Heißes Geld
Geld von ihm kassiert worden war – das meiste ins Töpfchen – eine kleine Portion ins Kröpfchen – aber Geld, unanständig viel Geld – wie dieser Greenstone zum Beispiel – hatten sie schließlich gehabt.
»Woran denkst du?« fragte Hannelore.
»Daß wir bald alles überstanden haben«, antwortete er.
»Du hast dich verändert.«
»Du auch«, bestätigte er und zwang sich, mit steifen Fingern über ihr geborgtes Blond zu streichen.
Hannelore schmiegte sich an ihn, obwohl sie auf einmal eine Gänsehaut hatte.
»Ich dachte, daß du mich schon wieder …«
»Was dachtest du?« fragte Horst und sah auf die Uhr. Er stellte fest, daß er schon in ein paar Stunden – befreit von allen Sorgen – in Stuttgart sein könnte.
Er griff nach dem Radio, drehte am Knopf. Eine weiche Melodie strömte in den Raum, lockend, zärtlich.
»… daß du mich schon wieder betrügen würdest«, sagte Hannelore und sah auf den Teppich.
»Unsinn«, entgegnete er. »Gewiß, ich habe dir einiges angetan im Leben …« Er trank, verschluckte sich, »aber erstens bin ich aus den schlimmen Jahren heraus, und dann weiß ich doch, was du alles für mich tust und getan hast.«
»So?« fragte sie mit einem verstörten Lächeln.
»Wie lange haben wir eigentlich schon nicht mehr miteinander getanzt?« fragte Horst.
»Soll das eine Aufforderung sein?«
»Wenn du möchtest –«
»Ich will«, antwortete Hannelore mit fester Stimme. »Ich will, daß du mit mir tanzt!«
»Dann darf ich bitten, gnä' Frau«, erwiderte Horst und verneigte sich vor ihr.
Auf einmal hatte er seinen alten Charme wieder, der alle Ausgeburten einer quälerischen Fantasie hinwegfegte. Im nächsten Moment dachte Hannelore an das Testament und wurde steif in seinen Armen.
»Was hast du?« fragte er.
»Du haderst also nicht mit mir – wegen des dummen Anrufs?«
»Ich wollte es«, erwiderte Horst. »Es war natürlich eine Dummheit ohnegleichen, aber ich verstehe, daß …«
»Was verstehst du?«
»Daß diese Einsamkeit für dich schrecklich sein muß – und daß man da schon einmal durchdrehen kann.«
Hannelore nickte und überlegte: Er mußte wissen, was ihm drohte, wenn er ihr etwas antäte. Aber jetzt schien es ihr unnötig, denn sie empfand keine Angst mehr vor Horst, wohl aber vor dem Geständnis, ihn für ihren möglichen Mörder gehalten zu haben.
Die Musik war zu Ende. Er drehte am Knopf. Ein wilder Twist.
»Wollen wir?« fragte er. Er sah, daß er sie nicht mehr zu animieren brauchte. Sie griff selbst nach dem Glas, das er sofort wieder voll goss.
»Danke, Horst, dazu sind wir wohl zu alt.«
»Unsinn«, protestierte er und ging wieder an den Kühlschrank und holte die dritte Flasche.
»Ich bin schon beschwipst«, gestand Hannelore.
»Man muß die Feste feiern, wie sie fallen.«
»lass die Flasche lieber zu, du weißt doch, wie wenig ich vertrage.«
»Es ist sowieso die letzte«, beruhigte sie Horst. »Und sei nicht so egoistisch – ich habe auch Durst, und ich trinke auch nicht alle Tage Sekt.« Er sah, daß ihm Hannelore etwas sagen wollte … Jetzt käme die alte Leier: wie sehr sie an ihm hinge, was er ihr bedeute, daß sie nicht ohne ihn leben könnte, daß sie ihm nie verzeihen würde, wenn er sie – trotz ihrer Opfer – mit einer anderen betrügen würde.
»Los!« forderte sie Horst auf. »Sag's schon, bevor du daran erstickst.«
Hannelore kämpfte mit sich. Sie hatte Charakter, sie kam sich wie eine Aussätzige vor, solange sie Horst ihre Dummheit nicht gestanden hätte. Heute war er anders als sonst, gelockert, gelöst. Vielleicht würde er auch für ihre Verzweiflung nach seiner Absage Verständnis haben.
»Ich habe etwas sehr Dummes gemacht«, begann sie.
»Vergiß es.«
»Es war abscheulich«, fuhr Hannelore fort. »Ich verstehe mich selbst nicht mehr.« Die Beschwingtheit fiel von ihr ab. »Aber du sollst es wissen«, setzte sie hinzu. »Und wenn du wirklich an mir hängst, wirst du mir auch …«
»Von was sprichst du eigentlich?« fragte Horst.
»Davon«, antwortete Hannelore abrupt und stand auf, entnahm ihrer Handtasche eine Fotokopie, reichte sie mit spitzen Fingern ihrem Mann und ging in das Bad, um blicklos ihre Haare zu ordnen: sie wollte nicht dabei sein, wenn Horst las, wie satanisch sie sich benommen hatte.
Er holte die Giftampulle sorasch aus der Tasche, daß sie zu Boden fiel, bückte sich, hob sie auf, öffnete mit einem Taschenmesser, dessen Klinge silbrig zitterte, den
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