Heißer Schlaf
Himmelsstadt und Sternenfluß und dieser andere Hokuspokus?«
»Ich mag Hokuspokus.«
Stipock war wieder wütend. Er setzte sich für einige Minuten in eine Ecke und gab sich seiner Wut hin: An diesem Tag sprachen er und Jazz nicht mehr miteinander, bis Jason gähnte und auf die Uhr schaute. »Zeit zu schlafen«, sagte er.
»Nicht für mich«, sagte Stipock.
»Wenn ich schlafe«, sagte Jazz, »schlafen Sie auch.«
Und Jazz hatte schon die Nadel in der Hand. Stipock sprang auf und rannte zur Tür des Lagerraums. »Bleiben Sie mir damit vom Leibe!«
»Sie haben nur Angst«, sagte Jazz, »daß ich Sie, wenn Sie erst normal schlafen, unter Somec setze. Das werde ich nicht tun. Wenn ich Ihnen Somec gebe, werde ich es Ihnen vorher sagen.«
»Und das soll ich Ihnen glauben?«
»Bleibt Ihnen etwas anderes übrig?«
Nach einem kurzen Handgemenge, das Jazz rasch für sich entschied, schlief Stipock ein.
Es wurde hell, und Stipock öffnete die Augen. Jazz Worthing beugte sich über das Bett, und Stipock seufzte erleichtert. Er war für heute mit intaktem Gedächtnis erwacht.
Frühstück gab es aus dem Pastenvorrat des Schiffs. Es schmeckte widerlich. »Das Schiff ist schon tausend Jahre hier«, sagte Jazz und grinste freundlich, während Stipock das Zeug hinunterwürgte. »Normalerweise werden die Vorräte schon nach einem Jahrhundert erneuert. Die Zeit beeinträchtigt den Geschmack.«
Nach dem Frühstück lasen sie weitere Berichte, und Stipock konnte sich allmählich ein wenig in die kleine Kommune draußen auf dem Planeten einfühlen. Gegen Mittag hatte er sich sogar schon eingestanden, daß Jason bemerkenswert gute Arbeit geleistet hatte. Es war ihm gelungen, innerhalb von nur fünf Dekaden eine Gruppe von ahnungslosen Kleinkindern in eine funktionierende und arbeitende Gesellschaft zu verwandeln – und das, obwohl er die meiste Zeit gar nicht an Ort und Stelle gewesen war.
»Ich sehe ein«, sagte Stipock endlich, »daß ihre Ehrfurcht Ihnen gegenüber eine Zeitlang einem wichtigen Zweck diente. Kontinuität. Ihre Furcht vor Ihnen hat den Aufsehern Autorität verliehen und die Leute zusammengehalten.«
Jazz wandte sich erstaunt um. »Ich höre, daß Sie, Garol Stipock, der Recht und Unrecht perfekt unterscheidet, mich, den Mann, der Gott spielt, dafür loben, daß ich das Richtige getan habe?«
Stipock wurde rot, und Jazz lachte. »Das habe ich Ihnen vorher gesagt. Aber Sie wollten mir nicht glauben. Das sieht einem Wissenschaftler ähnlich. Jederzeit bereit, über Recht und Unrecht zu befinden, ohne Beweise he ranzuziehen.«
»Als ich die Beweise sah«, sagte Stipock böse, »habe ich meine Ansicht geändert.«
Plötzlich wurde Jazz freundlicher. »Verzeihen Sie«, sagte er, »ich wollte mich nicht über Sie lustig machen. Ich bin froh, daß Sie meinen Argumenten gefolgt sind.«
»Dann hoffe ich, daß Sie auch meinen folgen«, sagte Stipock. »Diese Sache mit Gott muß aufhören. Ich schla ge Ihnen einen Handel vor. Lassen Sie mich hinausgehen und mindestens ein Jahr lang dort leben. Ich werde ›erfinderisch‹ sein oder was immer Sie von mir erwarten – ich werde darüber nachdenken, wie man mit den geringen vorhandenen Mitteln ihre Lebensumstände verbessern kann. Ich werde Ihnen helfen, Ihre Kolonie aufzubauen. Ich werde mich an die Gesetze halten.«
»Einen Handel?« fragte Jazz. »Und was verlangen Sie dafür von mir?«
»Sie brauchen mir nur zu gestatten, die Leute zu belehren. Ich werde nicht die Autorität des Aufsehers untergraben. Ich will sie nur von dem Glauben an diesen Gott abbringen, der Sie für die Leute geworden sind.«
»Indem Sie sie belehren?«
»Indem ich sie überzeuge.«
»Sollten Sie den Leuten allerdings erzählen, daß ich ein Verräter am Reich gewesen sei, wie Sie und Ihre Mitverschwörer geglaubt haben, müssen Sie damit rechnen, daß sie es entweder nicht verstehen oder sehr wütend auf Sie sind.«
»Ich bin kein Narr«, sagte Stipock, »meistens jedenfalls nicht. Ich werde schon wissen, wie ich verhindern kann, daß die Leute wütend werden. Friedliche Mittel. Lassen Sie mich versuchen, ihre Ansichten zu beeinflussen. Oder sind Sie so gerne Gott, daß Sie es nicht riskieren wollen?«
Jazz legte den Kopf schief und sah Stipock fest in die Augen. »Das heißt also, daß Sie mir versprechen, die Gesetze zu beachten und die Gemeinschaft auf jede erdenkliche Weise zu fördern, wenn Sie dafür die Leute davon überzeugen dürfen, daß ich nicht Gott bin?«
»Das
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