Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
Geschick geboren, andere zu blenden, doch Mariann gehörte nicht dazu. Bastien vermutete, dass sie es auf die harte Tour würde lernen müssen, indem sie in der nächsten Zeit viel experimentierte. Während er selbst ihr zwar den Anschein von Normalität verleihen konnte, musste er sie ständig berühren, um ihn aufrechtzuerhalten, was die Zusammenarbeit mit ihrer Gehilfin ziemlich erschweren würde.
»Das ist nicht dein Ernst!«, entfuhr es Mariann, sowie er sie darüber aufgeklärt hatte. »Warum hast du mich dann überhaupt erst herkommen lassen?«
Sie standen vor der Tür der Bäckerei und sprachen in Tönen, die kein menschliches Wesen wahrnehmen konnte.
»Ich könnte Heather in meinen Bann schlagen«, sagte er. »Das hält länger an als Zauber.«
»Sie in deinen Bann schlagen?«
»Es ist eine Art Hypnose oder auch Gehirnwäsche. Es verändert die Gedanken und Überzeugungen der Leute und lässt sie sehen, was ich sie sehen lassen will.«
Mariann kräuselte die Nase.
»Dazu muss ich sie allerdings erst beißen«, fügte Bastien der Ehrlichkeit halber hinzu. »Ein Blutband hilft, meine Macht zu festigen.« Mariann öffnete den Mund, schloss ihn jedoch wieder, als Bastien eine Hand um ihr Kinn legte. »Da ist noch etwas, was du wissen solltest. Deine Freundin ist schwanger. Ihrer Aura nach zu urteilen ist der Vater der Junge mit dem Tattoo.«
»Schwanger.« Marianns Stimme war so gedämpft, dass sogar er Mühe hatte, ihre Antwort zu verstehen. »Und du kannst das sehen? Wow.« Sie rieb sich die Arme, als fröre sie. »Sie wird das Kind haben wollen. Sie ist verrückt nach Eric, und sie liebt Kinder. Aber sie wird ihren Job jetzt mehr denn je benötigen. Sie hat ja gar nichts anderes gelernt. Falls ich die Bäckerei nicht halten kann, weiß ich nicht, wie sie sonst Geld verdienen könnte.«
»Emile und ich könnten ihren Freund als Hausmeister einstellen und dafür sorgen, dass er einen guten, regelmäßigen Lohn bezieht.«
»Das ist sehr nett von dir, doch es wäre besser, wenn Heather in der Lage wäre, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Und offen gestanden kann ich sie mir nicht mit einem Hammer in der Hand vorstellen.«
Bastien lächelte und fragte sich, ob Mariann bewusst sein mochte, wie modern solche Überlegungen für ihn waren.
Sie blickte auf und zog die Brauen zusammen. »Würde das Beißen Heathers Baby schaden?«
»Nicht körperlich. Nach einer kurzen Zeit der Schwäche verstärkt sich das menschliche Immunsystem nach einem Biss. Das Baby würde also auch davon profitieren. Es wäre aber auch möglich, dass das Kind mit einer Prädisposition für meinen Einfluss geboren würde. Unter unseren Leuten gelte ich, teilweise auch meines Alters wegen, als geschickter Präger des Geistes. Die Frage ist, ob du bereit bist, darauf zu vertrauen, dass ich meine Macht nicht missbrauchen würde?«
Er steckte die Hände in die Hosentaschen, um Mariann nicht sehen zu lassen, wie sie zitterten. Obwohl er nicht versucht hatte, in ihre Gedanken einzudringen, waren die Zweifel, die sie in Bezug auf ihn und Männer im Allgemeinen hegte, offensichtlich.
Sie musterte ihn mit einem Blick, der scharf war wie ein Messer. Das war eine Eigenschaft, die sie sich aus ihrer menschlichen Zeit bewahrt hatte.
»Heather gehört zu dir, so wie Emile zu mir gehört«, sagte Bastien. »Ich würde sie nicht ohne deine Zustimmung beißen.«
»Es ist meine Aufgabe, sie zu beschützen, meinst du?«
»Ja.«
Mariann entfernte sich ein paar Schritte und blieb stehen. Sie hatte den Kopf gesenkt und die Arme vor der Brust verschränkt und tippte mit der Spitze ihres himmelblauen Turnschuhs auf das Gras. »Mich hast du noch nie in deinen Bann geschlagen«, bemerkte sie, ohne sich umzudrehen.
»Ich wollte deine Liebe gewinnen, nicht erzwingen.«
Sie seufzte und wandte sich ihm wieder zu. »Das will ich auch. Ich will, dass Heather genauso mit mir umgeht wie zuvor, selbst wenn sie mich als Menschen sieht. Ich will nicht, dass ihr freier Wille in irgendeiner Form geschmälert wird. Wenn du mir versprechen kannst, dass das nicht passieren und dass dem Ungeborenen kein Schaden zugefügt wird, ist meine Antwort ja.«
Bastien atmete erleichtert auf. »Das kann ich dir versprechen. Ich bin sehr, sehr gut in meinem Metier.«
Sie lachte, obwohl es nicht als Scherz gemeint gewesen war. »Und bescheiden bist du auch.«
Und da entdeckte er ihre Gabe, das Upyr- Talent, das am stärksten in ihr zutage trat: Sie kam mit einer
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