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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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auf einmal lösten diese unkomplizierten Amerikaner alle Probleme mit einem Schlag: Der Immobilienmakler lud wahllos alle Umstehenden zur Siegesfeier in die ›Bar Isole‹ in Ascona ein, und nach Sabine und René sagte auch Barbara zu. Und nun wußte auch sie, was ein hole-in-one war.
    Eine leichte Brise streichelte den See. Eine zärtliche Melodie verlor sich an die Stille des Abends. Grillen zirpten, Gläser klangen, Menschen lachten. Zerstrittene sprachen wieder miteinander, und selbst die Invaliden des Lebens spürten, daß sich das Dasein trotz allem noch lohnt. Eine der südlichen Nächte war angebrochen, wie sie die Urlauber später wieder aus ihrer Erinnerung hervorkramen, wenn sie vom harten Alltag malträtiert werden. Die Luft war voller Lebenslust und Zärtlichkeit. Sie trieb die Jungen zu Paaren und ließ die Alten darüber lächeln. Heute liebten die Menschen einander – aber zwischen den beiden Männern in der weiträumigen Wohnhalle der Villa ›Favorita‹ gab es nur Hass, Gier und Mord.
    Kurz nach 23 Uhr stellte Linsenbusch fest, daß der Mond schneller wanderte, als er angenommen hatte und er deshalb sein Vorhaben noch einmal zwei Finger breit verschieben müßte. Sein Gastgeber stemmte sich gegen eine ungewöhnliche Müdigkeit. Er war ein Nachtbummler, der selbst an flauen Abenden wußte, wie man den toten Punkt überwindet, und diese Vormitternachtsstunde war nicht langweilig, sie stand unter Hochspannung.
    Saumweber litt weniger an einem Schlafbedürfnis als an einer zunehmenden Gliederschwere. Er feilschte mit dem Erpressten noch immer um Summen, aber er sprach wie mit vollem Mund. Seine Augen wurden klein, Rinnsale von Schweiß tropften ihm von der Stirn. Er fürchtete, die brisante Situation hätte seinen Kreislauf überfordert und wollte mit kaltem Wasser und frischer Luft dagegen vorgehen.
    Das Babygesicht erhob sich mühselig, ging mit taumeligen Schritten ins Bad. Sein Gast und Mörder nutzte die Gelegenheit, ihm die dritte und letzte Dosis des Betäubungsmittels in den Magenbitter zu schütten. Er hatte das geruch- und farblose Präparat, ein Pulver, das sich sofort in Flüssigkeit auflöste, sorgfältig ausgewählt. Er kannte die Wirkung aus eigener Erfahrung, da er nach einer Operation im Krankenhaus einmal damit behandelt worden war. Die Kombinationsdroge wirkte zugleich schlaffördernd, nervenberuhigend und krampflösend. In kleinen Dosierungen harmlos, mußte ihr Missbrauch von verzögerten Bewegungsabläufen bis zur völligen Lähmung führen.
    Saumweber wankte zurück, sich vorsichtig anschiebend, Hasenherz auf dem Hochseil. Er war fahlgelb im Gesicht und verschwitzt, als käme er aus der Sauna. Er spürte Angst und merkte, daß er selbst dafür zu schlapp wurde.
    »Was ist mit dir los? Hast du gekotzt?« fragte Linsenbusch grob.
    »Wo denkst du hin«, erwiderte der Hausherr.
    »Salute«, animierte der Gast und verfolgte, wie sein Erpresser angestrengt nach seinem Glas griff, es wie in Zeitlupe an den Mund führte und dann fast gewaltsam austrank.
    »Du gefällst mir gar nicht«, höhnte Linsenbusch und stand auf. Er zündete sich eine Zigarette an. Seine Augen suchten den Garten und die Umgebung des Hauses ab. Nichts war zu sehen und nichts war zu hören. Er nickte zufrieden, als er sich wiederum überzeugt hatte, daß sich niemand in der Nähe aufhielt. »Dich hatte ich schon vergessen«, sagte er mit einem Hass, der aus der Tiefe kam. »Aber dann warst du auf einmal wieder da. Ganz der alte Abstauber, der Hintenherum-Kassierer, der ewige Handaufhalter«, fuhr Linsenbusch mit einer Stimme fort, die von den Schneidezähnen scharf geschliffen wurde: »Der Rückversicherer, der Mann, der zu den Hosenträgern noch einen Gürtel anzieht und am Ende doch nackt baden geht.«
    »Schimpf dich ruhig aus«, sagte das Milchgesicht angestrengt. »Wenn es dich erleichtert, Horst …«
    »Dich hab ich nach Paris geholt, dich habe ich vom Wehrdienst freistellen lassen.« Linsenbusch lachte, und es hörte sich an, als hustete er: »Ich hab' deine Ausflüge in die Edelpuffs bezahlt, deine Luxusnutten, deine Sauforgien und kofferweise die Mitbringsel, die du heimgenommen hast ins Reich – und der Dank?« Er blieb stehen, beugte sich zu Saumweber hinab. Seine Augen wirkten dunkel und drohend wie die Mündung einer Zwillingsflinte. »Du hast mich dafür ans Messer geliefert.«
    Saumweber wollte aufstehen, aber er fiel in den Stuhl zurück. Er atmete schwer und spürte, daß sich die seltsame

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