Heißer Zauber einer Nacht
»Ihr versteht, was ich meine.«
»Unmöglich. Mandevilles Agent eine Frau? Es ist einfach unmöglich.«
Nicht Georgie. Es konnte nicht wahr sein. Plötzlich war seine nasse Kleidung nicht der einzige Grund für sein Frösteln. »Wollt Ihr sagen, Ihr verdächtigt eine Frau, ein Mädchen und ein Baby, an alldem beteiligt zu sein?«
»Frauen sind ebenso zu schlimmen Taten fähig wie jeder Mann.« Pymm erschauerte. »In meinem Geschäft glaube ich niemals an den Mythos, dass Frauen zarte und sanftmütige Wesen sind. Besonders wenn sie unbeaufsichtigt sind. Wenn man nicht richtig aufpasst, können sie ziemlich unberechenbar werden.« Er nickte zu Colins Kabine hin. »Was diese Witwe und ihr Kind anbetrifft, so könnte das Baby ein Findelkind sein, das sie mitgebracht hat, um ihre Tarnung glaubhafter wirken zu lassen. Und was Mrs Bridwicks Schwester anbetrifft, nun, da gab es mal einen deutschen Agenten, der gern blutjunge Mädchen einsetzte, um ...«
»Bridwick?«, fragte Colin. »Habt Ihr Bridwick gesagt?«
»Ja. Mrs Bridwick.« Pymm musterte ihn. »Ihr kennt sie, nicht wahr?«
Colin nickte. »Ja. Wir haben uns vor ungefähr einem Jahr in London kennen gelernt.«
»Und Mr Bridwick?«
Diese Frage veranlasste Colin zu einem kleinen, angespannten Lachen. Wenigstens kannte er die Antwort auf eine seiner Fragen; Georgie war nicht verheiratet. Stattdessen hatte die den Namen seines Hauses als ihren eigenen angenommen. »Es gibt keinen Mr Bridwick.«
»Und Ihr sagtet, Ihr habt sie in London kennen gelernt? Unter welchen Umständen? Wer hat euch miteinander bekannt gemacht?«
Colin trat bei dem plötzlichen Verhör einen Schritt zurück und prallte gegen die geschlossene Tür. »Niemand hat uns miteinander bekannt gemacht. Wir haben uns zufällig kennen gelernt... auf einem Ball.«
»Zufällig? So etwas gibt es nicht«, erklärte Pymm. »Sie muss die Verbindung sein. Sie wurde nach London geschickt, um Eure Pläne herauszufinden, und kehrte dann nach Neapel zurück, um sich in Nelsons Gesellschaft einzuschleichen.« Pymm rieb sich die Hände. »Jetzt brauchen wir nur noch die Dame zu verhören, äh ... zu befragen und herauszufinden, wer sie in Wirklichkeit ist.«
Pymm wollte zur Tür gehen, doch diesmal hielt Colin ihn fest.
»Es wird keine Verhöre oder Befragungen der Dame geben, wenn Ihr mir keinen stichhaltigen Beweis präsentiert.«
»Beweis?«, sagte Pymm. »Natürlich habe ich keinen stichhaltigen Beweis. Der wird sich aus dem Verhör ergeben.«
Colin schüttelte den Kopf.
Pymm rang kapitulierend die Hände und begann in seiner kleinen Kabine auf und ab zu gehen. »Also gut. Dann bedenkt dies.« Er hob einen Finger. »Sie tauchte am selben Tag in Volturno auf, an dem Mandevilles Kurier dort war.« Er lächelte und hielt einen zweiten Finger hoch. »Ich hörte, wie sie einem der Gäste in der Pension erzählte, dass sie dorthin gekommen sei, weil Lady Hamilton es vorgeschlagen habe. Diese halte die Gegend für perfekt zum Malen. Offensichtlich hat Mrs Bridwick die letzten Monate in Neapel verbracht, wo sie und Lady Hamilton Freundinnen geworden sind. Sehr vertraute Freundinnen. Ich brauche Euch wohl nicht zu sagen, dass jeder aus Lady Hamiltons Kreis direkten Zugang zu Lord Nelson hat.«
Colin bemühte sich, eine ausdruckslose Miene zu bewahren. Es war Georgie gewesen, die er in der Dunkelheit mit Lady Hamilton gesehen hatte. Aber er war nicht bereit, Pymm das zu erzählen und ihn in seiner Hexenjagd zu unterstützen. Er wollte einfach nicht glauben, dass Georgie eine Verräterin war.
Sie konnte es nicht sein. Und doch ... er hatte Georgie gleich nach seiner Verurteilung und kurz vor seiner Fahrt nach Italien kennen gelernt. Plötzlich spielten seine Gedanken verrückt, und viele Erinnerungen stürmten auf ihn ein. Georgies dringender Wunsch, in seine Wohnung und schließlich in sein Haus zu gelangen. Ihr Interesse an seiner Seemannstruhe und am Ziel seiner Fahrt. Ihre scheinbar geplante Verführung ... er hatte gewiss Fragen diese Nacht betreffend gehabt, denn nichts hatte wahr geklungen, und jetzt...
»Irgendwelche weiteren Gründe, auf denen Eure Vermutungen basieren?«, fragte er. Er war nicht bereit, Pymm in seine Überlegungen einzubeziehen. Erst wollte er eine Chance haben, selbst die Wahrheit aus Georgie herauszulocken.
»Theorie. Eine unwiderlegbare Theorie«, sagte Pymm. Er spitzte die Lippen und hob einen dritten Finger. »Sie wusste genug, um mir zum Strand zu folgen.«
»Guter Gott,
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