Heißes Eisen
beurteilen kann. Von diesem ... diesem Blickwinkel aus.«
»Und es sind fünf.«
»Von denen wir wissen.«
Da hatte er recht. In TunFaire konnte es genauso viele geben, die nicht gefunden oder gemeldet worden waren. »Sie haben ein nettes Bürgertöchter-Leichen-Problem am Arsch, Hauptmann. So etwas ist schwer zu fassen, weil niemand – wenn er nicht zufällig verrückt ist – es begreifen kann. Wenn Sie noch mehr Leichen finden, wird die Angelegenheit beträchtlich mehr Wirbel machen.«
»Das weiß ich, Garrett. Verdammt und zugenäht, deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen. Wollen Sie, daß ich Sie auf Knien anflehe? Können Sie haben. Hauptsache ...«
»Nein, Block, ich will nicht, daß Sie mich anflehen.« Es hatte zwar seinen Reiz, aber ich würde den Anblick nicht ertragen können. »Ich will, daß Sie sich beruhigen. Und mit mir einen Spaziergang im Regen machen und mir dabei alles erzählen, was Sie wissen. Damit meine ich: Alles. Was auch immer Sie zurückhalten wollen, vielleicht um eine hochgestellte Persönlichkeit zu schützen, könnte der Schlüssel zu diesen Morden sein.«
Noch wußte ich nicht, ob ich mich in die Sache hineinziehen lassen wollte. Noch nicht. Ich wollte ihn lange genug ablenken, damit wir zu meinem Haus gehen und uns mit dem Toten Mann zusammensetzen konnten. Der Tote Mann würde alles aussortieren, was im Kopf des Hauptmanns herumschwirrte und ihm vermutlich auch die nötigen Informationen an die Hand geben, die er brauchte, um den Fall zu lösen. Damit würde ich meiner Bürgerpflicht genügen und konnte zufrieden sein, ohne gleich meinen Arsch zu riskieren.
Aber dann verließen wir den schmalen Durchgang, und die Jungs von Block nahmen die Fackeln mit. Sie zischten zwar im Regen, spendeten aber mehr Licht, als ich beim Hereinkommen gehabt hatte. Deshalb war es so hell, daß ich die Schmetterlinge sah.
Es waren drei. An ihnen war nichts Besonderes. Einfache, grüne Schmetterlinge. Aber was suchten drei tote, grüne Schmetterlinge in einer Gasse im Slum?
Ich blieb stehen, als wir die enge Straße erreichten. »Nehmen Sie den Alten mit und geben Sie ihm was zu essen. Holen Sie einen Arzt, damit der ihn untersucht. Tun Sie alles, was nötig ist, um den Kerl soweit aufzubauen, daß er uns erzählen kann, was er gesehen hat. Falls er was gesehen hat.«
Block drehte sich zu seinen Leuten um. »Tut es.«
Ich schlug den Weg nach Hause ein, und Block ging neben mir her. Er erzählte mir alles, was er für hilfreich erachtete. Ich hörte ihm nicht so genau zu, wie ich es hätte tun sollen. Abgesehen vom Entsetzen, verwirrte mich auch die Tatsache, daß ich das Schicksal der Wache in Händen hielt. Ich könnte diese nutzlosen Mistkerle vernichten. Oder sie möglicherweise dazu zwingen, ein bißchen mehr dem zu entsprechen, wie sie sein sollten. Verdammt, die Leute tun alles, um ihre Jobs zu behalten. Manchmal tun sie dafür sogar ihre Jobs.
Diese Art Macht war ungewohnt für mich. Vielleicht brauchte ich Dean, der mir auf Schritt und Tritt folgte und mir ständig ins Ohr flüsterte, daß ich nichts weiter als ein gewöhnlicher Sterblicher war.
Dean hatte natürlich bemerkt, daß die Tür offenstand, und sie verrammelt. Ich brüllte und hämmerte, bis er sich endlich von den beiden Missionarinnen losriß. Als er öffnete, strahlten seine Augen in einem Glanz, der nichts mit Erlösung zu tun hatte.
»Du Draufgänger, du.« Er tat, als begriffe er nicht, was ich meinte. Dabei hätte ihm ein kleines Abenteuer gutgetan ... und den beiden Frauen auch. Vorausgesetzt, es brachte ihn nicht um.
Noch nie hatte ich zugelassen, daß Wart Block mein Haus betrat. Entsprechend mißtrauisch trat er ein, wie ein Soldat, der zum ersten Mal den Fuß in eine feindliche Festung setzt.
Der Tote Mann ist kein Geheimnis. Jeder, den es interessierte, wußte, daß er bei mir wohnte. Aber kaum jemand hat ihn zu Gesicht bekommen. Sie betreten sein Zimmer mit den kühnsten Vorurteilen, nur um herauszufinden, daß die Realität schlimmer als alles ist, was sie sich ausgemalt haben.
»Setzen Sie sich auf den Stuhl«, befahl ich Block. »Ich kann sowieso nicht stillsitzen.«
Ihm fielen fast die Augen aus dem Kopf. »Was machen wir hier?«
»Der alte Knochen ist ein Genie. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie ihn selbst. Ich denke, wir sollten ihm die ganze Angelegenheit unterbreiten. Er wird Verbindungen knüpfen und Ihnen sagen, wo Sie mit Ihrer Suche anfangen sollen.« Der alte Knochensack schwieg,
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