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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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dagegen auflehnen.
    Wäre er kein Feigling gewesen, hätte er längst aus allem heraus sein können. Wer fragt schon heute noch danach, woher plötzlicher Reichtum stammte? Was das Geld anbelangte, galt noch immer die Devise des römischen Kaisers Tiberius: ›Non olet‹ – es riecht nicht. Und sagte man nicht voll neidischer Anerkennung über den Herrn Sowieso, er ›stinke vor Geld‹?
    Wer schaut schon noch an der Grenze in die Pässe? Wer wühlt noch im alten Dreck herum? Alles hat sich gegeben – bis auf die etwa dreihundert, die von den Amerikanern unmittelbar nach dem Krieg in Landsberg gehängt worden waren. Viele frühere Zellengenossen waren längst wieder untergekommen, hatten Spitzenstellungen, keiner kümmerte sich heute noch um das Gestern, und Nareike überlegte belustigt, warum ausgerechnet er für eine Vergangenheit büßen sollte, die längst vergeben oder wenigstens vergessen war.
    Erst jetzt fiel ihm Sabines beredtes Schweigen auf: »Was hast du?«, fragte er.
    »Wir sollten endlich einmal vernünftig miteinander sprechen«, erwiderte sie: »Ich weiß gar nicht, warum ich manchmal so unfreundlich zu dir bin. Sicher kommt es daher, daß ich nicht mehr über dich weiß, als daß du der große Macher bei Müller & Sohn bist, viel Geld verdienst und wenig ausgibst, was sich allerdings in letzter Zeit beträchtlich geändert hat.«
    »Die dramatische Wendung«, spöttelte Nareike.
    »Wer bist du? Wer warst du? Warum hast du keine Freunde? Keine Verwandten?«
    »Alle umgekommen im Krieg«, antwortete er.
    »Und was hast du gemacht – im Krieg?« suchte sie das Dunkel, das ihn umgab, zu lichten.
    »Ich war in der Verwaltung tätig«, wich Nareike aus.
    »Also kein Soldat?«
    »Meinst du, ich hätte für diese Nazis meine Haut zu Markte getragen?« entgegnete er mit kleinen Augen.
    »Und du warst nie verheiratet?« fragte Sabine.
    »Zweimal verlobt«, erwiderte er. »Ist in die Binsen gegangen. Ich habe mich für dich aufgespart …«
    »Kaum zu glauben.«
    »Junggeselle. Naturgewachsen. Deutsche Eiche«, alberte er wieder. »Und du bist die Axt, die sie fällen wird.«
    Er hatte seine alte Selbstsicherheit gefunden. Wieder einmal spürte Sabine, daß mit dem Mann an ihrer Seite etwas nicht in Ordnung war. Wieder fürchtete sie, daß ihr das Abenteuer dieser Reise über den Kopf wachsen könnte und gestand sich widerwillig ein, daß sie sich einfach treiben ließe. Obwohl sie froh wäre, bald am Tagesziel Zürich zu sein, begann sie bereits jetzt, die Intimität des Hotelzimmers zu fürchten.
    »Wo wohnen wir eigentlich in Zürich?«
    »Im ersten Haus am Ort«, erwiderte Nareike großspurig: »Im ›Baur au lac‹.«
    »Kennst du Zürich?«
    »Ja«, antwortete er einsilbig. »Von früher.«
    »Ich denke, du machst keine Auslandsreisen?«
    »Wer sagt denn das?« entgegnete Nareike. »Nicht für Müller & Sohn natürlich«, erklärte er dann. »Da überlasse ich es anderen, die Klinken zu putzen. Aber früher bin ich viel in der Welt herumgekommen.« Als hätte er schon zuviel gesagt, änderte er das Thema: »Ich habe im Hotel zwei Zimmer für uns bestellt, damit du dich nach der langen Fahrt richtig ausruhen kannst.«
    »Danke«, erwiderte Sabine.
    »Du sollst von Anfang an nicht das Gefühl haben«, fuhr Nareike fort, »daß ich etwas erzwingen will. Es soll deine freie Entscheidung sein. Ich bitte dich nur darum, daß ich dich bis dahin …«, er lächelte gespielt-melancholisch, »umwerben darf, wie es sich gehört.«
    »Bitte«, entgegnete Sabine, überrascht von seinen Worten, obwohl sie sein Einfühlungsvermögen kannte und mochte. Kurz vor 23 Uhr erreichten sie den Stadtrand von Zürich. Nareike war über 18 Jahre lang nicht mehr an der Limmat gewesen, doch er fand sich auf Anhieb zurecht. Sie erreichten das Hotel so rechtzeitig, daß sie trotz der hier strengen und reichlich frühen Polizeistunde noch ein paar Drinks nehmen konnten.
    Sie saßen in der Bar, umspült von leiser Musik, aufmerksam bedient von einem gewandten Keeper.
    »Das Hotel ist wunderschön«, sagte Sabine. »Ich mag die Patina dieser Luxus-Burgen. Wie lange bleiben wir?«
    »Ich habe morgen in aller Frühe einige Besprechungen«, entgegnete Nareike.
    »Und dann?«
    »– hätte ich einen speziellen Vorschlag für dich: Wir machen einen Abstecher nach Rio – Rio de Janeiro –«, er lächelte genüßlich: »Am Zuckerhut, am Zuckerhut, da geht's den Senoritas gut«, alberte er. »Wir baden am Strand von Copacabana«,

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