Heißer Schlaf
Kolonien. Ich will, daß die Qualität der Gene und das intellektuelle Klima hervorragend sind.«
»Aber warum die besten für mich?«
»Weil ich dich so herzlich liebe«, sagte Doon und streckte die Hand aus, um dem Piloten einen leichten Schlag auf den Kopf zu geben. »Aber hauptsächlich weil ich glaube, daß du von allen Kommandanten, die ich ausgesandt habe, am besten geeignet bist, das zu schaffen, was ich geschaffen haben will.«
»Und was ist das?«
»Eine bessere menschliche Rasse, als wir sie gehabt haben, seit die Menschen anfingen, einander zu töten und das Fleisch zu kochen.«
»Und wie könnte sich die menschliche Rasse möglicherweise verbessern?«
»Vielleicht«, sagte Doon, »könntest du einen Zweig der menschlichen Familie entwickeln, der die Menschen versteht – und sie dennoch liebt. Hmmm?«
»Unmöglich. Und ich müßte es wissen.«
»Du müßtest es wissen«, sagte Doon. Sie verließen den Frachtraum und gingen in die Pilotenkabine zurück, wo ganz außer Atem ein Soldat wartete. »Captain Worthing«, sagte der Soldat und salutierte. Jazz erwiderte den Gruß. »Ja?« Und dann bemerkte der Junge Abner Doon und salutierte noch einmal, um sein Gesicht zeigte noch mehr Ehrfurcht. »Abner Doon, Sir«, sagte er.
»Ich nehme an, das bedeutet, daß das Band abgespielt wurde«, sagte Jason.
»Das stimmt, Sir, und wir warten auf Befehle. Die Flotte steht hinter Ihnen.«
»Dann sagen Sie der Flotte«, sagte Jazz, »daß ich alles getan habe, was ich tun konnte. Ich breche jetzt zu einer wichtigen Expedition auf. Sagen Sie ihnen, daß Abner Doon ihnen Somec geben wird. Sagen Sie ihnen, sie sollen Abner Doon folgen.«
Der Soldat nickte, grüßte und sagte dann »Sir«, wobei er Doon ansah. »Sir, würden Sie bitte mitkommen. Admiral Pushkin wartet.«
Doon lächelte Jason an. »Auf Wiedersehen.«
»Wo?« fragte Jason. »Im Himmel?«
»Unwahrscheinlich«, sagte Doon. »Gib mir dreihundert Jahre, und ich habe das Reich, wo es sein sollte.«
»Und wo ist das?« fragte Jazz.
»Bitte, beeilen Sie sich«, mahnte der Soldat.
»In der Gosse, wo es zu Tode blutet«, sagte Doon. Und dann verließ er das Schiff. Die Tür schloß sich hinter ihm, und er folgte dem Soldaten in die Halle, wo sich die Repräsentanten der Flotte versammelt hatten.
Im Kontrollraum fing Jazz sofort an zu arbeiten. Er kannte sein endgültiges Flugziel noch nicht – nur sein offizielles Ziel, Siis III, war ihm bekannt. Der Computer würde ihm erst, wenn er Siis erreichte, melden, wohin Doon ihn schicken wollte. Aber Jason wußte genug – daß das endgültige Ziel tief in der Galaxis liegen würde, weit zum Zentrum hin und über die Grenzen menschlicher Ansiedlung hinaus. Er wußte, daß es Hunderte von Jahren Schlaf bedeuten würde, und während der ganzen Zeit würde er mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit reisen (und dabei den Antrieb benutzen, den er selbst in seiner Kindheit erst möglich gemacht hatte). Er wußte, daß es im ganzen Reich, außer in Abner Doons Kopf, keine Unterlagen gab, die klar besagten, daß Jazz Worthing und die anderen elf Schiffskapitäne ein anderes als ihr offizielles Ziel anfliegen würden.
Alles in der Hoffnung, wie Doon oft erklärt hatte, daß, waren sie erst einmal isoliert, diese kleinen menschlichen Kolonien tatsächlich etwas Neues entwickeln könnten. Etwas Besseres als es der verfallende Rest des Reiches darstellte. »Alles was wir sind«, hatte Doon oft gesagt, »alles was wir sind ist jener letzte Rest der europäischen Zivilisation, die mit der industriellen Revolution in England entstand. Wir sind nur der verblassende Schatten des Technischen Zeitalters. Wir sind reif für etwas Neues. Entweder für die Regeneration der menschlichen Rasse oder für die Ablösung durch etwas anderes.« Und Jazz hatte auf Regeneration gesetzt, wie Dutzende von anderen auch, die Doon anfangs in seine Sammlung gezwungen hatte, die aber später willig Doons Vision gedient hatten.
Vision, dachte Jazz, und als er die Manöver einleitete, die das Schiff starten und aus dem System Capitol hinaustragen sollten, beschäftigte ihn ständig der Gedanke an diese Vision. Was hatte man dabei im Blick? Gibt es irgend etwas, das ich so dringend wünsche, daß ich alles andere dafür opfern würde? Gibt es etwas, von dessen Richtigkeit ich so überzeugt bin, daß ich dafür kämpfen würde?
Mein eigenes Leben, dachte Jazz, aber das ist keine Vision – jedes Tier kämpft instinktiv um sein eigenes Leben.
Und
Weitere Kostenlose Bücher