Heißer Sommer auf Skiapolis
damit den hitzigen Wortwechsel.
Paige hatte das quälende Gefühl, ihren toten Vater durch ihr Bleiben zu verraten, aber sie wollte Nikolas Petronides nicht das letzte Wort lassen. Sie sah ihm trotzig in die dunklen Augen, deren Ausdruck so schnell wechseln konnte, als würde sich dunkler Samt in blitzenden Achat verwandeln. Es war gefährlich zu bleiben, aber sie blieb.
"Vielleicht sollten wir endlich darüber sprechen, warum ich Martin zu dieser Einladung veranlasst habe", erklärte Nikolas, als der Ober gegangen war. "Du verstehst doch, dass ich ihn als Vermittler eingeschaltet habe? Mir hättest du kaum nachgegeben."
"Nachgegeben?" Paige betrachtete lustlos die Avocadomousse. "Ein typisches Petronideswort! Aber du hast Recht. Ich wäre nicht gekommen."
"Das wusste ich." Nikolas wartete, bis der Weinkellner den Chardonnay gebracht hatte, und schenkte selbst ein. "Im Übrigen ahnt Martin nicht, dass wir uns kennen. Arme Paige.
Deine Freunde neigen offenbar dazu, dich zu verraten."
Paige ließ sich nicht reizen. "Soll das eine Warnung sein, Kírie Petronides?" fragte sie spöttisch und stellte zufrieden fest, dass der Hieb gesessen hatte.
"Vielleicht", antwortete er vage, aber Paige hörte die versteckte Drohung heraus und spürte ein leichtes Frösteln.
Sie schwiegen, bis der gegrillte Lachs gebracht wurde, und diesmal unterbrach Paige die angespannte Stille. "Hätte nicht Yanis über eine mögliche Einstellung mit mir verhandeln müssen?" fragte sie und schnitt ein Stück von dem Lachs ab, ohne es zu essen. Ihr war die Kehle wie ausgedörrt, und sie griff zum zweiten Mal nach dem Weinglas. "Er arbeitet doch noch für dich?"
Nikolas ließ sich durch den scheinbar lockeren Ton nicht täuschen. "Yanis ist immer noch mein Assistent", bestätigte er, "aber es handelt sich hier um eine heikle Angelegenheit, nicht wahr?"
Paige verstand ihn nicht. "Inwiefern?"
"Ganz einfach, weil sie persönlich ist." Nikolas schenkte Wein nach. "Die Stellung, um die es geht, betrifft mein Mündel. Es schickt sich nicht, einen Fremden in familiäre Dinge hineinzuziehen."
Paige machte große Augen. "Dein Mündel? Ich höre zum ersten Mal von ihm."
"Als wir uns ... kannten, hatte ich noch kein Mündel", gab Nikolas zu. "Ariadnes Vater war ein guter Freund von mir, aber ich erfuhr erst nach seinem und seiner Frau tragischem Tod, dass er mich als Vormund für seine Tochter eingesetzt hatte. Nähere Verwandte gibt es nicht."
"Ich verstehe." Paige fühlte eine spontane Teilnahme für das verwaiste Mädchen. "Da trägst du eine große Verantwortung. Wie alt ist Ariadne?"
"Siebzehn, die Verantwortung hält sich also in Grenzen."
"Warum willst du dann ..."
"Ich suche eine junge Frau aus guter Familie, die Ariadne den Sommer über Gesellschaft leistet und ihr bei den vielen Fragen, die in diesem Alter wichtig sind, die Mutter ersetzt."
"Und du denkst, dass ich ..."
Nikolas nickte. "Ja, Paige. Spricht etwas dagegen?"
"Ich könnte nie für dich arbeiten!"
"Sei nicht voreilig, agapitá ." Nikolas sah sie durchdringend an. "Die Stellung wird großzügig bezahlt, bringt viele Vorteile mit sich und dürfte nicht übermäßig anstrengend sein."
"Du kannst mich nicht kaufen, Nikolas."
"Nein, aber du brauchst Geld und hast mir vorhin gestanden, dass deine Schwester eine Beschäftigung für dich sucht. Also?"
Paige legte ihr Besteck hin. "Unsere ganze Unterhaltung ist sinnlos, Nikolas. Ich spreche kein Griechisch."
"Dafür spricht Ariadne Englisch. Sie geht noch zur Schule, aber ihre gründliche Ausbildung macht sich schon bemerkbar."
"Dann kann sie sicher gut für sich selbst sorgen." Paige dachte an ihre sechzehnjährige Schwester, die eine Gesellschafterin empört abgelehnt hätte. "Außerdem muss ich an Sophie denken." Sophie, die ihr so viel zu schaffen machte, seit sie das teure Internat aus Kostengründen verlassen hatte. "Sie braucht mich."
Nach dem Verlust des väterlichen Heims wohnten die Schwestern bei ihrer Tante in Islington, und es war nur Paiges diplomatischem Geschick zu verdanken, dass Tante Ingrid und Sophie noch miteinander sprachen.
"Dann nimm sie mit", erklärte Nikolas, ohne zu zögern. "Sie bekommt doch Sommerferien? In meinem Haus auf Skiapolis ist Platz genug, und vielleicht freunden sich die beiden Mädchen an. Immerhin sind sie beinahe gleichaltrig."
Das stimmte, aber Paige konnte sich Sophies Reaktion auf so einen Vorschlag lebhaft ausmalen. Sie hasste zwar das eingeschränkte Leben, für das sie
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