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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Hannelore Linsenbusch in eine faule Sache verstrickt war.
    »Wissen Sie, welche Behörden-Sache in Rosenheim mit Frau Linsenbusch zu tun haben könnte?« fragte Vollmer unvermittelt.
    »Sie hat dort beim Nachlassgericht Antrag gestellt, ihren Mann für tot zu erklären«, entgegnete die Assessorin. »Mit der Entscheidung ist in fünf Wochen zu rechnen. Einwände haben sich bis jetzt nicht ergeben.«
    »Das können Sie nunmehr verhindern«, erwiderte er: »Es gibt keinen Zweifel mehr, daß der Mann noch lebt und in ständigem Kontakt mit seiner Frau steht.«
    »Keinen Zweifel mehr – ist wohl übertrieben –«
    »Nicht mehr«, erklärte der ehemalige Kriminalinspektor. »Ein Mann hat heute zweimal angerufen, und dabei hat sich die Linsenbusch einmal versprochen und ihn Horst genannt, statt Werner.«
    »Sie verstehen wirklich, Ihre Geschichten spannend zu erzählen«, erwiderte Barbara voller Anerkennung.
    »Angeblich erfolgen die Anrufe von Essen aus, vermutlich von einer Telefonzelle. Alle Gespräche hören sich an, als wollte Werner, der in Wirklichkeit Horst heißt, seine Frau kurzfristig beschwichtigen, um sich einen Vorsprung zu verschaffen.«
    »Alles klar«, antwortete Barbara: »Linsenbusch will an das Geld, er fährt in die Schweiz und danach über alle Berge.«
    »Und woher wissen Sie, daß die Beute in der Schweiz ist?« fragte Vollmer.
    »Eine Vermutung«, erklärte die Assessorin, »aber eine begründete: Der DEWAKO-Menschenhandel wurde damals über die Schweiz abgewickelt. Wenn der dafür Verantwortliche für sich selbst Geld auf die Seite gebracht hat, dann war er sicher klug genug gewesen, die Devisen nicht in das von Luftangriffen, Zusammenbruch und Besatzung bedrohte Deutschland zu schaffen …«
    »Deswegen ist also Mr. Feller nach Zürich geflogen?«
    »Ja«, antwortete Barbara. »Und es würde mich nicht wundern, wenn er ausnahmsweise einmal Linsenbusch zuvorgekommen wäre, statt hinter ihm herzujagen.« Sie betrachtete Vollmer. »Was geschieht denn, wenn der Mann zum Beispiel gerade jetzt seine falsche Witwe anläuten würde?«
    »Wenn es unter uns bleibt«, entgegnete er mit einem knappen Lächeln: »Ich habe inzwischen ein Tonbandgerät installiert und lasse alle Gespräche, die mit Apartment 111 geführt werden, mitschneiden.«
    Sie standen auf und gingen nach unten. Barbara wählte einen Platz, von dem aus sie Halle und Hotelausgang gleichzeitig übersehen konnte, und Martin Vollmer hielt sich in der Nähe auf, ohne sie auch nur ein einziges Mal zu beachten.
    Dann sah die Juristin zum ersten Mal die 50jährige in ihrem schlechtsitzenden Kostüm, mit ihrer unvorteilhaften Frisur, die durch ein zu helles Blond auch noch betont wurde. Sie betrachtete das knochige Gesicht mit den Spuren der Einsamkeit, die alten Augen, und Barbara spürte, wie die Aversion gegen Linsenbuschs angebliche Witwe zu Mitleid wurde.
    Die Katastrophe an der schweizerischen Grenze in Konstanz war ausgeblieben. Sabine hatte während der heillosen Verwirrung Nareikes dem Handschuhfach die Wagenpapiere entnommen und die grüne Versicherungskarte gefunden und vorgezeigt. Ein misstrauischer Zollbeamter durchsuchte pedantisch den Kofferraum; er stieß weder auf Rauschgift noch Schnaps, noch anderes Schmuggelgut.
    »Lauter neue Sachen«, monierte er – schon auf dem Rückzug – Sabines Reisegepäck und ließ das ungleiche Paar zögernd ziehen.
    In seiner Erleichterung erwarb Nareike am Kiosk wahllos Zigaretten, Birnenschnaps, Konfekt und Schokolade und warf Sabine seine Einkäufe wie Geldmünzen zu. Er fuhr sich mit dem Taschentuch über die Stirn und setzte sich ans Steuer.
    »Lass lieber mich fahren. Ich fürchte, du bist reif für ein Sanatorium. Kreislaufbeschwerden?« fragte Sabine.
    »Nicht die Spur«, antwortete Nareike. »Ich sagte dir doch schon, daß ich etwas Verdorbenes gegessen haben muß.«
    »Wenn dir nicht gut ist, fahren wir nicht weiter. Wir haben doch Zeit.«
    »Hast du 'ne Ahnung, wie wohl ich mich wieder fühle«, versetzte Nareike. »Mit dir zu reisen, ist doch die reinste Wunderkur.«
    Sabine schwieg, als der Mann unentwegt auf sie einredete, aufgezogen wie ein Uhrwerk. Der Alptraum der Jahre lag hinter ihm. Wie einfach der Grenzübertritt gewesen war, wie lächerlich, trotz der Aufregung um die grüne Versicherungskarte, die man demnächst ohnedies nicht mehr benötigen würde. Kein Mensch interessierte sich für Horst Linsenbusch; Linsenbusch war tot, mochte sich auch seine Witwe noch so sehr

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