Heißes Geld
›Lufthansa‹-Flugs nach Frankfurt eintraf.
Er ging an Bord und war mit Rückenwind auf Höhenflug.
Er landete pünktlich am Rhein-Main-Flughafen und erlebte die nächste Überraschung dieses Tages: Sigi stand am Ausgang, und er lächelte wie der Junge, der in Nachbarsgarten einen Blumenstrauß für seine Mutter zusammengestohlen hat.
»Mach dir's hier nicht zu häuslich«, empfing er den Freund und entnahm seiner Brieftasche ein Ticket nach München. »Du hast in 40 Minuten Anschluss. Entweder holt dich Barbara in Riem gleich ab, oder sie hinterlässt am ›Lufthansa‹-Schalter, wo du sie findest.« Sein Lächeln war ein Eigenlob. »Aber auch ich habe eine Nachricht für dich«, baute er die Überraschung auf.
»Ich auch«, entgegnete Henry lachend. »Ich hab' Alfred Saumweber gefunden.«
»Und ich Hannelore Linsenbusch«, schoß der Freund zurück.
Es war, als hätten sie sich mit ihren Nachrichten gegenseitig erschlagen wie die beiden Riesen mit den Baumstämmen.
»Jeder Zweifel ausgeschlossen, daß es sich um die richtige handelt«, fuhr Sigi fort. »Sie lebt seit sieben Jahren im Chiemgau, in Hartmannsberg bei Endorf. Sie hat im Januar dieses Jahres beim zuständigen Amtsgericht Rosenheim Antrag gestellt, ihren verschollenen Mann für tot zu erklären, und das zweite Aufgebot wurde vor drei Wochen im Bundesanzeiger veröffentlicht. Einer der Kollegen, die ich um Hilfe gebeten habe, hat sich glücklicherweise an den Namen erinnert.«
»Lass den Mann von mir grüßen«, antwortete Henry. »Schick ihm Blumen, Schnaps oder sonst was.« Die überraschende Nachricht hatte ihn aufgeputscht wie eine Droge. »Nun sind wir wieder bei deiner berühmten Alternative«, sagte er zu dem Freund: »Entweder ist Linsenbusch tatsächlich tot …«
»… oder seine angebliche Witwe hat bewußt eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben. Davon abgesehen, daß ihr in diesem Fall drei Jahre Haft drohen, hätten wir nun auch eine juristische Handhabe. Aber das wird dir alles der Balg auseinandersetzen. Babs war heute Nachmittag bereits in Rosenheim und hat beim zuständigen Nachlassgericht die Akten eingesehen. Sei unbesorgt, Henry«, wich er vom Thema ab: »Meine kleine Schwester ist in diesen Dingen äußerst geschickt. Du wirst sehen, sie macht keine Fehler. Sie ist voll bei der Sache und engagiert.«
»Schließlich hast du sie erzogen, Sigi«, sagt Henry.
»Sie ist in Rosenheim als Korrespondenz-Anwältin einer ungenannten US-Firma aufgetreten, die wiederum Geldforderungen an den Linsenbusch-Nachlaß für einen nichtgenannten Gläubiger vertritt.«
»Und das haben die geschluckt?«
»Die werden noch viel mehr schlucken müssen«, erwiderte der Freund grimmig.
Sie gingen an die Bar und tranken auf ihren Erfolg.
»Ich glaube jetzt selbst, daß du auf der richtigen Fährte bist«, sagte der Kriminalrat. »Nun muß ich dir eine kleine Rede halten: Als du mich aus Detroit angerufen und nach einem Assistenten gefragt hast, habe ich nicht gleich an Babs gedacht, denn das ist doch wohl harte Männerarbeit. Aber dann sagte ich mir, wenn wir diese Hannelore Linsenbusch finden, darf sie unter keinen Umständen merken, daß wir ihr auf der Spur sind. Taucht nun plötzlich ein Amerikaner in ihrer Nähe auf, oder überhaupt ein neues Gesicht, ist es verfänglich. Vergiß nicht, daß sie gewissermaßen seit Jahren konspirativ lebt und sicher auf Misstrauen gedrillt ist.«
»Alles klar, Sigi.«
»Moment noch«, fuhr der Freund fort. »Ich sehe nur eine Tarnung, die überzeugt: Du und Babs als Liebespaar.« Er grinste schadenfroh. »Ich will euch wirklich nicht verkuppeln, aber das nimmt euch an diesem Ferienort jeder ab.«
»Sicher richtig«, entgegnete Henry gedehnt. »Aber das ist doch Babs wohl nicht zuzumuten.«
»Die Frage ist«, erwiderte der Freund und lächelte breiter als sein Gesicht war, »ob es dir zuzumuten ist.«
Eine halbe Stunde später flog Henry W. Feller weiter nach München. Diesmal war er auf den Empfang gefaßt, und seine Helferin winkte schon von weitem: »Ich habe zwei Hotelzimmer für uns reservieren lassen«, sagte sie zur Begrüßung. »Morgen reisen wir in den Chiemgau weiter.«
Barbara hatte einen Leihwagen organisiert und fuhr geschickt und sicher. »Du weißt, ich habe die Akten eingesehen und mir Notizen gemacht. Eine faule Sache.«
Henry nickte.
»Also, unsere Dame hat bis vor acht Jahren unter dem Namen Hildebold gelebt, und zwar in Berg bei Dorfen. Sie hat sich den Ausweis auf
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