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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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abgestoßen wurde.
    Im Hause roch es nach Sauerkraut und Kochwäsche. Die Toilette war im Stiegenhaus, ein Waschzuber ersetzte die Badewanne und der Tratsch der Hausbewohner die Tageszeitung. Davor stand der vierräderige Vorschuss auf eine Ehe mit einem Mann, den sie nicht liebte, aber vielleicht brauchte.
    Sabine blieb über Nacht bei ihrer Mutter. Am nächsten Tag fuhr sie nach Kettwig zurück, lud ihr Reisegepäck ein, jagte dann nach Düsseldorf zu ›Auto-Becker‹, um die erste Inspektion machen zu lassen. Am Abend erwartete sie Nareike in Stuttgart, und je knapper die Zeit zur Entscheidung wurde, desto mehr vergrößerte sich ihre Angst vor der Begegnung.
    Gegen Mittag war Sabine entschlossen, ihren Gönner zu versetzen und allein nach Sorrent oder Positano zu fahren. Sie hatte kein Geld mehr, aber sie besaß einen Scheck, bar und blanko ausgestellt. Als nach der Mittagspause die Schalterhallen der Banken wieder öffneten, hatte sie sich durchgerungen, ihn einzulösen. Es war natürlich einer von Nareikes miesen Tricks, ihn nicht zu begrenzen. Sie konnte so gut 500 Mark einsetzen wie 50.000. Limitiert wäre die Summe durch den Kontostand. Ginge sie mit dem in das Scheckformular einzusetzenden Betrag zu weit, erhielte sie gar nichts. Und wäre sie zu bescheiden, zu wenig.
    Sabine steigerte sich in eine Trotzreaktion. Sie wollte Nareike, diesem gerissenen Geschäftsmann vorführen, was eine Fehlinvestition war: Siebeneinhalbtausend Mark waren in dem Tresor gewesen, überlegte sie, dreieinhalb hatte sie entnommen, und so schien ihr eine praktikable Lösung, sich die restlichen viertausend Mark doch noch zu holen. Sie setzte diese Zahl in den Blankoscheck ein, betrat das Bankgebäude an der Kö, zog wieder alle männlichen Blicke auf sich, und ließ ihre Bewunderer rätseln, ob sie die Tochter eines Industriellen oder eine Zunftgenossin der Nitribit sei.
    Sabine stellte sich an den Schalter, übergab den Scheck, darauf wartend, als Defraudantin entlarvt zu werden. Es dauerte nicht lange. Der Kassierer blätterte mit Gleichgültigkeit, die der ständige Umfang mit Geld verschafft, vier Bündel mit je zehn Hundert-Mark-Scheinen hin. Sabine verstaute die Banknoten sorgfältig in ihrer Handtasche und wunderte sich zunächst, wie leicht es gegangen war und später, wie schwer es ihr doch fiele, sich gegenüber dem Mann, der sie einkaufen wollte wie einen Gebrauchsartikel, unanständig zu benehmen.
    Der Tag vor dem Wiedersehen mit Horst hatte für Hannelore seit vielen langen Jahren sein ganz bestimmtes Rituell. Gerade in den letzten Stunden vor dem alljährlichen Rendezvous fand sie Hartmannsberg unerträglich. Wie beim Langstreckenlauf ist auch beim Alleinsein die letzte Meile die längste, deshalb war die falsche Witwe immer zu früh nach München gefahren, um sich die Wartezeit abzukürzen und dabei die Gelegenheit zu nutzen, ihre Garderobe zu ergänzen, Kreationen erwerbend, die an den jungen Verkäuferinnen so schick aussahen und an ihr herumhingen, als hätte sie sich Fetzen aus einem Kleiderverleih ausgeborgt. Es war ihre eigene Beobachtung und sie setzte darauf, daß sie ebenso falsch sein könne wie der Verdacht, in den sie sich gegen ihren Mann hineingesteigert hatte.
    Hannelore brachte jeweils den letzten Juli-Mittwoch in ihrem Turnushotel zu und wartete am späten Nachmittag Horsts Anruf ab. Er war dann meistens schon in München und dabei, sich bei einem Autoverleih einen Wagen zu besorgen. Dann fuhr er etwas abseits vom Hoteleingang vor, Hannelore stieg zu, und gemeinsam reisten sie nach Dingsbach, um ein Jahr Leben auf vier Wochen zu komprimieren.
    Auch diesesmal wäre es so, mit der Abweichung, daß sie im ›Regina‹ auf seinen Anruf warten würde, das mindestens zwei Klassen höher und teurer war, als ihre üblichen Herbergen. Inzwischen hatte Hannelore sogar eine Reservierungsbestätigung von dem Luxushotel erhalten, sicher auf Veranlassung Horsts, was natürlich ein Verstoß gegen seine eigene Sicherheitsdoktrin war. Er hatte wohl bemerkt, wie erregt sie bei ihrem Anruf in Kettwig gewesen war und befürchtet, sie könne die geänderte Verabredung vergessen haben.
    Am Dienstag nachmittag gegen 16 Uhr war sie mit dem Taxi im Hotel ›Blaues Haus‹ vorgefahren, das eigentlich an der Reihe gewesen wäre. Sie wurde vom Portier freundlich begrüßt: »Sie können Ihr altes Zimmer wieder haben, gnä' Frau«, sagte er. »Wie lange bleiben Sie diesmal?«
    »Nur eine Nacht«, antwortete sie.
    Hannelore

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