Heißes Eisen
unglaublich großzügig.
»Das hat nicht viel zu sagen. Die halten sich schon für großzügig, wenn sie einen mit einem warmen Händedruck abspeisen. Wieviel?«
Die ganzen tausend Taler. Darüber hinaus ...
»Nur tausend?« knurrte ich. Natürlich war ich nicht begeistert. Tausend Taler waren zwar eine große Summe, aber ich hätte auch gemeckert, wenn sie eine ganze Wagenladung Gold angeschleppt hätten. »Deswegen hättest du mich nicht mitten in der Nacht aus dem Bett werfen müssen.«
Er ignorierte mich völlig. Darüber hinaus brachten sie die neueste Kunde aus dem Cantard. Meine Theorien wurden letztendlich bestätigt. Der erwartete Zusammenbruch von Glanz Großmonds Revolution, den all diese Niederlagen und Deserteure anzudeuten schienen, hat sich als Chimäre erwiesen. Er hat einfach nur gewartet, bis die Zeit reif war.
»Ach, Mist.« Jetzt verstand ich, warum er mich aus dem Bett geworfen hatte. Es hatte überhaupt nichts mit Geld zu tun. Ihm bot sich die große Chance, herumzuprahlen, ohne daß ich zurückschlagen konnte.
Ich hatte damit gerechnet, daß Großmond auf dem letzten Loch pfiff. Beweise dafür gab es genug. Heftige Niederlagen und die große Zahl von Deserteuren ließen darauf schließen, daß die Rebellion kurz vor dem Zusammenbruch war. Flüchtlinge aus dem Cantard waren über ganz Karenta verstreut. Selbst hier in TunFaire hatte ich viele gesehen.
Ich machte mir nicht die Mühe zu fragen, wie Großmond ein weiteres Wunder zustande gebracht hatte. Der Mann schaffte es einfach. Statt dessen machte ich mich über das Frühstück her, das Dean gebracht hatte, und wartete. Der Tote Mann würde es mir schon unter die Nase reiben. Er liebt es, wenn ich bei einem Streit auf ganzer Linie verliere.
Er gab es mir Schlag um Schlag, ganz unökonomisch. So wie ich es mit ihm mache, wenn ich ihm auf die Nerven gehen will.
Seiner Meinung nach waren die meisten Niederlagen und auch die Zahl angeblicher Deserteure gar nicht echt gewesen. Offenbar hatte Großmond seinen Leuten befohlen, in Deckung zu bleiben, sich vor den verschiedenen Armeen in Sicherheit zu bringen und ab und zu die venagetischen und karentinischen Streitkräfte in ein kleines Scharmützel zu verwickeln. In der Zwischenzeit erwartete der Söldnerführer einen dieser seltenen, aber überaus heftigen Stürme, die vom Golf in den Cantard hineindringen. Während meiner Dienstzeit habe ich einige erlebt. Man kann nichts weiter tun, als in Deckung gehen und hoffen, daß diese Deckung gegen den Sturm und den Regen hält.
Während seine Feinde wie paralysiert waren, hatte Großmond zugeschlagen. In beide Richtungen. Eine Armee hatte Full Harbour angegriffen, Karentas größten Brückenkopf im Cantard. Er hatte es schon vorher versucht, war aber gescheitert. Diesmal hatte er es geschafft und Full Harbour mitsamt seinen Vorräten und Munitionsreserven eingenommen.
Eine andere Armee hatte Quarache angegriffen, Venagetas logistische Bastion im südlichen Cantard. Quarache ist größer als Full Harbour und erheblich bedeutungsvoller. Sie schützt die einzige große, verläßliche Oase in diesem Teil der Wüste. Die Kriegsbemühungen der Venageti hängen von der Kontrolle Quaraches ab. Ohne diese Stadt könnten sie ihre Streitkräfte nicht weit genug in den Cantard hineinbringen, um die Silberminen zu bedrohen.
Der Verlust von Full Harbour würde den Anstrengungen Karentas zwar einen empfindlichen Schlag versetzen, sie aber nicht beenden. Karenta hat noch andere Brückenköpfe an der Küste. Venageta nicht.
Ich versuchte eine schwache Gegenwehr. »Dein Schützling steckt, tief in der Scheiße, alter Lachsack. Sie werden die Marines schicken, damit die den Hafen zurückerobern. Gegen die Marines hat er sich noch nie behaupten können.«
Bis auf ein Gefühl selbstgefälliger Amüsiertheit ignorierte er mich und fuhr einfach in seiner Geschichte fort.
Quarache war nicht so leicht gefallen wie Full Harbour. Großmond hatte nicht die Kraft gehabt, es vollkommen einzunehmen. Die Kämpfe dauerten noch an, während die Venageti von überallher Verstärkung heranbrachten und Quarache in langwierigen, verzweifelten und verlustreichen Straßenkämpfen Haus für Haus zurückeroberten.
Wie die meisten gewöhnlichen Karentiner hegte ich eine gewisse Sympathie für Glanz Großmond. Nicht, daß ich meinem Königreich eine Niederlage in diesem Krieg gönnte. Aber wenn man sein ganzes Leben miterleben mußte, wie korrupt, inkompetent und gierig unsere
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