Heißes Eis
hoffe, ich sehe dich bald wieder!»
«Ja, ich hoffe auch, dass wir uns bald wieder sehen. Tschüss und schlaf schön!»
«Du auch! Ich liebe dich!»
Mist, warum fühlt es sich plötzlich so falsch an, ihm das zu sagen? Am liebsten würde ich mich in der Erde vergraben. Dann ist mal wieder die Verbindung weg. Irgend etwas stimmt mit diesen Telefonen nicht – entweder hat mein Handy oder das von Tom eine Macke. Da es aber nichts weiter zu sagen gibt, rufe ich nicht noch einmal an und auch Tom meldet sich nicht mehr.
Da wird auch schon meine Paella serviert. Ich picke mir zuerst die Garnelen heraus, weil ich immer befürchte, irgendwelche unverdaulichen Beine oder Fühler könnten zwischen dem Rest aus Reis, Gemüse und Fisch landen und dann ein unangenehmes Knirschen zwischen den Zähnen hervorrufen. Ich habe gerade mal ein paar Bissen zu mir genommen, da setzt sich ein fremder Mann zu mir an den Tisch. Mit seinem braungebrannten Gesicht und dem Hawaii-Hemd entspricht er dem absolut typischen Bild eines deutschen Urlaubes.
«Na, so alleine heute?», fragt er anzüglich grinsend.
Wie unverschämt, sich einfach ohne zu fragen, an meinen Tisch zu setzten!
Ich will protestieren, aber mein Mund ist noch komplett angefüllt mit Essen, so dass ich nicht in der Lage bin, zu antworten, ohne Gefahr zu laufen, dass etwas unappetitlich herausfällt.
«Ihr Mann sollte so eine attraktive Frau nicht alleine essen lassen!».
Ich kaue rasch und schlucke den letzten Rest Paella herunter, um endlich antworten zu können.
«Ich benötige weder einen Babysitter, noch permanenten männlichen Beistand!», entgegne ich giftig.
Der Typ gegenüber zieht die Brauen hoch.
«Oho, die Dame hat Haare auf den Zähnen! Mir gefallen schlagfertige Frauen! Ich bin übrigens Rainer!»
Ich verdrehe die Augen. Er sieht tatsächlich aus wie ein Rainer – komisch, dass Namen oft wie zugeschnitten auf ihre Besitzer passen. Wahrscheinlich erwartet Rainer jetzt, dass ich mich auch vorstelle, aber wenn er sich schon durch meine bissige Antwort nicht vertreiben lässt, dann kann ich ihn ja wenigstens mit Ignoranz strafen. Daher esse ich ungerührt meine Paella weiter.
«Das habe ich heute übrigens auch gegessen. Du weißt, dass Paella eine spanische Spezialität ist.»
Ich nehme einen Schluck Wasser und versuche, Rainer weiterhin nicht wahrzunehmen, was schwierig ist, denn er geht gerade in eine freudige Monolog-Phase über.
«Eigentlich ist es seltsam, dass aus den ursprünglichen Reste-Essen der verschiedenen Länder mit der Zeit so leckere Gerichte entstanden sind. Bei der italienischen Pizza hat man die Reste einfach auf Teig mit Tomatensoße und Käse gelegt und bei der spanischen Paella wurden die Reste mit Reis und Tomaten vermischt. Du musst wissen, ich bin viel herumgekommen. Ich war auch schon mal in Mittelamerika, dort isst man den 'Casado', was auch nichts anderes ist, als ein bunt gemischtes Sammelsurium verschiedener Speisen, wie Reis mit Bohnen, Nudeln, Gemüse und Rührei. Nur der deutsche Eintopf, bei dem Gemüse und Fleisch zusammen verkocht werden, wird sich wohl auf Dauer keiner internationalen Beliebtheit erfreuen.»
Es klingt, als hätte Rainer das aus einem Reiseführer auswendig gelernt, um Frauen zu beeindrucken. Das lässt sich herausfinden! Ich gebe meine Ignoranz auf und sehe ihn forschend an.
«In welchen Ländern Mittelamerikas waren Sie denn schon?»
«Ach, in vielen, ...Mexiko, Peru und noch so einige andere!»
Peru liegt in Südamerika! So ein Aufschneider!
«Aha! Und welche Stadt in Peru haben Sie besucht?»
«Ach, weiß ich nicht mehr, wie die alle hießen. Diese indischen Namen kann ich mir doch nicht merken!»
Ich schätze er wollte sagen ' indianischen' Namen, oder glaubt er tatsächlich, dass man in Peru 'indisch' spricht? Da muss ich plötzlich lachen. Das wäre ein guter Gag für eine dieser Shows, in der sich Leute wahnsinnig toll vorkommen, aber so rein gar nichts drauf haben und sich furchtbar damit blamieren.
Rainer zieht verwundert die Augenbrauen hoch über mein Gelächter und da sehe ich auf einmal Ben. Er seht unschlüssig in der Tür zum Restaurant, dreht sich jedoch um und verschwindet dann wieder in dem langen Flur. Offensichtlich will er nicht mit mir sprechen, oder ist er gar eifersüchtig wegen Rainer?
Nein, Sanne, was denkst du wieder! Das ist doch absoluter Quatsch!
Ich will Tine anrufen, aber zuerst muss ich diesen Rainer los werden. Da weder mein bissiger Kommentar noch meine
Weitere Kostenlose Bücher