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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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geschlafen«, sagte Barbara und stellte fest, daß ihr Begleiter es an dem männlichen Stolz über seine damalige Eroberung fehlen ließ. »Du brauchst mit Sigi nicht zu hadern«, fuhr sie fort. »Wir haben Tage und Nächte über dich gesprochen. Sonst sehr ernsthaft, deine Hartmannsberger Affäre war nur eine Rosine im großen Teig.«
    »Noch mehr Rosinen?« fragte er.
    »Du weißt doch, daß Ilona zwischen dir und Sigi geschwankt hat?«
    »Weiß ich nicht«, brummelte er.
    »Aber sie hatte entschieden, daß auf die Dauer ein stämmiger Bernhardiner für sie besser wäre als ein flotter Windhund.«
    Sie waren im Dorf angekommen und stellten den Wagen vor dem Gasthaus ab. Sie machten sich auf die Suche nach dem Haus ›Alpenblick‹. Es war Reisezeit; es wimmelte von Sommerfrischlern, und so fielen sie nicht auf. Sie fanden den umgebauten Bauernhof, dessen obere Wohnung von Hannelore Linsenbusch gemietet war, auf einer kleinen Anhöhe. Die geschlossenen Fensterläden ließen darauf schließen, daß die Inhaberin verreist war.
    Im Garten arbeitete eine Frau.
    »Sieh mal«, sagte Barbara und blieb stehen. »Diese herrlichen Blumen.«
    »Wunderschön«, wiederholte Henry. »Das ist überhaupt ein prächtiger Fleck. Vielleicht sollten wir uns hier nach einem Quartier umsehen?«
    Die Frau richtete sich auf, lächelte die Fremden an. »Aber a Mordsarbeit«, sagte sie, »des kann i Eahna sag'n.« Sie kam an den Zaun: »Und alles muaß i selber mach'n.«
    »Hilft Ihnen denn niemand?« fragte Feller.
    »Ja was meinen's denn, was mir für a faule Bagasch im Dorf ham.«
    »Sie vermieten Zimmer?« fragte Henry.
    »Ja«, sagte sie. »Mir g'hört des Haus. Ich bin Frau Muckelbauer. Bleiben's länger hier?«
    »Liegen die Zimmer in der Parterrewohnung oder im ersten Stock?« fragte Barbara.
    »Die untere Wohnung«, antwortete die Quartiergeberin. »Die obere hab' ich vermietet. Wissen's an so a komische Heilige, a G'spinnerte – laßt neamand eini, red' kaum a Wort mit de Leit.« Verächtlich setzte sie hinzu: »A Preißin halt. A Flüchtling no dazua.« Man brauchte ihren Redefluss nicht anzufeuchten: »Vor a Stund' is' scho wieder nach München g'fahr'n, obwohl's erst vorgestern aus der Stadt z'rückemma is'. Wenn's mi' frag'n, is' des a ganz a Scheinheilige. Hier tut's als könnt's net bis drei zähl'n und in der Stadt hat's g'wiß a Mannsbild.«
    »Warum eigentlich nicht?« fragte Henry.
    »Na ja. Sie is' a Witfrau«, fuhr Frau Muckelbauer fort. »Mi' ärgert nur, weil's so tuat, als wär'n mir auf der Brennsupp'n dahergschwomma. Und weil's net amal Pfü' Gott sagt, wenn's wegfahrt und zwoa Koffer mitnimmt und erst nach vier Woch'n wieder kummt.«
    »Woher wissen Sie, daß sie erst in vier Wochen wiederkommt?« fragte Barbara.
    »Weil's alle Jahr' so ist. Immer im August. Scho' so lang's hier wohnt, die Büchseimadam. Na ja«, schränkte Frau Muckelbauer ihren Unmut wieder ein: »Wenigstens zahlt's ihr Miete pünktlich. Endlich hot's oan, den sie sich net herzeign'n traut. Wissen's was«, enthüllte sie weiter: »Da kommt die, und hat aufamal die Haar g'färbt, a ganz a ausg'schamt's Blond. So a alte Kuah.«
    »Eine Frau will eben in jedem Alter gut aussehen«, reizte Barbara.
    »Da wird ihr aber die Nas'n lang werd'n«, erwiderte die streitbare Ex-Bäuerin. »Möchten's meine Zimmer mal seh'n?«
    »Wenn wir Sie nicht aufhalten«, antwortete Henry.
    »Lieber wär's mir, wenn's in zwei Stund'n nochamal kumma taten, dann war' ich mit der Dreckarbeit fertig und trink a Schalerl Kaffee.«
    Sie verabschiedeten sich und gingen in den Gasthof zurück. Vorsichtig begannen sie weiter zu recherchieren, getrennt. Doch nach den ersten Versuchen war klar, daß sie längst alles wußten, was es über die ungeliebte Witwe zu wissen gab: Keine Post, keine Besucher, nicht einmal weibliche. Henry brauchte Lydias Zeichnungen gar nicht erst auszupacken. Kein Dorfbewohner könnte Menschen wieder erkennen, die er nie gesehen hatte. Es war offensichtlich, daß sich Hannelore Linsenbusch vom Alltag im Chiemgau weitgehend ausgeschlossen hatte. Es machte keinen Unterschied, ob sie anwesend wäre oder verreist, am Leben oder gestorben. Sie vegetierte so außerhalb der Gemeinde dahin, daß sich nicht einmal der Antrag auf Todeserklärung ihres verschollenen Mannes herumgesprochen hatte.
    »Alle Jahre Urlaub. Immer im August, jeweils angetreten mit zwei Koffern. Mit unbekanntem Ziel. Das ist der Ansatzpunkt«, sagte Henry. »Hier liegt die

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