Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
sich gemeldet haben. Wiederhören!“
Sie legte
auf.
Plötzlich
hatte sie keine Lust mehr, mit dem Mann zu reden. Wozu auch? Der Mann hatte
sein Fett weg. Sollte er denken, was er wollte über ihre unvermittelte Art, das
Gespräch zu beenden.
Noch
während sie ihrem Siggi berichtete, klingelte es abermals.
„Das ist an
der Tür.“
Herrn
öffnete.
Claudia
hörte, wie er einen Freudenschrei ausstieß.
„Norbert!“
rief er. „Du? Komm rein!“
Um Himmels
willen! dachte sie. Doch nicht etwa Norbert Prönk, dieser Ganove!
Er war’s.
Er und Herrn kannten sich seit Kindesbeinen an. Die Freundschaft hatte die
Jahre überdauert. Und Herrn nahm es einfach nicht zur Kenntnis, daß Prönk
Diebstahl, Einbruch, sogar Raub zu seinem Broterwerb gemacht hatte.
Auf fünf
Vorstrafen konnte er zurückblicken. Claudia haßte ihn.
Aber sie
ließ sich nichts anmerken. Weil ihr Siggi sauer reagierte, wenn sie Prönk die
kalte Schulter zeigte.
Er war ein
großer, hagerer Typ mit blauen Bartschatten und wieselflinken Augen. Seine
Stimme näselte.
Als Claudia
von ihm umarmt wurde, stellte sie fest, daß er nach Gefängnis roch. Logisch! Er
hatte längere Zeit gesessen. Ungefähr 18 Monate war er im Knast gewesen.
Er mußte
Platz nehmen. Herrn nötigte ihm gleich ein Glas Sekt auf.
„Als erstes
komme ich bei euch vorbei“, näselte Prönk. „Ist doch klar. Euch geht’s gut, wie
ich sehe. Fein! Ich muß jetzt mal gleich mit der Tür ins Haus fallen, weil ich
wenig Zeit habe und nachher noch verabredet bin. Die Sache ist die, Freunde:
Ich habe einen Coup an der Hand. Den tollsten überhaupt. Nichts Ungesetzliches,
sonst würde ich euch nicht zum Mitmachen auffordern. Absolut legal und
lupenrein ist die Sache. Allerdings lasse ich die Katze jetzt noch nicht aus
dem Sack, sondern erst, wenn ich die entscheidende Information in der Hand
habe. Dafür habt ihr Verständnis? Aber dann... Also, ihr müßt mitmachen. Ganz
einfach, weil ich euch brauche. Beteiligt seid ihr mit einer halben Million.“
Siggi
zischte durch die Zähne.
Claudia
hielt den Atem an.
Wieder ein
Geschenk der Glücksgöttin? überlegte sie. Nein. So was bringt Prönk nicht. Der
ist und bleibt der letzte Dreck.
„Ich glaube
nicht“, sagte sie, „daß wir interessiert sind.“
Siggi
drehte ihr das Gesicht zu.
Sein
gesundes Auge blickte so kalt wie sein Glasauge.
Er stand
auf.
„Entschuldige
uns einen Moment, Norbert! Ich muß das mit Claudia unter vier Augen
besprechen.“
Sie folgte
ihm in die Küche.
„Ich weiß,
wie du über Norbert denkst“, sagte er, nachdem er die Tür geschlossen hatte.
„Sicher — er kennt keine Gewissensbisse. Aber er hat Format — bei allem, was er
macht. Und bitte, bedenke unsere Situation. Mir bleiben zehn Tage bis zur
nächsten Kassenprüfung. Vielleicht entpuppt sich Roderichs Schatz als
Wunschtraum, als Luftblase. Vielleicht finden wir ihn nie. Wenn uns Norbert 500
000 anbietet, dann meint er genau eine halbe Million. Das würde mich retten,
und wir hätten noch lange was zu knabbern.“
Sie
seufzte. „Also gut! Hast ja recht. Aber ich mache nur unter der Bedingung mit,
daß es kein Verbrechen ist. Nur dann! Kein Verbrechen? Ph! Kennst du ein
ehrliches Geschäft, das im Handumdrehen soviel Gewinn bringt.“
„Ich nicht.
Aber Norbert. Er redet kein Blech. Er steht mit beiden Füßen fest auf dem Boden
der Tatsachen.“
Sie gingen
in den Wohnraum zurück.
Siggi
erklärte, sie seien einverstanden.
Gemeinsam
tranken sie noch ein Glas. Dann beendete Prönk seinen kurzen Besuch.
14. Der Berufsverbrecher
Er war mit
niemandem verabredet.
Nachdem er
die Herms verlassen hatte, ging Prönk nur drei Straßen weiter, betrat eine
Kneipe und setzte sich — abseits der anderen Gäste — an einen Tisch.
Er
bestellte Kaffee und Cognac. Er mußte allein sein, noch einmal nachdenken über
alles.
Achtzehn
Monate Gefängnis lagen hinter ihm.
Verschiedene
Straftaten hatten sich dazu addiert: Betrug, Einbruch, Fahren ohne
Führerschein.
Aber des
Einbruchs und Überfalls auf diesen Baumgart hatte man ihn nie verdächtigt.
Ziemlich
genau vor zweieinhalb Jahren war das gewesen: in dem alten Haus am Silbersee,
wo er den Alten überfallen, hinterrücks niedergeschlagen und beraubt hatte.
Nun, der war inzwischen gestorben. Aber darum ging es nicht.
Prönk zog
eine Zeitungsseite aus der Rocktasche. Es war eine Seite der heutigen Zeitung.
Fünfspaltig
und lang war der Artikel über die Ziegenhaut-Bibel und das
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