Heißer Engel
eine emotionale Täuschung. Suchend musterte sie sein Gesicht, aber es war zwecklos; was auch immer er empfand, er hielt seine Gefühle gut versteckt. Verdammt, sie hatte wirklich keine andere Wahl. “Also gut.”
Er stieß die Luft aus, die er angehalten hatte, fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar, strich sich übers Kinn und lächelte dann. “Okay. Puh, ich bin froh, dass das geklärt ist.” Er sah erleichtert aus, seine Schultern weniger angespannt, der Blick nicht länger besorgt. “Okay. Jetzt auf in die nächste Schlacht. Ich möchte, dass du umziehst.”
Angel konnte ihn nur ungläubig anstarren. “Du bist verrückt. Ich reiche dir den kleinen Finger und du willst gleich die ganze Hand!”
“Komm schon, Süße, es
gefällt
dir doch nicht wirklich, hier zu leben.”
Seine Herablassung machte sie krank. “Es gefällt mir – und zwar sogar sehr”, log sie. Genau genommen war Mick der einzige Grund, der sie noch hielt. “Ich bin nahe an den Firmen, die ihren Sitz in der Innenstadt haben, und ich mache viele Abschriften für Büros und Studenten. Ich verdiene genug Geld, um die Miete zu bezahlen und für meine Krankenversicherung aufzukommen. Es ist praktisch, ich mag die Leute und ich werde nicht umziehen.”
Er schürzte die Lippen und betrachtete sie. Anscheinend entschied er sich, sein Glück nicht überzustrapazieren. “Ich lasse es fürs Erste dabei bewenden.”
“Du lässt es für immer dabei bewenden!”
“Und jetzt zu deiner Reha-Therapie.” Angel rollte mit den Augen, was ihn allerdings nicht daran hinderte, weiterzureden. “Ich kenne Leute, die auch so komplizierte Brüche hatten. Selbst mit der richtigen Behandlung kann es Monate dauern, bis der Bruch verheilt ist. Und du hattest überhaupt keine Behandlung.”
“Ich habe einen sehr guten Arzt.”
“Der dir ohne Zweifel dazu geraten hat, eine weiterführende Therapie zu machen.”
Das stimmte, doch das war nie infrage gekommen. Zum einen hätte sie niemanden gehabt, um auf Grayson aufzupassen, und zum anderen wäre es für sie unmöglich gewesen, jeden Tag zum Therapeuten und wieder zurück zu fahren. Außerdem hätte ihre Krankenversicherung nur einen kleinen Teil der Kosten übernommen. Hoffnungslos schüttelte sie den Kopf. “Es ist fast zwei Monate her. Es ist zu spät für Rehamaßnahmen.”
“Unsinn. Ich kenne die richtige Person dafür. Ich werde sie bitten, hierherzukommen. Wann würde es dir passen?”
Angel rieb sich die Augen. Es war zu schnell, zu viel, und sie fühlte sich plötzlich unendlich müde. Er war in ihr Leben eingedrungen, in ihre Gefühlswelt. Sie hatte einen ganz einfachen Plan gehabt, und eine Weile hatte sie tatsächlich geglaubt, dass dieser Plan auch aufgehen würde. Dann hatte er Grayson im Arm gehalten und er hatte sie geküsst und sein Hemd ausgezogen und ihr Einmalwindeln gekauft und Bodylotion und sie konnte das alles gar nicht begreifen. Sie hatte nicht mehr die Kraft, gegen ihn anzukämpfen – zumindest im Augenblick nicht. “Derek, bitte. Halte dich ein bisschen zurück. Du bist hier. Du hast deinen Sohn kennengelernt. Meine Wohnung ist vollgestopft mit Einkäufen. Ist das nicht genug für den Moment?”
“Ich habe eine Menge wiedergutzumachen.”
In diesem Punkt würde sie ihm ganz sicher nicht widersprechen. “Tja, lass uns ein andermal damit weitermachen, ja? Ich bin müde. Ich habe gestern Nacht noch lange an ein paar Arbeiten gesessen, die heute Morgen Termin hatten, und Grayson wacht nachts noch immer auf und muss gestillt werden. Du weißt ja, wo die Tür ist. Ich würde gern ein Nickerchen machen.”
“Was für Arbeiten?”
Mit unverhohlener Ungeduld erklärte sie es ihm noch einmal. “Ich tippe Schriftstücke oder Mitteilungen für örtliche Büros, wenn eine Sekretärin mal krank ist, und Semesterarbeiten und so etwas für College-Studenten. Ich bin mir sicher, dass du dich erinnerst, dass ich eine Spitzenbüroausstattung habe, auch wenn mein Computer nicht mehr der jüngste ist.”
“Du musst nicht arbeiten. Ich kann dir Geld geben.”
Einfach so erwartete er von ihr, sich vollkommen abhängig von ihm zu machen. Am liebsten wollte sie aufstehen und ihm dafür eine Ohrfeige verpassen. Und sie wollte weinen. Doch keine dieser Möglichkeiten hätte sie weitergebracht. “Ich werde einfach so tun, als hättest du das nicht gesagt.”
Er stand da, offensichtlich unentschlossen, und sie wartete. Aber er lächelte sie nur mit reumütigem Blick an. “Komm
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