Heißes Geld
Schleswig-Holstein. Ein vieltausendfacher Euthanasie-Mörder namens Heyde hatte sich unter dem Namen Sawade niedergelassen, als gut verdienender Gutachter. 22 Beamte bis hinein in die höchsten Regierungsämter hatten um seine wahre Identität gewußt und geschwiegen.«
»Gegen diese Beamten wurde inzwischen vorgegangen?«
»Schön wär's«, erwiderte Barbara. »Bis jetzt wurde nur der Journalist verurteilt, der den Deckel von der Büchse der Pandora gehoben hatte und dabei mit seinen Behauptungen – vielleicht – einen halben Schritt zu weit gegangen war.«
»Du machst mir richtig Mut«, sagte Henry. »Wenn ich dich richtig verstehe, dann stellen wir vielleicht Linsenbusch – und noch ein paar andere – und die Vertreter der Staatsgewalt lassen sie wieder laufen.«
»Das könnte durchaus passieren«, versetzte die Assessorin.
»Aber wie ich dich einschätze, stöberst du diese Kerle nicht auf, um sie dir wieder entgleiten zu lassen.«
»Etwas ist mir nicht klar«, wich der Mann aus New York einer Antwort aus: »Hannelore Linsenbusch hat an die neun Jahre völlig unangefochten unter dem Namen Hildebold gelebt, und niemand interessierte sich für ihren richtigen Namen. Weshalb dann diese Selbstanzeige?«
»Die beiden Mietshäuser in Berlin«, erinnerte ihn Barbara.
»Ihre Mutter stammte aus einer großbürgerlichen Familie mit ziemlich viel Geld. Hannelore Linsenbusch konnte doch nur unter ihrer richtigen Identität an das Erbe herankommen. Die beiden Mietobjekte bringen übrigens an die fünftausend Mark, brutto natürlich, aber netto bleibt ihr mehr, als sie zum Leben braucht.«
»Was weißt du eigentlich nicht?« fragte Henry. Es war eine Freude, sie anzusehen: Das deutsche Fräuleinwunder einmal anders. Zwar konnte Babs auch ihr Äußeres zeigen, aber sie brachte zu einem hübschen Gesicht und einer reizvollen Figur auch noch Verstand mit, Temperament und Engagement.
Sie saßen einander gegenüber, und die Umsitzenden hatten sie offentsichtlich bereits als Paar verkuppelt. Barbara registrierte belustigt, daß ihren Begleiter diese Bewertung so erfreute wie irritierte. Wie gerufen, erschien in diesem Moment die Blumenfrau.
»Für deine Tüchtigkeit, Babs«, sagte er und schenkte ihr Rosen.
Sie brachen den Abend vorzeitig ab; sie mußten durch das Restaurant gehen, und viele, vor allem männliche Blicke, geleiteten die beiden auf dem Weg nach oben.
»Schnarchst du, Onkel Candy?« fragte Barbara.
»Ich hoffe nicht.«
»Und wenn du es tätest, müßte ich mich wohl für eine Weile daran gewöhnen«, erwiderte sie lachend.
Sie gingen zu Bett. Barbara schlief sofort ein. Henry blieb die halbe Nacht über wach, befürchtend, er könnte tatsächlich schnarchen. Endlich schlief er ein, geräuschlos.
»Bist du schon wach?« rief am Morgen Barbara aus dem Nebenzimmer. »lass dir Zeit. Ich habe noch eine Besprechung mit einem Amerikaner, der sich inzwischen beim Document-Center in Berlin erkundigt hat.«
Gegen elf Uhr kam sie zurück. Sie stiegen in den Leihwagen und fuhren zur Autobahn München-Salzburg. »Also«, begann Barbara: »Linsenbusch ist 1932 in die Partei eingetreten. Er war Sturmbannführer der SS, aber nur ehrenhalber. Er war ein Jahr lang als Soldat im Einsatz, bevor er nach Paris kam. Das Ermittlungsverfahren eines SS-Gerichts wegen Verdachts der Schiebung wurde 1944 wegen Mangels an Beweisen eingestellt. Es liegt auch eine Beurteilung vor, die ihn als hochqualifizierten Wirtschaftsmann einstuft, dessen restloser Einsatz für die Bewegung allerdings angezweifelt wird.«
»Paßt alles zusammen«, stellte Henry fest.
Sie bogen von der Autobahn Richtung Simsee ab. Je weiter sie fuhren, desto vertrauter wurde Henry die Gegend. Als sie sich Hartmannsberg näherten, wußte er auf einmal, warum ihm der Ortsname so bekannt vorgekommen war: »Hier kenne ich mich ja bestens aus«, sagte er lachend: »1945 habe ich auf einer Insel im Langbürgner See mit meinen Männern ein angebliches Werwolf-Nest ausgehoben. Ganz fachkundig. Mit zehn oder zwölf Schlauchbooten, schlagartig von allen Seiten, unter starkem Feuerschutz vom Ufer aus.«
»Onkel Candy als Kriegsheld«, lachte Barbara.
»War aber nichts«, erinnerte sich Feller. »Wir sind nur auf den vor Angst schlotternden Lieblingsbildhauer des Führers gestoßen, diesen NS-Gips-Giganten, nebst einer Unmenge Konserven und drei Kisten Zitroneneis-Liqueur. Ich habe den Mann als Ersatzbeute mitgenommen.«
»Und mit seiner Sekretärin
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