spannten sich an. »Während sie ihn gesund pflegte, verliebte das Paar sich ineinander. Er war jedoch nur ein Barbar, ein Bürgerlicher, der ihr lediglich eine Handvoll Edelsteine und magische Zaubersprüche bieten konnte. Und sich mit der Kaiserin zu vermählen war ihm verboten, denn eine solche Verbindung würde die reinen Blutlinien beflecken.«
Ran gab einen angewiderten Laut von sich, und Shokai spitzte seine Lippen. »Eine Todsünde, hai, aber sie riskierten es. Ihre Liebe wurde jedoch entdeckt und der Barbar zum Tode verurteilt.« Er zuckte mit den Schultern, als ob das Schicksal es so gewollt hätte. »Cassiandra konnte das nicht ertragen, und sie flehte einen Gesandten des kaiserlichen Hofes an, ihnen bei der Flucht zu helfen. Da dieser die Schöne heimlich liebte, tat der Gesandte bereitwillig, um was man ihn gebeten hatte, und er brachte sie in die Heimat des Barbaren.«
Shokai stocherte nachdenklich mit einem Stock in den Flammen herum und bot Ransom dann ein Stück von seiner Mahlzeit an.
»Das Paar lebte im Verborgenen, geschützt durch uralte Magie; sie versteckten sich aus Angst, entdeckt und getötet zu werden für das Verbrechen der Liebe. Cassiandra schenkte ihrem Gemahl ein Kind, und wenn das Baby auch nach den Bräuchen seiner Familie großgezogen wurde, so wussten doch beide, dass der Säugling ebenfalls abgesondert gehalten werden musste und nichts von seiner wahren Identität erfahren durfte.«
Aurora, dachte Ran fassungslos. Shokai seufzte, nahm einen Bissen Fleisch und schluckte ihn herunter, bevor er fortfuhr.
»Cassiandras Vater wurde im Schlaf ermordet und alle glaubten, die Tochter würde bei dem Leben bleiben, das sie selbst gewählt hatte. Der Gesandte erfuhr jedoch von den Plänen des selbst ernannten Königs, das Paar ermorden zu lassen und so den letzten Anspruch auf den Thron auszulöschen. Er machte sich sofort auf die Reise zu ihnen, um sie zu warnen, begegnete jedoch dem maskierten Mörder und verletzte ihn, bevor er fliehen konnte.« Seine Stimme wurde schwach, so leise und mit Bedauern angefüllt, dass Ran sich anstrengen musste, ihn zu verstehen. »Als er sich dann besorgt der Kaiserin zuwandte, musste er feststellen,
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