Heißes Geld
Schlusslichtern des Wagens nach, den Linsenbusch die Straße abwärts lenkte, Richtung Lago.
Feller jagte zum ›La Palma‹ zurück; er erfuhr, daß die US-Golfer wahllos Gäste zur Siegesfeier in die ›Isole-Bar‹ eingeladen hatten, unter ihnen Babs und Sabine Littmann. Der Amerikaner setzte sich in den Leihwagen und fuhr die Seestraße entlang, Richtung italienische Grenze. Er folgte einer Vermutung wie einer Beobachtung: Linsenbusch war am Sonnabend und am Sonntag mit dem Porsche herumgekurvt wie ein Filmregisseur auf der Motivsuche, und der Verfolger konnte unschwer erraten, daß es sich dabei um einen Kriminalfilm handelte. Wenn er damit recht behielte, dann läge der Schauplatz des letzten Akts nicht in den Bergen von Monti, sondern am Seeufer.
Er fuhr langsam, mit aufgeblendeten Scheinwerfern. Es war wenig Verkehr auf der kurvenreichen Straße. Er passierte Moscia und blendete ab, weil ihm zwei Fahrzeuge entgegenkamen. Dann erreichte er Porto Ronco, fuhr weiter und glaubte kurz vor der Unfallstelle, an der das Liebespaar verunglückt war, einen Schatten zu sehen. Es konnte ein Fußgänger sein. Er erreichte Brissago, wendete den Wagen, rollte langsam zurück, und nun sah er deutlich, daß an der Unfallstelle die provisorische Holz-Barriere durchbrochen war.
Henry rollte langsam nach Ascona weiter, begegnete wieder einem entgegenkommenden Fahrzeug und bemerkte deutlich, wie ein Fußgänger, vor dem Licht flüchtend, hinter der Tankstelle von Moscia verschwand. Er hielt an, kurbelte die Scheibe herunter und rief in die Nacht: »Can I help you? May I give you a lift?«
Er erhielt keine Antwort – und hatte sie dadurch vermutlich gefunden.
Der Amerikaner stellte den Wagen auf dem Parkplatz am See ab und ging durch die kleine Gasse zur ›Isole-Bar‹. Die Stimmung hatte ihren Höhepunkt erreicht – und zuletzt hatte es wohl lauter Golfsieger gegeben. Die ersten Gäste waren im Aufbruch; und Barbara sah Henry sofort in der Tür, nickte ihm zu, griff nach ihrer Handtasche und entfernte sich unbemerkt aus dem Trubel.
»Heute Abend habe ich viel gelernt«, sagte sie auf der Straße lachend und hängte sich bei ihm ein: »Kennst du die Gemeinsamkeit zwischen einem Golfer und einem Eunuchen?«
»Wieso?« fragte Henry zerstreut.
»Beide wissen, wie's geht«, gab Barbara lachend die Antwort. Aber Henry war nicht in Stimmung für Golferwitze, und auch seine Begleiterin wurde ernst, als sie im Wagen saßen: »Die Sache ist nicht ohne Komik«, berichtete sie: »Frau Linsenbusch hat im ›La Palma‹ Frau Nareike angerufen und sie über ihren Begleiter aufgeklärt. Sabine Littmann hat natürlich davon nichts gewußt und steht jetzt vor einer völlig neuen Situation. Sie ist übrigens gar nicht so unsympathisch. Der Mann hat sie mit seinem Geld einfach überfahren. Unter diesen Umständen ist es sehr fraglich, ob sie morgen noch mit ihm nach Rio fliegt.«
»Es ist noch fraglicher, ob er fliegen wird«, entgegnete Henry mit einer Stimme, die auf Glas biss: »Ich denke, wir haben Linsenbusch jetzt da, wo wir ihn haben wollen.«
Es war keine erschöpfende Erklärung über die Ereignisse dieses Abends, aber Barbara wartete geduldig, bis er darauf zu sprechen käme.
»Und dieser Wasserskilehrer?« fragte er.
»Ein Berufs-Lover«, antwortete sie, »ein liebenswerter Halsabschneider – er ist Sabines Begleiter im Weg, nicht uns«, analysierte sie: »Linsenbusch steht heute wohl noch eine Auseinandersetzung ins Haus.«
Sie hatten das Hotel erreicht und gingen sofort nach oben in ihre Apartments im ersten Stock. Sie standen auf dem Balkon, eingewoben in den Zauber der Sommernacht. Der Mond stand jetzt hoch über dem Lago, betrachtete sich eitel in einem Silberspiegel; er machte die Jungen wild und die Alten sehnsüchtig.
Henry ging nach innen, legte sich auf die Couch, sah schweigend zur Decke.
»Schwierigkeiten in der Arena?« fragte Barbara.
»Das ist wohl wie erwartet gelaufen«, antwortete der Anwalt: »Eine Bestie biss die andere tot. Die Siegerehrung findet morgen früh um 8 Uhr 30 statt.« Ein Lächeln lief ihm wie Säure über das Gesicht: »Hör zu, Babsi. Ich muß morgen an das Geld heran. Ich weiß noch nicht wie. Sicher ist nur, daß ich diesen – diesen Mörder nicht mit der Beute entkommen lasse. Um keinen Preis und wenn ich zum Straßenräuber würde.« Er betrachtete sie, zögerte und setzte dann hinzu: »Wenn du mir dabei hilfst, wird morgen voraussichtlich aus einer Assistentin eine
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