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Heißer Zauber einer Nacht

Heißer Zauber einer Nacht

Titel: Heißer Zauber einer Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Boyle
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Saal ging und sich mit geübter Lässigkeit seinen Weg durch die Menge bahnte, wusste Colin, dass er nicht hierher gehörte.
    Seine praktische Veranlagung gewann die Oberhand, denn er musste ein Schiff und eine Besatzung vorbereiten, und das alles, bevor es in zwei Tagen fortsegelte. Er brauchte kaum nach einer Mätresse Ausschau zu halten. Außerdem waren noch ein paar Stunden vom Abend übrig, und so konnte er die Berichte lesen, die er vor dem Feierabend von Nelson erhalten hatte.
    Als er sich umwandte, um den Hurenball rasch zu verlassen, bevor Temple zurückkehrte, stolperte er über eine Schönheit ganz in Samt und Seide.
    »Oh«, stieß eine Frauenstimme hervor, während er um sein Gleichgewicht rang, mit einer Hand versehentlich eine ihrer Brüste streifte, und sich mit der anderen an ihrer üppigen Hüfte festhielt.
    »Lasst mich los!«, befahl sie, und trat ihm wuchtig mit dem Absatz auf einen seiner frisch geputzten Schuhe.
    Ob es irrtümlich oder absichtlich geschah, wusste Colin nicht. Er presste die Zähne zusammen und zog seinen Fuß unter ihrem fort, bevor er bleibenden Schaden erleiden konnte. Dann stellte er ihn auf den Marmorboden, als stünde er auf dem Deck eines wankenden Schiffes. Doch die Dame taumelte immer noch, und so zog er sie in seine Arme, damit sie nicht die Treppe herabstürzte.
    Sie zitterte einen Moment und kam dann schließlich in seinen Armen zur Ruhe.
    In all den Jahren, in denen er mit Lady Diana verlobt gewesen war, hatte er nie mehr als ihre schicklich behandschuhte Hand geküsst, doch als er diese Frau in den Armen hielt, hatte er jäh das Gefühl, sie zu kennen, als wären sie seit Jahren Geliebte.
    Colin blickte hinab und erwartete ein glitzerndes Exemplar der Halbwelt zu sehen, doch zu seiner Überraschung stellte er fest, dass er die sonderbarste Hure in den Armen hielt, die er jemals gesehen hatte.
    Anstatt des perfekt frisierten Haars und des falschen Schmucks der meisten Frauen ihres Gewerbes war ihr blondes Haar zu wilden Locken aufgetürmt, die von einer Hand voll Schildpattnadeln kaum gebändigt werden konnte. Ihr Gesicht war nicht geschminkt und gepudert, stattdessen waren ihre Wangen rosig von der natürlichen Röte der Verlegenheit.
    Oh, ihr Kleid war offensichtlich das eines leichten Mädchens - der Ausschnitt war viel zu tief, um als züchtig zu gelten, während der Saum zu kurz war, um schicklich zu sein. Die Seide und Spitze erlaubten verlockende Einblicke auf die Reize darunter - lange Glieder, zarte Haut und Kurven, die keine Dame der feinen Gesellschaft jemals so kühn in der Öffentlichkeit zu zeigen gewagt hätte.
    Das Besondere an dieser Dame war, dass sie trotz ihrer sinnlichen Aufmachung so anmutig und einnehmend war wie eine kleine wilde Straßenkatze.
    Sie strich mit einer Hand eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht, während sie mit der anderen mit nicht sehr eleganten Bewegungen ihr Haar ordnete und versuchte, widerspenstige Locken festzustecken.
    Als sie schließlich innehielt, sah er ihre Augen - und er hätte schwören können, bis tief in ihre Seele.
    Es waren die ernstesten, unergründlichsten braunen Augen, in die er je geblickt hatte. Er ahnte irgendein Geheimnis darin, eine Unschuld, an die er nicht glauben konnte - nicht hier unter Londons abgebrühter Gesellschaft.
    Unschuld?
    Was dachte er da? Eine Unschuldige auf diesem Ball zu finden, war so unwahrscheinlich wie unter dem Publikum Lady Diana zu entdecken.
    »Geht es Euch gut, Sir?«, fragte sie und rüttelte an seinen Armen, mit denen er sie hielt.
    Erst in diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sie immer noch festhielt ... nicht, dass es ihm etwas ausgemacht hätte, sie in den Armen zu halten.
    Denn als er sie aufgefangen hatte, war ihm ihr Parfüm in die Nase gestiegen, ein zarter Duft nach Blumen. Veilchen, dachte er. Kaum der übliche starke Geruch von Eau de Cologne oder »Lilien des Tals«, das Londons gefallene Mädchen bevorzugten.
    Der Duft verlockte ihn seine Frische tief einzuatmen.
    Vielleicht war das der Grund, weshalb er dieses junge Ding nicht einfach losließ, beiseite schob und ging... Nein, er argwöhnte, dass sein Zögern einen weitaus tieferen Grund hatte als nur ihr betörendes Parfüm. Denn in diesem Augenblick eines Herzschlags, in dem er ihre arglosen Augen sah, erwachte etwas in ihm zum Leben.
    Es erfasste seine Sinne, wisperte und drängte ihn, diese seltene Gelegenheit zu nutzen, die zum Greifen nahe war wie ein gerade entdeckter spanischer Schatz.
    Colin

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