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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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sich diese Knaben ein, daß sie
    unsichtbar sind, solange sie sich kratzen. Er besaß
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    immerhin den Anstand, zu erröten und mit dem Fühlen
    aufzuhören.
    »Ich dachte, die Untersuchung ist abgeschlossen.«
    »Dann haben Sie falsch gedacht.« Ich schätzte, wenn
    ich mit etwas durchkam, dann nur mit größtmöglicher
    Grobheit. »Die ganze Geschichte stinkt nach Polizeifilz
    schlimmster Art, und glauben Sie mir, Sergeant Woods,
    unser Staatsanwalt hat endgültig genug von dieser Art
    Filz und Korruption, wie Sie wahrscheinlich schon in
    der Zeitung gelesen haben. Er haßt geschmierte
    Polizisten und ist bekannt dafür, sie ziemlich unsanft an
    den Eiern zu fassen zu kriegen.«
    Er nickte. Schweißperlen zeigten sich auf seiner Stirn
    und seiner Oberlippe. Seine Zunge fuhr nervös über
    seine Lippen. Er wich ein paar Schritte zurück, bis seine
    Waden die eiserne Liege berührten, auf der er bei
    meinem Eintreffen gedöst hatte. Ich konnte seine Angst
    quer durch den Raum riechen. Sie schlug mir aus seinem
    Whiskeyatem entgegen. Innmitten seiner blassen,
    aufgedunsenen Züge stach seine rote Nase hervor wie
    eine Handvoll Schlamm auf einem Kirchenaltar. Seine
    Blicke schossen zwischen mir und dem Kissen auf der
    Liege hin und her.
    »Na los«, sagte ich. Ich wußte, daß ich ihn hatte.
    »Nehmen Sie einen Schluck. Ich werde es für mich
    behalten. Sie sehen aus, als könnten Sie es gebrauchen.«
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    Er war mitleiderregend, als er unter das Kissen griff
    und eine Flasche hervorholte, deren Inhalt wie
    Schafspisse aussah. Soviel zum Land der Rinderherden.
    Hastig nahm er ein paar Schluck und erschauerte
    krampfartig. Er zog ein Gesicht, als ob der Schnaps
    nach Scheiße schmeckte, trank aber noch einen Schluck.
    »So, und jetzt erzählen Sie mir alles über die Nacht,
    in der die Waffen gestohlen wurden.«
    Seine Blicke hetzten umher wie die einer Ratte, wenn
    ein Terrier vor ihr steht. Er wischte sich mit dem
    Handrücken den Mund ab, dann holte er tief Luft wie
    ein bedeutender Redner.
    »Also, es war so gegen halb neun. Ich lag hier und
    hab‹ Radio gehört, als die Hölle losbrach. Zwei Typen
    mit Gewehr und Revolver. Sie fesselten mich mit dem
    Gesicht nach unten an das Klappbett. Sie drohten mir,
    mich zu erschießen, wenn ich mich wehrte. Da war
    nichts zu machen. Dann sind sie ins Lager
    verschwunden und haben die Gewehre geklaut.«
    »Wieviele Gewehre waren das?«
    »So tausend.«
    »Tausend?« Mein Aufschrei war außerplanmäßig. Die
    Gerüchteküche hatte von etwa hundert Stück
    gesprochen. Deshalb hatte ich der Affäre auch nicht
    allzuviel Aufmerksamkeit geschenkt. Wer scherte sich
    schon um hundert Gewehre? Tausend Stück waren ein
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    ganz anderes Paar Schuhe. »Das Verladen muß doch die
    ganze Nacht gedauert haben.«
    Er zuckte die Achseln. Die Schafspisse wirkte und
    machte ihn mutiger.
    »Sie müssen zum Wegschaffen Hilfe gehabt haben,
    und außerdem mindestens zwei ziemlich große
    Lastwagen.«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht. Hab‹ nichts gesehn. War
    ja die ganze Zeit gefesselt«, sagte meine sprudelnde
    Informationsquelle. Seine Aussprache wurde langsam
    undeutlich, sein Ton mißlaunig. Ich hätte ihm am
    liebsten mit Gewalt den Rotz aus der Nase gezogen.
    Natürlich im übertragenen Sinn.
    Meine Gedanken rasten mit Lichtgeschwindigkeit.
    Ideen purzelten durcheinander wie Besoffene auf dem
    Tanzboden. Wie konnten mitten in Houston so viele
    Kanonen spurlos verschwinden? Ich hätte längst etwas
    darüber hören müssen, wer sie hatte oder wo sie waren.
    Ich konnte nicht recht glauben, daß nach so einem
    Streich zwei ganze Wochen vergangen sein sollten,
    ohne daß jemand geplappert hatte.
    Ich versuchte es mit Bohren. »Haben Sie was
    aufgeschnappt, wo das Zeug hin sollte?«
    Er schüttelte nur den Kopf. Seine Lippen waren fest
    zusammengepreßt, seine Hände umklammerten seine
    Knie.
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    »Haben sie das Zeug vielleicht nach Norden
    geschafft? Oder möglicherweise nach Galveston?«
    stocherte ich hartnäckig weiter.
    Er gab keinen Ton von sich.
    »Sind Sie sicher, daß Sie nichts gehört haben?«
    Er saß da wie ein Holzklotz.
    »Wahrscheinlich sind sie per Schiff außer Landes
    gebracht worden.« Das war das einzige, was Sinn
    ergab. In meinem Kopf klickte etwas – ich erinnerte
    mich, daß Bill Oswald vor etwa hundert Jahren genau
    das gesagt hatte. Bill wußte immer alles. Er hatte mir
    die Antwort schon gegeben. Warum in drei Teufels
    Namen hatte ich ihm nicht richtig

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