Heißes Geld
zugeschoben – aber Ihren alten Kameraden hat nicht Dumbsky umgebracht und nicht Eckel und keiner von der Sipo Paris. Den haben Sie erledigt, Linsenbusch. Und jetzt werden Sie die ganze Rechnung begleichen.«
Feller winkte Barbara, sie erhob sich, kam sofort heran. Sie gingen zu dem Leihwagen. Henry verstaute die Tasche im Gepäckraum. »Für Lugano ist es zu spät«, sagte er. »Aber Bellinzona schaffst du spielend, Babs.«
Aber da unterschätzte er seine Begleiterin. Sie jagte gleich bis Airolo durch, wo der D-Zug vor dem Gotthard-Tunnel hielt: Wenn die Locarneser Polizei sie suchen würde, dann doch wohl zuerst am Bahnhof der Kantonshauptstadt oder in Lugano.
Als Henry in die Halle zurückkam, war Linsenbusch verschwunden.
Den ersten Hinweis über einen neuerlichen Unfall am Seeufer hatte die Verkehrspolizei noch in der Nacht erhalten. Von zwei Fischern war gemeldet worden, daß ein Wagen im Schritt-Tempo in den See gefahren sei. Diese Wahrnehmung ließ auf Selbstmord schließen – das Verkehrsdezernat trat den Fall an die Kriminalpolizei ab, zumal inzwischen auch Axel Seligmann und sein Fiat-Wagen vermisst wurden, was sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen hatte.
Mindestens eine halbe Stunde vor der von Linsenbusch errechneten Zeit erhielt Kriminalkommissar Voltini, ein kleiner, wendiger Mann, von Avocato Spertini einen ersten Hinweis, daß es sich bei dem nächtlichen Fiasko am See weder um einen Unfall, noch um einen Selbstmord, sondern um ein Kapitalverbrechen handeln könnte, da sich der vermißte Seligmann bedroht gefühlt hätte.
Henry W. Feller wußte, daß er sich an die Polizei wenden müßte, was für ihn ebenso notwendig wie gefährlich wäre. Die Zeit drängte, aber Linsenbusch hatte keinen Porsche mehr zur Verfügung, war jetzt Fußgänger, aber selbst, wenn es ihm gelänge, in das nur wenige Kilometer entfernte Italien zu entkommen, stünden in Mailand ebenso wie in Lissabon und Zürich CIA-Agenten bereit, um seine Reiseroute weiter zu verfolgen. Außerdem könnte der Anwalt nunmehr wegen Mordverdachts offiziell von der Polizei nach dem Flüchtigen fahnden lassen, wenn er die Ermittlungen entsprechend beeinflussen würde. Andererseits aber könnten die Gesetzeshüter Fragen nach dem Verbleib des bei ›Hämmerli & Mezenthin‹ abgehobenen Dollarguthabens stellen. Theoretisch gehörte es Linsenbusch, moralisch der Greenstone-Stiftung, praktisch war es herrenlos, und vagabundierendes Vermögen sicherzustellen, könnte nicht die Aufgabe eines Privatmanns sein, sondern der Polizei. Der Linsenbusch-Schatz war – wenn auch in einem anderen Sinn – heißes Geld geblieben und wäre erst dann endgültig sichergestellt, wenn durch Deponierung bei einem schweizerischen Geldinstitut ein neues Bankgeheimnis entstünde und der Einzahler sicherheitshalber auch noch mit tunlicher Beschleunigung die Eidgenossenschaft verlassen hätte.
Während der Anwalt noch darüber brütete, wie er das Nötige einleiten könnte, ohne sein Inkasso zu gefährden, war die Polizei bereits auf ihn gestoßen.
»Scusi, Signor Feller«, entschuldigte sich der Kommissar für sein unangemeldetes Eindringen in das Hotelzimmer, stellte sich vor und wechselte ins Englisch: »May I ask you some questions?« Sie stellten fest, daß sie sich am mühelosesten in deutscher Sprache unterhalten könnten, und Voltini kam sofort zur Sache: »Sie waren am Freitag mit dem vermissten Herrn Seligmann mindestens fünf Stunden in der Hotelhalle zusammen. Sie sind mit ihm aus Zürich gekommen …«
»Stimmt«, unterbrach ihn Feller. »Und ich wollte Sie gerade aufsuchen. Ich denke, ich kann Ihnen bei Ihren Ermittlungen behilflich sein.« Er präsentierte nacheinander seinen Paß, eine Vollmacht der Kanzlei Brown, Spencer & Roskoe und den Greenstone-Brief. Der Kriminalkommissar prüfte Dokumente und die Fotokopie aufmerksam: »Das ist furchtbar«, sagte er dann, »aber es steht hier nicht zur Debatte.«
»Doch«, entgegnete der Mann aus New York. »Der im Brief erwähnte Saumweber nennt sich heute Seligmann.«
»Und der Hotelgast Nareike heißt in Wirklichkeit Linsenbusch«, versetzte Voltini.
Feller erfasste, wie gefährlich der Beamte war, der wie ein Stutzer aussah, der Kellnerinnen im Dunkeln auf den Hintern klopfte. Kein Polizeibeamter sähe es gerne, wenn Ausländer in seinem Revier wilderten, und schweizerische wären in dieser Hinsicht doppelt empfindlich.
»Ich bin seit April hinter Linsenbusch her«, gestand er.
»Und warum
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