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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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geheimnisvollen Gerede über seinen plötzlichen Reichtum, das manchmal bei ihm hochkam, wenn er getrunken hatte.
    Sie ließ sich auf dem Satinsofa nieder, im Kampf gegen die Zeit. Immer wieder sah sie auf die Uhr. Aber das Telefon blieb noch immer stumm.
    Hannelore ging ins Bad, um die Haare zu ordnen. In diesem Moment klingelte es. Sie ging so schnell an den Apparat zurück, daß sie außer Atem war, als sie abhob.
    »Ich«, sagte er.
    »Wo bist du?« fragte Hannelore.
    »Leider noch in Stuttgart. Diese Leute aus Zuffenhausen finden heute kein Ende, aber ich fahre jetzt einfach weg.«
    »Wann wirst du in München sein?«
    »Das hängt davon ab, wie überfüllt die Autobahn ist. Es kann spät werden.«
    »Aber wir fahren doch noch nach Dingsbach weiter?« fragte Hannelore.
    »Wenn ich nicht zu müde bin«, schränkte er ein. »Sonst würde ich in München übernachten.« Er lachte lautlos. »Ich denke, das Apartment ist groß genug für zwei.«
    Sie war zu verwirrt, um etwas darauf zu erwidern.
    »Nun tu mir einen Gefallen, meine Liebe«, fuhr er fort. »Ich will jetzt nicht noch mehr Zeit verlieren und mich unterwegs mit Essen aufhalten. lass mir bitte einen kleinen Imbiss richten und aufs Zimmer hochschicken.«
    »Wird erledigt«, versprach sie.
    »Und wenn du schon dabei bist – ich denke, wir sollten heute unser Wiedersehen begießen. lass dir vom Getränkekellner Sekt bringen, roten, mindestens zwei, drei Flaschen.«
    »Seit wann trinkst du roten Sekt?« fragte sie.
    »Hab ich mir in letzter Zeit angewöhnt«, antwortete Nareike. Schließlich konnte er seiner Frau nicht sagen, daß bei rotem Sekt die durch Zyankali bedingte Verfärbung sowie der bittere Mandelgeschmack am wenigsten zu bemerken wären, vor allem bei der dritten Flasche: »Freust du dich?«
    »Ja, Horst«, entgegnete sie. »Und du bist mir nicht mehr böse?«
    »Lieber Gott, auch meine Nerven meutern manchmal. Aber das haben wir jetzt ja überstanden. Und ich habe eine große Überraschung für dich. Nein, ich verrate nichts. Noch nicht.« Nach einer kurzen Pause würgte er das Gespräch ab: »Also, ich denke, daß ich so gegen 20 Uhr eintreffen werde. Tschüs!«
    Er hatte aufgelegt, noch bevor seine Frau und Gegenspielerin etwas erwidern oder gar von ihrem Testament sprechen konnte. Hannelores Gesicht hatte sich mit Röte überzogen, als wäre sie geschlagen worden. Sie fragte sich in diesem Moment, ob sie sich nicht als Erpresserin gegen einen Unschuldigen gestellt hätte, der sich wie ein Gentleman benahm. Sie brauchte ihre Strafe nicht festzusetzen; sie wußte, daß sie Horst bei der ersten Gelegenheit ein Geständnis ablegen müßte, vor dem sie Angst hatte.
    Nervös stellte sie wiederum die Zeit fest: Es war 16 Uhr, und die nächsten fünf Stunden würden mit ihr machen, was sie wollten.
    Bereits am Mittwoch nachmittag waren sich Henry Feller und Barbara Geliert einig, den großen Unbekannten, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Horst Linsenbusch hieß, gefunden zu haben. Es erging ihnen wie zwei Alpinisten, die auf dem Gipfel stehend enttäuscht sind, weil der Aufstieg so harmlos verlaufen war.
    Sie hatten am frühen Vormittag Dingsbach erreicht und, ohne zu fragen, das ›Haus Wetterstein‹ gefunden, das gerade von einer Besorgerin durchgelüftet wurde: »Hier sind nicht zufällig Zimmer zu vermieten?«, rief Barbara ihr zu.
    »Na, wo denken's denn hin«, kam eine unwirsche Antwort: »Die Herrschaften kemma heit noch an. Außerdem vermiet'n die nie net.«
    Dingsbach war ein idyllischer, friedlicher und inzüchtiger Ort, in dem die Luft sauber, das Wasser klar, die Berge besteigbar und die Brotzeiten kalorienreich waren. Der Flecken, vom Fremdenverkehr noch wenig erschlossen, verfügte noch über eine paradiesische Unschuld.
    Wenige Sommerfrischler genügten schon, um ihn zu überfüllen, deshalb hüteten Kenner den Ortsnamen wie ein Geheimnis. Es gab nur den Gasthof ›Zur Post‹ und einen kleinen Kramerladen; bereits zum Kirchgang mußten die Dingsbacher ins Nachbardorf gehen, den Arzt hatten sie aus dem übernächsten Ort abzurufen und die Polizei gar aus Mittenwald zu alarmieren. Jedenfalls konnte man sich in Dingsbach so gut erholen wie verstecken.
    Die ›Post‹ war natürlich voll belegt, wie das Einzugsgebiet ringsum, aber die dicke, freundliche Wirtin hatte versprochen, bis Garmisch und Mittenwald herumzutelefonieren, um Quartiere zu besorgen. Inzwischen waren Henry und seine Helferin auf die Jagd gegangen und

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