Heißer Winter in Texas
Sie trennte sich
so widerwillig von den Worten wie ein Waisenjunge,
der gezwungen wird, allen von seinen Bonbons
abzugeben.
Verdammt. Schon wieder diese Waffen. Ich hatte von
Anfang an nichts damit zu tun haben wollen. Ich hatte
auch nicht angenommen, daß viel dahinter steckte. Es
war nichts Ungewöhnliches, daß Beweismaterial
verschwand. Vermutlich hatte der ursprüngliche
Besitzer der Waffen einen Schergen bestochen, um sie
wiederzubekommen. Oder irgendein Gangsterboß hatte
sie billig abgestaubt. Wer weiß? Vielleicht hatte ich auch
das ungute Gefühl gehabt, daß ich bei dieser Geschichte
auf Dinge stoßen könnte, die ich lieber nicht wissen
wollte.
»Na schön. Ich werde sehen, was sich machen läßt.
Ich muß ein bißchen herumtelefonieren, bevor ich weiß,
ob ich das Geld zusammenkriege. Ich bezweifle, daß ich
zweihundert auftreiben kann, aber mal sehen, was sich
machen läßt. Vielleicht fünfzig – höchstens hundert.«
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»Wenn Sie den Knüller haben wollen, müssen Sie
schon mit zweihunnad hier aufkreuzen.«
»Sind Sie den ganzen Abend zu Hause? Es kann ein
Weilchen dauern. Wenn ich es hinkriege, komme ich
einfach rum. Und ich möchte keine Überraschungen,
zum Beispiel Darryl Wade hinter Ihrer Schlafzimmertür.
Wenn Sie nicht allein sind, komme ich nicht.«
Ich hatte gewußt, daß sie überrascht sein würde.
»Was soll‹n das heißen?«
»Ach, Colette. Ich weiß über Sie und Darryl Bescheid.
Ich weiß, daß Sie schon was mit ihm hatten, als Joe noch
lebte. Was wird er machen, wenn Sie die Stadt
verlassen? Nachher paßt ihm das gar nicht.« Wenn es
mir gelang, sie zu verunsichern, würde sie sich eher
darauf einlassen, zu nehmen, was immer ich ihr bot.
»Darryl schert sich einen Dreck darum, was ich tue,
und mich schert auch nicht, was er macht. Er ist ein
ganz gemeiner Hund, und er kann sich ›ne andere zum
Rumschubsen suchen, wenn ich weg bin.«
Trotz ihrer Sprüche hatte sie Angst. Und zwar eine
Heidenangst. Immerhin wußte ich nun, warum sie auf
einmal bereit war auszupacken. Darryl prügelte ihr
wahrscheinlich die Seele aus dem Leib, seit Joe nicht
mehr da war, um sie zu beschützen. Was für ein Leben.
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»Machen Sie einfach, daß Sie mit den Kohlen
rüberkommen, ja? Wenn ich Ihnen den Kram erzähle,
muß ich verschwinden, und zwar schnell.«
»Tja. Lassen wir sie ein wenig im eigenen Saft
schmoren«, murmelte ich vor mich hin, als ich im
Schrank versank, um zu entscheiden, welche Farbe die
Hose haben sollte, die ich anzog. Schließlich schlüpfte
ich in eine graue und in einen schwarzen Pulli und holte
meine Schuhe aus dem Bad, wo ich sie zum Trocknen
vor die Heizung gestellt hatte. Sie waren immer noch
zähfeucht wie ein Stück Knorpel, das Anice mehrere
Stunden durchgekaut hatte.
Ich bewunderte mich minutenlang im Spiegel, dann
ging ich in die Küche und öffnete die Keksdose, auf
deren Grund ich meine Ersparnisse aufbewahrte. Ich
wühlte unter eselsohrigen Rechnungen und trockenen
Keksen und zog hundert Dollar in Zehnern hervor. Ich
hatte Colette belogen. Es war mir gelungen, vierhundert
Dollar auf die Seite zu legen, die für fünfzehn Jahre
Arbeit standen, aber der Teufel sollte mich holen, wenn
ich die Hälfte irgendeiner Hure gab, damit sie mir
erzählte, was die Polizei von Houston für krumme
Touren fuhr. Ich faltete die Zehner und küßte sie zum
Abschied. Es tat weh – und dieses Scheiden machte
nicht gerade, daß mir das Herz lachte.
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Anice wollte mit, und ich entschied mich dafür, weil
mir die Dinge momentan zu sehr drunter und drüber
gingen, um sie allein zu Haus zu lassen. Ich griff sie mir
und stopfte sie unter meinen Mantel, woraufhin sich die
beiden obersten Knöpfe nicht zumachen ließen. »Wir
sind reif für eine Diät, kleine Rattentöterin«, sagte ich.
Sie bleckte höhnisch die Zähne. Sie war stolz auf ihre
rundliche Figur.
Ich schob die 38er in die Manteltasche und holte mir
auch noch meine 25er, die ich unter meinem Pulli im
Hosenbund verstaute. Hätte ich eine Panzerfaust
besessen, ich hätte auch die mitgenommen. Ich hatte
Angst. Etwas braute sich zusammen, das spürte ich in
den Knochen. Ich hatte meine glückbringende rote
Unterwäsche an und meinen Diamantstecker im Ohr.
Ich überlegte kurz, aber andere Talismane, die ich hätte
mitnehmen können, fielen mir nicht ein.
Ich lenkte den Ford nach Süden, die Woodhead Road
hinunter. Der grüne Wagen war weg. Ich
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