Heisser Draht nach Paradiso
an, was die Spurensicherung festgestellt hatte. Offenbar war es
nicht viel.
Knotinger hatte sich
abgesondert und ließ die Schultern hängen. Tim trat zu ihm.
„Sie sagten vorhin, Herr
Knotinger, Frau Angermann kenne Sie schon lange.“
„Sehr lange.“ Er war froh, daß
irgendwer mit ihm sprach. „Sie schirmt ihre Enkelin so ab.“
„Die Florentine. Wieso?“
„Das möchte ich ja wissen. Hat
sie einen Husch? Ist sie menschenscheu?“
„Kein bißchen. Jedenfalls war
sie’s damals nicht, als ich sie hin und wieder mit ihrer Großmutter sah.“
„Frau Angermann sagte, ihre
Enkelin habe einen Italiener geheiratet.“
„Stimmt.“
„Kennen Sie ihn?“
„Nein, das nicht. Ich glaube,
der war noch nie hier.“
„Dann wissen Sie auch nicht,
wie Signora Florentine jetzt heißt?“
„Nein. Äh... das heißt, Frau
Angermann erwähnte es mal. Der Name war was mit P... Palazzo. Oder Pattarone.
Oder Paccalozzi. Ja, Pacca... Nee, nicht... lozzi. Pacca... Pacca... Aber frag
doch Frau Angermann!“
„Gute Idee“, nickte Tim, machte
jedoch keine Anstalten, der Oma auf die Pelle zu rücken.
*
Der Samstag verging mit
Reisevorbereitungen.
Keine Spur von dem Trio.
Tim und Klößchen besuchten
Baron Plätschlweiher.
Er bot ein Bild des Jammers.
Kaputtes Knie. Und nun auch noch der Verlust des Familienschmucks.
„Es ist ja nicht wegen des
Geldes“, wehklagte er mit schwacher Stimme. „Ich bin versichert. Die
Versicherung muß mir über eine Milhon erstatten — falls man die Diebe nicht
faßt. Nein, es ist wegen des ideellen Wertes. Familienschmuck! Meine Ahnen
haben sich damit geputzt. Da ist jedes Gramm Gold Geschichte. An jeden
Edelstein knüpft sich eine historische Erinnerung. Ich denke gerade an das
Daumenarmband. Es gehörte meiner Ahnherrin Igelitza von Plätschlweiher. Sie
erhielt es von ihrem Mann Friedrich-Patronius. Als Versöhnungsgeschenk — ein
Armband aus Smaragden und Rubinen. Rot und grün. Herrlich! Er schenkte es ihr,
weil sie durch seine Schuld ihren linken Daumen verlor. Ein Jagdunfall.
Geschehen während einer Treibjagd. Igelitze, die eine vortreffliche Jägerin
war, streifte geduckt durch das Dickicht. Unglücklicherweise trug sie
schwarz-graue Gewänder. Sie war eine schwere Person — an die zwei Zentner, Äste
brachen, Zweige knickten. Friedrich-Patronius hielt sie für eine Wildsau und
feuerte in die Büsche. Er traf nur ihren Daumen. Aber das war schlimm genug.
Fortan — also ab 1647 — nannte man sie die Neun-Finger-Baronin.“
„Und das Armband ist wertvoll?“
fragte Tim.
Klößchen gackerte noch. Ihm
gefiel die Geschichte.
„Sehr“, nickte Plätschlweiher.
„Nicht nur ideell. Es sind viele große, mehrkarätige Edelsteine. Ich habe ein
Foto vom Armband. Soll ich’s euch zeigen?“
Tim bat darum, und der Baron
holte das Foto.
Dieses Armband würde ich
bestimmt wiedererkennen, dachte Tim.
Es war prachtvoll und
ungewöhnlich.
„Ich käme so gern mit in den
Süden“, meinte Plätschl und seufzte tief, „aber mit meinem Gipsbein würde ich’s
nicht aushalten in der Hitze. Es juckt hier schon ganz furchtbar.“
„Kenne ich“, nickte Klößchen.
„Und man kann nicht kratzen. Das ist das Schlimmste.“
13. Ganoven unter sich
Sonntag. Endlich war Sonntag.
Die Sonne strahlte. Tim war
sehr früh auf den Beinen und frühstückte mit Georg, dem netten Chauffeur der
Sauerlichs.
Er hatte ein paar Tage frei
gehabt und war gestern zurückgekommen.
Kommissar Glockner brachte Gaby
samt ihrem Gepäck. Der Jaguar wurde beladen. Bald war der Kofferraum voll.
Beinahe hätte man Plätschlweihers Paket vergessen, das Klößchen herausgenommen
hatte, um seinen Schokovorrat unterzubringen.
„Fährst in die Schweiz und
nimmst Schokolade mit.“ Tim schüttelte den Kopf.
„Unsere ist die beste — besser
als die in der Schweiz“, verteidigte sich Klößchen.
Tim entdeckte Plätschls Paket
und quetschte es zwischen seinen Reisesack und Gabys Koffer.
Karl traf ein. Auch sein Gepäck
wurde verstaut.
Glockner nahm Tim beiseite.
„Ich will nichts predigen“,
sagte der Kommissar. „Aber ich verlaß mich darauf, daß ihr heil zurückkommt.
Stellt Lugano bitte nicht auf den Kopf! Und riskiert nicht den Hals. Alles
klar?“
„Glasklar!“ Tim grinste. „Sie
wissen doch, Herr Glockner: Gaby halte ich raus aus jeder Gefahr. Immer!“
Glockner drückte ihm die Hand.
Dann war es soweit. Der
Abschied fiel kurz aus. Außer Gabys Vater war niemand da, dem man
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