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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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dachte daran,
    bei Gael vorbeizufahren und sie zum Mitkommen zu
    überreden, entschied dann aber, daß sie mir genug
    geholfen hatte. Sie konnte nicht ewig Kindermädchen
    spielen.
    Seit meinem Telefongespräch mit Colette war etwa
    eine Stunde vergangen, als ich auf dem Montrose
    Boulevard vor dem Wohnhotel Plaza parkte. Ich
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    schnappte mir die Decke vom Rücksitz und deckte
    Anice damit zu, damit sie nicht fror, solange ich weg
    war. Ich gab ihr einen Ingwerkeks von der Notration
    aus der Manteltasche, die nicht von einer Kanone belegt
    war, und betrat das Hotel.
    Hinter der Rezeption war niemand zu sehen. Der
    Klang einer Männerstimme, die von einem Klavier
    begleitet den Blues sang, ertönte aus der Bar und perlte
    durchs Foyer. Ich stand mit geschlossenen Augen und
    ließ die Töne durch mich hindurchfließen. Meine
    Anspannung ließ nach, und ich lächelte, weil ich solche
    Manschetten hatte. Ich holte tief Atem und hielt die Luft
    einen Moment, um noch mehr von der Anspannung
    abfließen zu lassen. Mir war gar nicht bewußt gewesen,
    was für einen Heidenbammel ich gehabt hatte. Es war
    höchste Zeit für einen Urlaub, bevor ich anfing, Monster
    mit behaarten Händen und blutigen Klauen zu sehen,
    die nächtens den Mond anheulten.
    Ich stiefelte zum Aufzug, nickte im Takt der Musik
    und beschloß, auf dem Rückweg in der Bar
    vorbeizugehen und ein Weilchen zuzuhören.
    Im vierten Stock trat ich beschwingt auf den Gang
    hinaus, der völlig leer war – abgesehen von den rund
    dreißig Leuten, die mit gereckten Hälsen auf den
    Zehenspitzen versuchten, einander über die Köpfe zu
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    spähen, während sie sich vor Colette Chateaus Tür
    drängten. Kalter Schweiß brach mir aus allen Poren.
    Ich hätte wieder in den Aufzug steigen können, ohne
    auch nur zu fragen. Statt dessen wanderte ich den Gang
    hinunter. Meine Beine schienen aus Blei zu sein, und der
    Weg wurde immer länger. Ich wanderte ungefähr
    hundertfünfundvierzig Jahre, aber schließlich kam ich
    an. In der letzten Reihe der Menge stand eine alte Dame
    in einem schwarzen Wollkleid, ihr silbernes Haar war
    geflochten und wie eine Krone um ihren Kopf gelegt.
    Ich tippte ihr auf die Schulter und fragte, was passiert
    sei, obwohl ich es eigentlich nicht hören wollte.
    »Da drin ist ein totes Mädchen. Sie haben ihr den
    Kopf eingeschlagen. Jemand meinte, sie sei eine Frau
    von zweifelhaftem Ruf, aber das ist mir egal. Den Tod
    hat sie nicht verdient.«
    »Hunderttausend Höllenhunde«, murmelte ich. Mein
    Herz raste ungleichmäßig wie ein Hundertmeterläufer
    mit Holzbein. Meine Beine zitterten krampfartig. »Hat
    schon jemand die Polizei geholt?«
    »Mr. Barham hat von seiner Wohnung aus
    angerufen.« Sie zeigte auf eine Tür gegenüber Colettes,
    und wir wandten uns um und betrachteten sie
    ehrfürchtig. Es ist immer wieder seltsam, wie in einem
    Mordfall alles, was irgendwie mit den Beteiligten
    zusammenhängt, ganz gleich wie geringfügig, plötzlich
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    eine Bedeutung erlangt, die es sonst nie bekommen
    hätte.
    »Hat jemand gesehen, wer es war?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe schreckliche Angst,
    daß ein Mörder hier durch die Gänge schleicht. Ich
    werde wohl meine Tochter anrufen und bei ihr wohnen,
    bis sie ihn gefangen haben. Hier bleibe ich ganz
    bestimmt nicht.« Ihre Augen glitzerten. Keine zehn
    Pferde hätten sie dazu gebracht, das Hotel zu verlassen.
    Es war ein schauerlicher Mord, aber er gab den
    Bewohnern
    Gesprächsstoff,
    der
    für
    viele
    Kaffeestündchen reichte und wesentlich ergiebiger war
    als Verdauungsprobleme.
    Ich hörte Sirenen in der Ferne, rannte zum Fahrstuhl
    und hieb auf den Knopf ein. Die Türen öffneten sich
    unendlich langsam, und der Aufzug hatte es so eilig wie
    Jack Benny beim Bezahlen in einem Vier-Sterne-
    Restaurant.
    In der Halle steuerte ich die Telefonzelle an. Ich
    setzte mich hinein, wartete und hörte dem Ventilator
    zu, der sich einschaltete, sobald die Tür geschlossen
    wurde. Zwei Polizisten stürmten durch den
    Haupteingang in die Hotelhalle und rannten zum
    Fahrstuhl. Ich warf eine Münze ein und wählte die
    Nummer des Polizeireviers.
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    »Frank Brumfield, bitte.« Meine Stimme klang
    kratzig, und ich holte ein paarmal tief Luft, während ich
    wartete, daß ich durchgestellt wurde. »Brumfield.«
    »Frank. Hollis hier. Ist Darryl Wade da?«
    »Nein, und ich habe im Moment keine Zeit.«
    »Ich weiß. Du bist auf dem Sprung zum Plaza, um in
    Sachen Mord an einer

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