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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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dann zum letzten Mal. Denn spätestens im Herbst verlassen wir das Vaterland. Ich möchte, daß wir beide nun endlich auf einmal nachholen, was wir versäumt haben.«
    »Nichts dagegen«, erwiderte sie.
    »Ich habe alle Vorbereitungen getroffen«, sagte er. »Hättest du mir noch eine Woche Zeit gelassen, dann wäre ich bereits als ein völlig freier Mann zu dir gekommen.«
    »Kannst du mir das erklären?« fragte Hannelore.
    »Ja«, antwortete er, »und du weißt, ich rede nur über Dinge, die zwei stramme Beine haben: Ich scheide bei Müller & Sohn im beiderseitigen Einvernehmen vorzeitig aus und erhalte eine hohe Kapitalabfindung in Form einer Beteiligung. Sie ermöglicht mir, in jedem Land der Erde sorgenfrei und ungestört zu leben – zumal ich ja unter meinem richtigen Namen so gut wie tot bin, demnächst sogar durch Gerichtsbeschluss.«
    Was er sagte, klang überzeugend, aber Hannelore war noch nicht ganz überzeugt. »Schön und gut«, entgegnete sie, »aber warum sollten wir deswegen den Urlaub verschieben?«
    Er blieb geduldig: »Schäfchen«, sagte er, »benutz doch deinen Verstand: Erst mußte ich den alten Müller überzeugen, dann ist ein neuer Gesellschaftsvertrag abzuschließen, und zwar notariell. Schließlich ist zu erwägen, ob ich nicht pro forma noch in einen Beratervertrag einsteige, aus steuerlichen Gründen. All das ist erst in der letzten Woche so richtig spruchreif geworden und läßt sich nicht von heute auf morgen durchziehen. Und da bist du mir mit deinem Anruf in den Rücken gefallen. Kein Vorwurf«, sagte er hastig: »Es war genauso mein Fehler. Ich hätte dir das schreiben sollen, und dann hättest du sicher Verständnis für mich aufgebracht.«
    Hannelore nickte. Sie dachte nicht an seinen Fehler, sondern an ihren, den sie ihm immer noch nicht gestanden hatte.
    »Aber heute machen wir hier eine tolle Fete«, wechselte er das Thema und hob wieder das Glas: »Wir werden dieses sündteure Apartment doch nicht umsonst bezahlen.«
    »Du bist ein Verschwender«, erwiderte sie. »Hast du denn auf einmal soviel Geld?«
    »Mehr als du ahnst«, entgegnete er. »Ich habe nicht geschlafen in den letzten Jahren.« Seine Stimme wurde ein wenig schärfer: »Auch nicht mit Blondinen übrigens, meine Teuerste. Ich habe hart gearbeitet und erfolgreich.« Er hob wieder das Glas und animierte sie: »Das ist die Stunde der Freiheit.«
    Es klang einleuchtend, und sein Überschwang war verständlich. Hannelore spürte, daß ihre Gefühle wieder zu ihm überliefen, aber vielleicht war es auch schon der ungewohnte Sekt. Bevor er noch mehr wirkte, mußte sie es hinter sich bringen.
    Nareike lachte unvermittelt.
    »Was hast du?« fragte sie.
    »Es kommt wohl nicht alle Tage vor«, erwiderte er heiter, »daß man seine eigene Witwe heiratet – jedenfalls wirst du dich unter meiner Anleitung aus einer Witwe wieder in eine Frau zurückverwandeln.«
    Die erste Flasche war geleert. Horst öffnete die nächste. Obwohl er den Sekt nicht für sich bestellt hatte, trank er tüchtig, wenn auch kontrolliert mit, Hannelore folgte ihm willig dabei, weniger aus Genuss, als ihm einen Gefallen zu tun. Sie sah Horst immer wieder von der Seite an, mehr verliebt, als mißtrauisch. Ihr Gesicht war gerötet, ihre Augen glänzten schon leicht. Sie hatte immer darauf gewartet, daß er aus den tollen Jahren herauskäme – wie viele andere Männer auch – und daß sie dann ein ruhiges Leben an seiner Seite finden könnte. Nunmehr stellte sie beglückt fest, daß ihr in seinen zahmen Jahren ein aufregendes winkte.
    Auch Nareike sagte sich, daß Hannelore gar nicht so übel wäre und er ihr kein Haar krümmen würde, wenn er es nicht müßte. Wenn er sie schon auslöschte, sollte sie wenigstens einen sanften Tod haben. Er spürte, daß es ihm doch näher ginge, als er angenommen hatte. Sonst war er ein abgehärteter Bursche. Die Dinge, die in einer vergilbten Anklageschrift angeführt worden waren, hatten ihm nicht die Haut geritzt. Subjektiv gesehen – und das war seiner Meinung nach sein Recht – hatte ihm eigentlich ein Justizirrtum gedroht. Das mit den Juden war eine höhere Gewalt, vollstreckt ohne Zutun von ihm. Und so betrachtet, hatte er 20 oder 30 oder noch mehr von ihnen sogar das Leben gerettet, wenn auch mit Spesen, und einige, die gestorben waren, um die Lösegeldprozedur bei den anderen voranzutreiben, hatten wenigstens noch eine barmherzige Abkürzung ihrer Leiden erfahren. Bliebe unter dem Strich nur, daß ihr

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