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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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wehtut.
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    Darum hat sie diese Schlappohren«, brabbelte ich,
    unfähig mich zu beherrschen.
    Er grinste und tätschelte sie noch einmal. Sie wedelte
    mit ihrem Schwanzstummel und kläffte noch einmal. Er
    lachte und winkte uns durch. Mit knirschender
    Kupplung zog ich von dannen. Ich legte einen guten
    Sicherheitsabstand zwischen das Plaza und mich, bevor
    ich an einer Texaco-Tankstelle an der Main Street hielt,
    um zu telefonieren. Unter einem verrosteten Ford-T lag
    ein Schlosser im Blaumann und versuchte, die Karre mit
    Kaugummi und Eisendraht zusammenzuflicken. Ein
    alter Farmer in verwaschenem Overall und einem
    betagten grünen Armeemantel, den er wahrscheinlich
    einst bei der Schlacht im Argonnerwald getragen hatte,
    stand daneben und sah zu.
    Ich hockte mich neben das Auto, lugte drunter durch
    und sprach den Mechaniker an. »Hallo. Meinen Sie, daß
    ich mal Ihr Telefon benutzen könnte, bitte?«
    »Klar, kleine Lady, bedienen Sie sich.«
    Ich fragte mich, mit wem er gesprochen hatte, und
    sah umher, bevor ich begriff, daß er mich meinte. Ich
    dankte ihm und ging in das Büro, das nach
    Abschmierfett und Benzin roch. Ein Schmerz fuhr durch
    mein Knie, ich mußte es mir in der Aufregung wieder
    verdreht haben.
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    Der Gasofen war angeschürt, und die Wärme tat gut.
    Es regnete nicht mehr in Strömen, dafür nieselte es fein,
    und ein kalter Nebel zog herauf. Beim Houstoner
    Wetter war alles drin. Morgen saßen wir vielleicht alle
    sonnenbadend im Freien.
    Ich setzte mich auf den hellen Eichenholzdrehstuhl
    hinter dem alten dunklen Eichenschreibtisch. Aus einer
    bereitstehenden Schachtel Kleenex nahm ich mir zwei
    Tücher und hielt damit den Hörer, damit ich mich nicht
    mit Fett beschmierte. Ich rief Steve bei der Times an und
    erwischte ihn, als er gerade Feierabend machen wollte.
    Er hatte von zwei, drei Vorgängen in Bolivien erfahren,
    die er für interessant hielt. Aber mich interessierte nur
    einer davon, und ich wußte nun, was Andrew Delacroix
    dort wollte. Der Nebel in meinem Hirn lichtete sich ein
    wenig. Ich schloß eine Wette mit mir selber ab: Sollte
    ich mich irren, würde ich die Schreibmaschine an den
    Nagel hängen und fortan in Dallas mit
    Heimdauerwellen hausieren gehen. Ich dankte Steve
    und merkte mir vor, ihm demnächst eine Flasche
    Brandy mitzubringen.
    Dann lehnte ich mich im Stuhl zurück, schaute aus
    dem Fenster auf die Tankstelle und versuchte mir über
    den nächsten Schritt klarzuwerden. Auf dem
    Fensterbrett lagen abscheuliche Häufchen von
    Fliegenleichen aus dem vergangenen Sommer. Ich
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    massierte mir die Stirn und machte ein paar
    Lockerungsübungen, dann beugte ich mich schließlich
    über den Tisch und griff wieder zum Telefon.
    Diesmal rief ich beim Polizeirevier an und fragte nach
    dem Zuständigen für die Beweismaterialaufbewahrung.
    Ein willensschwacher, rückgratloser Schreibtischscherge
    meldete sich, und ich pöbelte ihn an, bis er mir steckte,
    daß die Waffen aus einem Lagerhaus in der William
    Street verschwunden waren. Die Polizei besaß überall in
    der Stadt Gebäude, um das Beweismaterial von Razzien
    bei Spielhöllen oder Gaunerquartieren und dergleichen
    aufzubewahren. In diesen Häusern und Schuppen
    lagerten sie Spielautomaten und Destillierkolben und
    Waffen und sogar ein paar gestohlene Autos. Selbst
    Schwarzgebranntes aus Prohibitionszeiten war noch zu
    finden. Im Chronicle hatte ich vor zwei Tagen gelesen,
    daß Hilfssheriffs sich gerade daran machten, einige
    Gallonen
    »Gin-Sirup«
    und
    Schnapsbasis
    aus
    vergorenem Korn zu vernichten, die noch aus der Zeit
    vor der Aufhebung der Prohibition im Keller des
    Gerichtsgebäudes lagerten. Überall in der Stadt wurde
    Krimskrams gehortet. Jemand hatte mal behauptet, daß
    auch der Wagen dabei sei, in dem Bonnie Parker und
    Clyde Barrow vor zwei Jahren zu Tode gekommen
    waren, aber das hielt ich für ein Gerücht, aufgebracht
    von einem alten versoffenen Journalisten, der den Mund
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    nur aufriß, um mit dem Gaumen zu klappern. Der
    Schreibtischscherge gab mir sogar die genaue Adresse
    des Lagerhauses, weil ich ihm vorlog, ich sei vom Büro
    des Staatsanwalts.
    Nach dem Auflegen saß ich in dem warmen
    Tankstellenbüro und sah dem Nebel beim
    Dichterwerden zu. Die Häuser ein paar Blocks weiter
    waren kaum noch zu erkennen. Ein Blick auf die Uhr
    sagte mir, daß es in etwa zwanzig Minuten dunkel
    werden würde. Ich hatte noch ein paar Stunden
    totzuschlagen, bis ich bei Lily auftauchen

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