Heißes Eis
nicht! Such dir ein anderes Opfer!»
«Das sagst du nur, weil du ihn selbst für dich haben willst!»
Ich schlucke. Wenn sogar Emma etwas von meinen Emotionen mitbekommen hat...
«Unsinn! Mach doch, was du willst, wenn du so scharf auf eine Abfuhr bist! Ich hab dich gewarnt!»
Auf Emmas Gesellschaft kann ich in Zukunft gerne verzichten, daher hocke ich mich nun ganz hinten in die letzte Busreihe und beobachte die Touristen, die draußen vorbei laufen. Der Bus füllt sich langsam wieder und ich entdecke auch Ben auf einem der vorderen Plätze.
Dann fahren wir zu einem Restaurant. Da ich erst einmal mit meinem Gefühlschaos klar kommen muss, bleibe ich einfach hinten im Bus sitzen und verdrücke den Inhalt meines Lunchpaketes. Um zu verhindern, dass ich vor lauter Nervosität meine gesamten Fingernägel zum Nachtisch futtere, klemme ich meine Hände vorsichtshalber unter die Schenkel.
Soll diese Emma doch vergeblich versuchen, sich an Ben ranzumachen. Aber so, wie sie sich in der Kirche gebärdet hat, wird sie sich das sowieso nicht trauen. Ich lehne meinen Kopf zurück und lasse die Szenen von Ben und mir noch mal vor meinem inneren Auge passieren. Warum nur muss immer alles so kompliziert sein? Es ist zum Verzweifeln! Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis die Reisegäste wieder am Bus eintreffen.
Die nächste Station ist der ' Parc Güell' , der wie die Sagrada Família von Antoni Gaudí gestaltet wurde. Vom Reiseleiter erfahren wir, dass der Industrielle Eusebi Güell dieses Projekt in Auftrag gab.
«Es sollten dort sechzig von Gaudí gestaltete Villen gebaut werden. Wegen mangelnder Nachfrage wurden aber nur zwei errichtet. Was blieb, war ein naturnaher Park mit baulichen Attraktionen wie dem Schattenbrunnen und der Säulenhalle mit der Schlangenbank, die eigentlich eine Balustrade auf dem Dach des Gebäudes ist. Auf dem unebenen Gelände hatte Gaudí die Möglichkeit, seine Kunst mit der Natur zu verbinden und es entstand ein von kleinen Details geprägter märchenhafter Garten mit einem originell in die Landschaft gefügten Gewirr aus Wegen, Laubengängen, Mauern und Brücken», erzählt der Reiseleiter und in mir steigt zunehmend die Spannung, diesen außergewöhnlichen Garten endlich zu besichtigen.
Und wir werden nicht enttäuscht, denn gleich am Eingang empfangen uns kleine Häuser mit Zuckergussdächern. Meine Augen können sich gar nicht satt sehen an der in seiner Gesamtheit wundervoll natürlich wirkenden Anlage. Ben und ich sprechen allerdings nicht allzu viel miteinander, während wir uns einfach mit der Gruppe treiben lassen und den Erklärungen des Reiseleiters lauschen.
Dennoch beobachte ich ihn heimlich und immer wieder bewegen wir uns nah beieinander durch die Reisegruppe, so dass wir uns wie zufällig an Armen und Händen berühren und an diesen Körperstellen meine Haut auf unerklärliche Weise plötzlich stärker durchblutet und empfindlicher zu werden scheint.
Gelegentlich wirft Emma mir giftige Blicke zu. Wie sie sich da in ihre Traummann-Wahnvorstellung hineinsteigert, geht mir schon ziemlich auf die Nerven.
Die Nacht in Barcelona
Nach der Besichtigung steige ich mit Ben in den Bus und dieses mal setze ich mich neben ihn, soll die blöde Emma doch denken, was sie will! Wir kommen vor einem Hotel in der Nähe des Bahnhofes zum Stehen.
«Was machen wir hier?», frage ich verwundert, weil ich eigentlich dachte, dass uns der Bus nun wieder zurück bringt.
«Wusstest du nicht, dass es sich um eine zweitägige Tour handelt?», entgegnet Ben.
Mir fällt die Kinnlade in den Keller und ich schüttele entsetzt den Kopf.
«Schau mal genau in deine Unterlagen, die du bekommen hast. Dort findest du sicherlich auch die Hotelreservierung.»
Ich ziehe die Unterlagen aus meinem Rucksack und halte tatsächlich die Reservierung für ein halbes Doppelzimmer in den Händen - ein halbes Doppelzimmer? Was hat das zu bedeuten?
Ben steigt bereits aus und ich folge ihm noch immer verwirrt. Neben der Haltestelle erstreckt sich eine Parkanlage, die Pärchen wohl zu ihrem Treffpunkt erwählt haben, denn überall im Park sieht man Paare, die gemeinsam auf einer Decke sitzen, sich küssen und liebkosen. Bei ihrem Anblick fällt es mir unendlich schwer, Bens Nähe zu ertragen, ohne ihm augenblicklich um den Hals zu fallen. Wir gehen mit raschen Schritten am Park vorbei und betreten das Hotel. An der Rezeption zeigen wir unsere Reservierungen.
«Son novios?», fragt der Mann am Empfang.
«Was hat er
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