Heißer als Feuer: Roman (German Edition)
dass der Herrgott mir damit etwas mitteilen wollte.«
Ian schien von seiner knappen Schilderung sichtlich betroffen. »Man muss nicht den halben Erdball umrunden, um Not und Elend zu finden«, fuhr er fort. »Meine Gemeinde hier hat es bestimmt wesentlich besser als die Indios in Südamerika, aber der Glaube ist universell. Er kennt keine Grenzen – weder geografisch noch gesellschaftlich oder wirtschaftlich.« Er schaute Shay beschwörend an, sein Blick eine stumme Bitte um Verständnis. »Habe ich deine Frage hinreichend beantwortet?«
Sie nickte stumm. Oh ja, das hatte er. Sie verstand ihn jetzt besser und sah sich mit einer unbequemen Wahrheit konfrontiert. Sie, Shay Morrison, hatte keine Berufung wie Ian. Und sie hatte auch nichts Vergleichbares vorzuweisen. Sie vermochte sein Leben nicht nachzuvollziehen und würde niemals auch nur eine winzig kleine Rolle darin spielen.
Ian warf einen Blick auf seine Armbanduhr und seufzte. »Können wir das Dessert bis nach dem Konzert verschieben? Wenn wir uns nicht beeilen, fangen Neil und Barbra ohne uns an.«
Sie trafen in letzter Minute ein. Schoben sich durch die voll besetzten Reihen zu ihren Plätzen und sanken atemlos auf ihre Sitze.
Das Konzert war fantastisch. Sie genossen die Musik in vollen Zügen und spendeten frenetisch Beifall. Bisweilen steckte Ian zwei Finger zwischen die Lippen und dokumentierte mit schrillen Pfiffen, dass er die Leistung der beiden Stars grandios fand.
Als er ihren entrüsteten Blick auffing, neigte er sich zu ihr. Er versuchte die lärmende Menge zu übertönen, indem er ihr ins Ohr brüllte: »Schau doch nicht so schockiert. Ich steh hier schließlich nicht auf der Kanzel und halte den Gottesdienst ab.« Er zwinkerte ihr zu, legte ihr einen Arm um die Schultern und zog sie an sich.
Während der tief bewegenden Balladen hielt er ihre Hand, streichelte mit seinem Daumen ihre Handfläche. Bei einem Song mit einem besonders romantischen Text erloschen die Scheinwerfer ganz allmählich bis zu samtener Schwärze. Ian langte zu ihr hinüber, verflocht seine Finger in ihren Haaren und drehte sie zu sich. Ihre Lippen fanden sich in der Dunkelheit.
Seine Zungenspitze schob sich behutsam zwischen ihre Lippen, berührte die ihre, eine Liebkosung, die ihre Sinne entflammte. Ein lustvolles Prickeln zwischen ihren Schenkeln brachte ein leises Stöhnen auf ihre Lippen, ein Stöhnen, das er mit seinem Mund auffing. Ihre Brüste spannten angesichts der erwachenden Leidenschaft. Ihre Knospen kribbelten vor Erregung.
Plötzlich erkannte Shay, dass sie auf Anson mehr oder weniger aus sexueller Neugier abgefahren war, ein verliebtes junges Mädchen, das seine ersten erotischen Erfahrungen sammelte.Was sie hingegen für Ian empfand, war die entfesselte Leidenschaft einer Frau, gereift und erfahren, mit körperlichen Bedürfnissen, die sich Sex mit einem Mann wünschte, der ähnlich fühlte. Der sie begehrte und glücklich machen konnte.
Geschoben von der Menge, verließen sie den Madison Square Garden. Shay machten die Menschenmassen nichts aus. Ganz im Gegenteil. Sie fand es himmlisch, dass sie damit zwangsläufig eng an Ian gepresst wurde. Da sie vor ihm ging, schmiegten sich ihre Schenkel dicht an seine. Um sie im Gedränge nicht zu verlieren, schloss er seine Arme um ihre Taille.
Ein ums andere Mal schmiegte sich sein Bizeps an ihre Brüste. Da sie unter ihrem Kleid lediglich ein Seidentop trug, lösten diese zufälligen Berührungen erotische Fantasien aus, die ihren Begleiter bestimmt schockiert hätten, überlegte Shay. Als sie über ihre Schulter den Blick zu ihm lenkte und dabei den Kopf an seine Brust legte, las sie in seinen Augen, dass er ähnlichen Wunschträumen nachhing.
Für das Dessert hatte er ein Lokal ausgesucht, das bekannt war für seine sündhaft guten Torten und den schnellen Service. Es war ein belebtes kleines Café, in dem die Bedienungen die Bestellungen schwungvoll wie italienische Arien herausschmetterten. Ian quetschte sich mit ihr an einen Tisch und rief einem vorbeieilenden Kellner ihre Wünsche zu. Es grenzte an ein kleines Wunder, aber innerhalb von Minuten standen Kaffee und Kuchen vor ihnen.
»Was für eine Kalorienbombe ist das denn?«, erkundigte sich Shay, während sie dem kulinarischen Kunstwerk mit ihrer Kuchengabel zaghaft zu Leibe rückte.
»Frag nicht, sondern lass es dir schmecken«, befahl Ian. Und sah ihr zu, wie sie sich durch mehrere Lagen Biskuit, Berge von Schokoladencreme, Sahne und
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