Heißer Zauber einer Nacht
dass sie ihre Unschuld verloren hatte.
Sie war jungfräulich gewesen, und er hatte sie entjungfert. Der einzige Beweis ihrer Existenz in seinem Leben war ihr vergessener Schuh, den einer der Diener später an diesem Tag fand - er war in der berücksichtigten Nacht auf einem der Bücherregale gelandet.
Sofort bat er Temple um Hilfe, und sie suchten die Stadt ab. Sie nutzten Temples Beziehungen, um Georgie zu finden, doch alles war vergebens. Schließlich musste Colin die Themse hinuntersegeln, ohne zu wissen, was aus ihr geworden war.
Als die beiden Frauen jetzt an ihm vorbeigingen, die Köpfe zusammengesteckt wie zwei plappernde Schulmädchen, widerstand er nur mühsam der Versuchung, wie ein Verrückter auf den Pfad zu springen und der Frau den Strohhut, dessen Schatten ihre Gesichtszüge verbarg, vom Kopf zu reißen.
Es war etwas so Vertrautes an ihr.
»Georgie«, wisperte er in die Nacht.
Die Frau blieb stehen, drehte sich um und blickte in seine Richtung zurück.
»Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte Lady Hamilton.
»Nein, alles in Ordnung«, murmelte die andere Frau, bevor sie mit Lady Hamilton weiterging. »Ich glaubte nur, jemanden gehört zu haben.«
Lady Hamilton lachte. »Ich glaube, Ihr habt zu viel Zeit in den Ruinen verbracht, sodass Ihr in Sir Williams Statuen-Garten schon Stimmen hörten. Wir müssen Euch hier in Neapel behalten, bis Ihr Euch völlig erholt und Euch an die Gesellschaft der Lebenden gewöhnt habt.«
Die Frau lachte und schüttelte den Kopf. »Euer zivilisierter Einfluss wird warten müssen, denn morgen fahren wir nach Norden, um einen römischen Tempel zu besichtigen, der einer der schönsten in dem Gebiet sein soll.«
»Ein Haufen alter Steine!«, meinte Lady Hamilton verächtlich. »Ich werde nie verstehen, weshalb manche Leute so etwas faszinierend finden, wo doch die Attraktionen und der Charme von Neapel viel schöner sind.«
Beide Frauen lachten. Dann verabschiedeten sie sich. Lady Hamilton ging unbekümmert zum Haus, während ihre Freundin einen Moment verharrte und ihren Blick durch den Garten schweifen ließ, bevor sie über einen Seitenweg um das Haus herum zur Straße ging.
Colin blieb versteckt, bis es im Garten wieder still war.
Er schüttelte den Kopf. Sicherlich verlor er den Verstand, wenn er jetzt anfing, in den gelangweilten Frauen englischer Antiquitätenjäger Georgie zu sehen.
»Du bist ein Narr mit einem Spatzenhirn, Colin Danvers«, flüsterte er vor sich hin. Er schlich weiter durch den Garten und kletterte an einem Spalier hoch auf den Balkon, um in den Raum zu gelangen, der Nelson im palastähnlichen Haus Sir Williams als Arbeitszimmer diente.
Als Colin auf seiner geheimen Mission in Nelsons Zimmer eintraf, trat eine einsame Gestalt aus den Schatten der Villa. Sie blickte zum Balkon hoch und verharrte einen Moment, bevor sie wieder ins Haus ging und sich zu den Gästen der Party gesellte, die höchstwahrscheinlich bis zum Morgengrauen dauern würde.
Später an diesem Abend, lange nachdem die Kerzen in Lord Nelsons Arbeitszimmer heruntergebrannt waren, klopfte es an der Tür.
»Mylord«, rief Lady Hamilton jenseits der abgeschlossenen Tür. »Das Spielen fängt gleich an. Wirst du dich zu uns gesellen?«
»Gleich, Mylady«, erwiderte Horatio, Viscount Nelson, und kehrte vom Balkon zurück, wo er in den Schatten gestanden und Lord Danvers nachgeschaut hatte.
Sein Herz war schwer, als er seinen Freund in der Dunkelheit des Gartens verschwinden sah.
Danvers war einer seiner besten Leute - und wie sich herausgestellt hatte, ein außergewöhnlich guter Nachrichtenoffizier. Die Informationen, die er im letzten Jahr gesammelt hatte, hatten den Briten mehrmals geholfen.
Dennoch hatte er noch nicht die eine Sache finden können, die sie unbedingt entdecken mussten.
Die Identität des Verräters in ihren Reihen.
Als Colin dann über den Zaun vom Grundstück kletterte, geschah das, was Nelson befürchtet und wovon er gehofft hatte, dass es nicht geschehen würde.
Eine Gestalt trat hinter einer Statue hervor und folgte Danvers heimlich. Der Mann war jedoch nicht so geschickt und schlau wie Danvers, denn er hielt sich so nahe im Schein der Fackeln des Gartens, dass Nelson die Farbe seiner Kleidung sehen konnte.
Eine englische Marineuniform.
Es stimmt also, dachte Nelson. Er wurde von einem seiner eigenen Männer verraten. Das schmerzte ihn mehr als der Verlust seines Arms bei Santa Cruz.
Aber wer war es? Es gab mindesten fünf englische
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