Heisser Fruehling in Alaska
getragen hatte, und ein T-Shirt, das sie nur einmal angehabt hatte.
Als sie die schmutzige Wäsche zusammenpackte, fiel ihr ein, daß sie noch immer einige von Kits und Adriennes Sachen in ihrem Rucksack hatte. Zu ihrer großen Überraschung befand sich ein geblümtes Sommerkleid mit engem Oberteil und weitem Rock darunter.
Typisch Adrienne, ein Kleid mit ins allernötigste Gepäck zu schmuggeln, dachte sie und legte es beiseite. Aber dann griff sie wieder danach. Vielleicht sollte Hawk sie endlich einmal in einem anderen Outfit sehen ...
Nachdem sie das Kleid an der Rezeption abgegeben hatte, um es bügeln zu lassen, kaufte sie im Warenhaus Kosmetikartikel.
In einem nahen Souvenirladen fand sie helle Leinenschuhe und hübsche Ohrringe, an deren goldenen Reifen zwei winzige Bären tanzten.
Als sie frisiert, geschminkt und angezogen war, setzte sie sich nach einem befriedigten Blick in den Spiegel hin, um sich ein wenig auszuruhen.
Keine zehn Minuten später kam Hawk zurück. Als es klopfte, sprang Sydney auf und begann sich nervös zu fragen, wie er wohl reagieren würde, wenn er sie in einem Kleid und mit Make-up sah.
Begierig, es herauszufinden, öffnete sie die Tür. Der Mann, der ihr gegenüberstand, schien mindestens so überrascht wie sie, und eine Zeitlang starrten sie sich schweigend an.
Er hatte seine Jeans gegen eine khakifarbene Leinenhose
.ausgetauscht, und statt des üblichen Flanellhemds trug er ein blaßgrünes Baumwollhemd, das am Kragen offenstand. Und in der Hand hielt er ein Jackett aus feinstem Kaschmir,
"Hi", sagte sie.
"Hi." Sein Blick glitt langsam an ihr auf und ab. "Du sie hst atemberaubend aus. Woher hast du das Kleid?"
"Adrienne hatte es eingepackt", antwortete sie leicht verlegen. "Auch du siehst gut aus. Woher hast du die Sachen?"
Er zuckte mit den Schultern. "Sie waren in meinem Rucksack."
Sydney konnte es fast nicht glauben, daß er diese Sachen eine Woche lang mit sich herumgeschleppt hatte, so sauber und so frisch gebügelt, wie sie aussahen. Aber ganz gleich, woher die Sachen, stammten, er sah phantastisch aus. Sein langes schwarzes Haar glänzte, und sein Gesicht war glatt rasiert. Am liebsten hätte sie die Hand ausgestreckt, um ihn zu berühren, aber irgendwie kam er ihr gar nicht mehr wie ihr Hawk vor, sondern mehr wie ein aufregender Fremder.
"Sollen wir gehen?" fragte sie.
Hawk nickte und reichte ihr die Hand, um sie
hinauszuführen.
Sydney war noch nie bei einer Hochzeit wie Frank und
Evelyns dabeigewesen. Die Trauung fand in einer rustikalen kleinen Kirche statt. Der Bräutigam trug einen Anzug und Cowboystiefel, die Braut ein elegantes weißes Hochzeitskleid.
Als sie nach der Zeremonie die Kirche verließen, hob Frank seine Braut auf und trug sie über die Straße zum Gemeindesaal, wo der Empfang stattfand.
Sydney verspürte leise Wehmut, als sie Frank und Evelyn beobachtete. Ihr gemeinsames Leben hatte gerade erst begonne n
- ein langes, glückliches Leben - während ihre Zeit mit Hawk bald enden würde.
"Die beiden sehen sehr glücklich aus", bemerkte sie.
Hawk nickte geistesabwesend. "Frank ist ein beneidenswerter Mann, aber er hat es verdient."
Sie hätte ihn so gern gefragt, ob er schon einmal eine Frau so sehr geliebt hatte, daß er sich gewünscht hatte, den Rest seines Lebens mit ihr zu verbringen. Aber sie wußte nicht, wie sie ihre Frage formulieren sollte, ohne ihm einen falschen Eindruck zu vermitteln. Vor allem sollte er nicht denken, sie mache sich irgendwelche Illusionen über eine gemeinsame Zukunft. Er erschien ihr so fremd und unnahbar in seinen teuren,
ungewohnten Sachen, daß sie beinahe Angst hatte, überhaupt etwas zu ihm zu sagen.
Als sie dem Zug der Gäste über die Straße folgten, versuchte sie, sich Hawk als Ehemann und Vater vorzustellen. Zu ihrem Erstaunen war das gar nicht schwer. Er war stark und
zuverlässig, feinfühlig und so geduldig, daß er bestimmt ein wundervoller Vater wäre. Außerdem würde es mit ihm niemals langweilig sein ... Hör auf! rief Sydney sich zur Ordnung.
Natürlich würde sie sich niemals langweilen mit Hawk, weil sie nie mit ihm verheiratet sein würde! Sie würde nie in einem weißen Kleid an seiner Seite am Altar stehen und feierlich geloben, ihn zu lieben, bis daß der Tod sie scheide.
Das waren keine unbekannten Überlegungen für Sydney,
denn sie hatte sich schon oft gefragt, ob sie zur Ehe taugte. Aber zum ersten Mal, seit sie sich entsinnen konnte, war sie jemandem begegnet, den
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