Heißes Geld
Lösung.«
Barbara nickte. »Ich mache noch einmal einen Besuch bei Frau Muckelbauer. Ich glaube, es ist besser, wenn ich alleine komme und mit ihr von Frau zu Frau rede. Bei ihrer Neugier ist es doch möglich, daß sie weiß, wohin ihre Büchseimadam in den Urlaub reist.«
Barbara stand behende auf, ging an ihren Wagen, fuhr los. Einer der frühen Zecher der Gartenwirtschaft hob den Kopf von seinem Maßkrug, betrachtete Henry: »Sie ham aber a' buidsaubere Braut«, sagte er, und der Amerikaner störte sich nicht mehr daran, daß er ständig verlobt wurde.
Es würde länger dauern, bis Barbara zurückkäme. Henry nutzte die Gelegenheit, um Wiesbaden anzurufen und Sigi zu informieren: »Sie ist heute um 14 Uhr nach München gefahren«, sagte der Amerikaner, ohne den Namen Linsenbusch zu erwähnen. »Mit zwei großen Koffern. Es sieht so aus, als würde sie dort auf einen Begleiter stoßen, mit dem sie – wie alle Jahre bisher – die nächsten vier Wochen verbringt. Vielleicht könnte man die Anmeldezettel der Hotels …«
»Wird sofort erledigt«, versprach Sigi: »Und lass mich immer sofort wissen, wo ich euch erreiche.«
Henry setzte sich wieder in den Garten. Babs ließ sich offensichtlich Zeit, und das war gut so, denn in einem Nest wie Hartmannsberg wäre die Neugier eine Art Volkssport, und so müßte sich die Quartiergeberin der mysteriösen Frau Linsenbusch als eine lebhaft sprudelnde Quelle erweisen.
Nach einer Stunde kam Barbara zurück. Sie näherte sich Henry lächelnd und beschwingt. Ihre Stupsnase machte ihr Gesicht keck, die Sommersprossen ließen es frisch und natürlich erscheinen. Ihr heller Blick war offen und ein wenig provokant.
»Deine Augen glänzen wie Smaragde«, empfing sie Henry:
»Hat's geklappt?«
»Seit wann betrachtest du mich so aufmerksam?«
»Seitdem du nicht mehr so viel Tschokläd isst«, antwortete er lachend.
»Also, das ist wirklich eine tolle Geschichte«, schoß Barbara los. »Da tarnt sich eine schon vor Kriegsende Untergetauchte mit Geschick und Raffinement, lebt allein, verzichtet auf Telefon im Haus, wie auf brieflichen Umgang und weiß Gott noch was alles. Dann fährt sie in Urlaub in ein entlegenes Nest am Ende der Welt, in dem es natürlich keine Geschäfte gibt. Ein Tief zieht auf, es regnet und regnet, so, als ob es nie mehr aufhören würde – und da geht diese übervorsichtige Person ans Telefon und ruft ihre Hausbesitzerin an, mit der sie kaum ein Wort spricht und bittet sie, ihr den Regenmantel und ein paar Gummistiefel nachzuschicken, und …«
»Wohin?«, unterbrach sie Henry, ungeduldig.
»Nach Dingsbach am Karwendelgebirge«, antwortete die Assessorin. »Haus Wetterstein.«
»Und wo ist das?«
»Irgendwo bei Mittenwald«, erwiderte Barbara, stand auf und ging in den Schankraum, um sich zu erkundigen; sie kam mit einer Straßenkarte zurück, beugte sich darüber: »Am besten nach München zurück und dann über die Olympiastraße in Richtung Garmisch«, stellte sie fest.
Sie fuhren sofort los, folgten ihrer heißen Spur über verstopfte Landstraßen, gerieten von einem Stau in den anderen. Hinter Weilheim gaben sie es auf und suchten sich am Dienstag abend gegen 22 Uhr ein Hotel, um am frühen Morgen weiterzureisen.
Zu dieser Zeit hatte Sabine mit dem weißen Porsche, Nareikes Danaergeschenk, die ersten tausend Kilometer bereits heruntergefahren; in knapp 24 Stunden. Sie war am späten Montag Abend nach der Übertragung ihres Diktats als letzte aus dem Verwaltungsgebäude von Müller & Sohn gegangen und hatte sich dem schnittigen Renner zögernd genähert, wie ein Hund dem dampfenden Fressnapf. Ein paar Meter vor dem Ziel war sie stehen geblieben und hatte ihren Kampf verloren, bereit, das heiße Hundefutter hinunterzuschlucken.
Seitdem genoß Sabine wie im Rausch den Geruch von Lack und Leder, das Brummen des Heckmotors, die direkte Schaltung, die präzise Lenkung. Sie wußte, wie man einen Porsche fährt. Gelegentlich hatte ihr bei Spritztouren in das Wochenende Peter Radke das Steuer seines Flitzers überlassen, dann, wenn sie auch seine Frau vertreten hatte, immer nur für kurze Zeit, denn am Montag mußte sie jeweils wieder aussteigen, aus dem Hotelbett und aus dem Sportwagen.
Natürlich war es eine von Nareikes großartigen Gemeinheiten, ihr ausgerechnet einen Porsche als Urlaubsgefährt unter das Bürofenster zu stellen. Die intime Information stammte sicher nicht mehr von dem früheren Personalchef, dem KZ-Kommandanten. Der
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