Heißes Eisen
nennen. Er saß hinter einem Schreibtisch, auf dem ein paar Schreibutensilien lagen, aber direkt daneben standen Make-up-Töpfchen, was wohl bedeutete, daß die Mädchen das Zimmer als Schminkraum nutzten. Ansonsten war der Raum genauso schäbig wie der Rest des Ladens.
»Was?« Er sah mich an und zog seine grauen Schweinsaugen zusammen.
»Grundsätzliche Fragen, die mein Partner nicht gestellt hat, weil er annahm, daß dieser Job ein Witz für mich wäre.«
Hullars Augen wurden zu schmalen Schlitzen. »Witz?«
»Kläffer Amato. Niemand auf der Welt setzt einen Spion auf einen Verrückten an. Schon gar nicht Leute, die einen Laden wie den hier führen. Ich glaube nicht mal, daß Sie Kläffer Amato kennen.«
»Tu ich auch nicht. Wenn er hier hereinkäme, würde ich ihn nicht erkennen. Warum interessiert Sie das? Sie werden bezahlt.«
»Ich bin derjenige, der seinen Arsch draußen auf der Straße als Zielscheibe rumträgt, Hullar. Ich weiß gern, warum ich ihn riskiere und für wen. So ist mir wenigstens klar, aus welcher Richtung ich Ärger zu erwarten habe, wenn er kommt.«
»Sie werden keinen Ärger bekommen.«
»Das behaupten alle. Wenn es keinen Ärger gäbe, würde überhaupt niemand zu mir kommen. Ich spiele nicht gern Blinde Kuh, Hullar.«
Er legte den Bericht weg und musterte mich, als überlegte er, ob er mich mit einem Tritt in den Hintern hinausbefördern sollte oder nicht. Die gesündere Variante gewann.
»Sie haben einen guten Ruf, Garrett. Deshalb habe ich Sie ausgesucht. Ich werde das Risiko eingehen.«
Ich wartete, und er dachte nach. Der Zwerg lungerte an der Tür herum, vielleicht um zu sehen, ob sein Boß Hilfe brauchte. Aber die Atmosphäre war nicht gespannt, und ich fühlte mich nicht bedroht.
»Ich hab nicht viel, Garrett. Wir alle hier besitzen nicht viel. Aber wir sind wie eine Familie. Wir kümmern uns gegenseitig um den anderen, weil wir alles sind, was wir haben. Das hier ist der letzte Schritt vor dem Abgrund.«
Dagegen war nichts zu sagen. Aber ich behielt meine Meinung für mich. Meine alte Mutter hatte mir eingebleut, daß ich nur dann was lernen konnte, wenn ich die Klappe hielt und zuhörte. Mom hatte recht gehabt, aber ich habe jahrelang nicht auf ihre Botschaft gehört – und vergesse sie auch heute noch viel zu oft.
»Allen, die für mich arbeiten und mit ihren Schwierigkeiten zu mir kommen, versuche ich normalerweise zu helfen. Falls ich kann. Eine Hand wäscht die andere, richtig?«
»Klingt vernünftig.« Nur leider funktioniert das in der wirklichen Welt nicht sehr oft. »Will einer Ihrer Leute, daß Kläffer Amato beobachtet wird?«
Er beäugte mich und versuchte immer noch, aus mir schlau zu werden. »Sie sind ein Zyniker. Sie glauben nicht an viel. Schon gar nicht an Menschen. Vielleicht ist das in Ihrem Job ja auch richtig, wenn man bedenkt, mit was für Leuten Sie es zu tun haben.«
»Sicher.« Ich war stolz auf mich, weil ich es schaffte, nicht laut aufzulachen.
Er sah zu dem Zwerg hinüber und bekam einen Blick zurück, den ich nicht verstand. »Einverstanden. Die Sache ist die, Garrett. Amatos Tochter arbeitet für mich. Als er sich ins Al-Khar gequatscht hat, hat sie ...«
»Er hat eine Tochter?« Kennen Sie den von dem Kerl, den eine Feder umgehauen hat? Mit einer Feder hätte man mich locker aus den Pantinen kippen können.
»Ja. Dieser Amato ist ein Spinner. Aber harmlos. Sie wissen es. Ich weiß es. Nur leider hat er die Angewohnheit, Namen zu nennen. Sie hatte Angst, weil er vielleicht den falschen Namen genannt hat, den eines Arschlochs aus der Oberstadt vielleicht, der keinen Sinn für Humor hat. Vielleicht steckt der Alte ja bis zum Hals in der Scheiße. Das Mädchen ist selbst ein bißchen leichtsinnig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Aber sie gehört zur Familie, und wenn meine Leute sich Sorgen machen, versuche ich, die Sache geradezubiegen, damit der Kummer ein Ende hat. Ich will von Ihnen nur, daß Sie den alten Spinner im Auge behalten und mich informieren, wenn er sich reinreitet. Damit ich ihn aus der Schußlinie nehmen kann, bevor er getroffen wird. Verstehen Sie?«
Ja. Und nein. Kläffer Amato hatte eine Tochter? Wie hatte er das geschafft? »Schwer zu glauben, die Geschichte.«
»Wirklich? Was gefällt Ihnen daran nicht? Sie brauchen nur ein Wort zu sagen, dann sind Sie draußen. Ich hole mir jemand anderen. Ich habe Sie ausgesucht, weil man sagt, Sie wären beinahe ehrlich. Aber ich komm auch ohne Sie zurecht.«
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher