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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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übergezogen hatte: »Wirst du eitel auf deine alten Tage?« fragte er lachend.
    »Immerhin bin ich neun Jahre jünger als du«, erwiderte sie unsicher.
    »Es ist noch ungewohnt, aber ich denke, es steht dir recht gut.« Er lief im Raum umher, als ergriffe er von ihm Besitz: »Du hättest dein Haar schon früher färben lassen sollen. Alles tun wir zu spät«, klagte er, ging an den Kühlschrank, fand die Platte mit den Sandwiches und den roten Sekt. »Entschuldige«, sagte er, »aber ich bin hungrig wie ein Schauspieler.« Er öffnete die Flasche, füllte zwei Gläser: »Und durstig.« Er hatte keinen Appetit, aber er verschlang die Happen mit gespielter Gier, hob das Glas: »Auf uns«, prostete er Hannelore zu.
    Sie kam zögernd nach, wartete darauf, daß er wegen des Telefonzwischenfalls über sie herfiele. Ihre Tasche mit der Fotokopie hatte sie neben sich liegen wie eine Keule, um ihn abzuwehren. Hannelore entschloß sich, ihm ihre Intrige erst nach Tisch zu offenbaren, um ihm den Appetit nicht zu verderben.
    Es war wie vom ersten Tag an mit Horst; wenn sie mit ihm zusammen war, wurde er übermächtig, und alle Zweifel und Verdächtigungen lösten sich auf. Stets hatte sich Hannelore in seinem Beisein aufgerichtet wie eine welke Blume nach Regen und Sonnenschein. Die Einsamkeit hatte ihr Schatten vorgegaukelt, die es nicht gab.
    »Wann fahren wir nach Dingsbach weiter?« fragte sie kleinlaut.
    »Dingsbach«, erwiderte er mit vollem Mund. »Immer Dingsbach.« Er schluckte die Bissen hinunter. »Warum nicht Capri oder die Costa del Sol? Die französische Riviera oder das schottische Hochland?« Er redete sich in Zorn: »Warum nicht Kairo, Rio oder Acapulco? Warum nicht die Karibik oder gleich die Südsee?«
    »Seit wann so unternehmungslustig?« fragte Hannelore.
    »Seitdem ich es satt habe, ein Gefängnis mit dem anderen zu vertauschen.«
    »Aber Dingsbach ist doch kein Gefängnis«, entgegnete sie leise.
    »Für mich schon – in gewisser Hinsicht.« Er sah ihre Betroffenheit und setzte hinzu: »Entschuldige, die lange Konferenz, und – ich bin's einfach leid, mich immer verstecken zu müssen.«
    »Aber es geht doch nicht anders«, entgegnete sie. »Früher hast du doch immer darauf bestanden, daß wir uns höchstens in entlegenen Dörfern sehen lassen und niemals die Grenze überschreiten«, erinnerte ihn Hannelore.
    »Vergiß es!« versetzte er. »Die sieben mageren Jahre sind vorbei.«
    »Nicht sieben«, verbesserte ihn seine Papierwitwe: »Siebzehn.« Sie fragte sich auf einmal, ob sie nicht zu alt für ihn geworden sei. »Gelten die alten Vorsichtsregeln nicht mehr?« fragte sie dann unvermittelt.
    »Je größer das Hotel ist, desto weniger fällt man auf«, antwortete Horst grinsend, da er diesmal nicht einmal log. »Ich habe auch lange gebraucht, bis ich auf den Trichter gekommen bin.«
    »Ist das dein ganzes Gepäck?« fragte Hannelore und deutete auf die Aktentasche.
    »Meine Koffer stehen noch am Bahnhof.«
    »Wieso am Bahnhof?« erwiderte sie verwundert.
    »Ich bin diesmal mit dem Zug gereist.«
    »Und wie kommen wir nach Dingsbach?«
    »Morgen ist auch noch ein Tag«, entgegnete Nareike lässig, zündete sich eine Zigarette an und blies blasiert den Rauch aus. Er zog seine Jacke aus, band sich den Knoten der Krawatte locker, flegelte sich in einen Polsterstuhl und streckte seine Beine lang. »Ich erkläre dir schon noch alles«, setzte er gönnerhaft hinzu. »lass mir nur Zeit, altes Mädchen.«
    Er füllte die Gläser nach, drückte seiner Frau und Witwe eine Schale in die Hand – wie ein paar Tage zuvor Sabine – aber an seine Zukunftsgespielin durfte er jetzt nicht denken, wenn er hier bei der Sache bleiben wollte.
    »Auf unsere Zukunft!« sagte er.
    Hannelore blieb stumm, aber sie trank tapfer mit. Er wußte, daß sie alkoholische Getränke außer Sekt und Cointreau mied. Wenn man sie erst einmal zur ersten Flasche überredet hatte, ging es erfahrungsgemäß von selbst, sie tränke dann weiter, würde beschwipst – bis sie einschliefe. Für immer.
    »Wie lange willst du in München bleiben?« fragte Hannelore.
    »Na, vielleicht bis morgen …«
    »Und dann?«
    »Reisen wir weiter.«
    »Wohin?«
    »Deine Wahl«, antwortete er betont leicht. »Du bist der Captain, Hannelore.«
    »Das gilt in jedem Fall?« machte sie die Probe aufs Exempel. »Auch wenn ich mich – trotz deiner Abneigung – für Dingsbach entscheiden würde?«
    »Auch dann«, versprach er gönnerhaft. »Aber das wäre

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