Heißes Pflaster Sachsen ROTE LATERNE Band 6 (Liebesroman Rote Laterne) (German Edition)
Beschimpfung sagte er lächelnd. »Das geht natürlich jetzt nimmer. Ich hab eine Möglichkeit gefunden, alles markieren zu lassen, was eingekauft wird. Und wenn ich eine einzige Flasche finde, die keine Markierung hat, ist es eine schwarze Flasche. Die hau ich dir über deinem Gschwollschädel zusammen. Hast mich?«
Sie blickte ihn völlig erschüttert an. Er hatte recht. Sie hatte jede nur denkbare Möglichkeit genutzt, ihn bei den Abrechnungen über die Ohren zu hauen. Und damit sollte es nun vorbei sein? Sie kam sich vor, als habe er ihr ein Korselett verpasst, in dem sie kaum richtig atmen konnte.
»Soviel Misstrauen hab ich nicht verdient!«, rief sie heulend.
»Spiel net die Greinende«, sagte Bobby im Trösterton. »Die Elektronik macht alles leichter. Bloß den Beschiss macht sie schwerer.«
Was blieb ihr andres übrig, als seine Maßnahmen zu akzeptieren? Aber in ihrem Hinterkopf hegte sie einen neuen Plan. Sie würde das Haus Nummer 10 kaufen und es illegal an Mädchen vermieten. Davon musste er ja nichts wissen. Einen Strohmann oder etwas Ähnliches würde sie sich suchen und ein Geschäft beginnen, von dem er nichts wusste.
Gleich am Nachmittag ging sie hinüber zu dem alten Herrn Jakobs, mit dem sie schon früher verhandelt hatte. Man war sich über den Kaufpreis nicht einig geworden. Er war Elvira zu hoch gewesen. Aber der alte Jakobs wusste offensichtlich genau, was er verlangen durfte.
Jakobs besaß noch weitere Häuser in Leipzig. Sie waren ihm, eines nach dem anderen, aus Staatsbesitz zurückgegeben worden. Etliches hatte der Alte bereits verkauft, und es ging ihm daher nicht schlecht.
»Ach, die Frau Paulke«, sagte er, nachdem sie an seiner Tür geläutet hatte. »Kommense nur rein, Frau Paulke. Ich hab gerade 'n scheen Gaffee gegocht. Trinkense ein Tässchen mit?«
»Aber gern, lieber Herr Jakobs«, flötete Elvira betörend. »Einen neuen Farbfernseher haben Sie ja auch. Und so schöne Teppiche. Sind die echt?«
»Aus'm Or'schent«, sagte der Alte stolz. »Hat ja unsereiner gar nicht gewusst, wo das liegt. Und jetzt geht man mit den Füßen übern Or'schent. So ändern sich die Zeiten, Frau Paulke. Ich ziehe in vier Wochen an die Ostsee. Hab mir auf Rügen eine schöne Datsche gekooft. So richtig bisschen scheen.«
»Nein, wie mich dat freut!«, schrie Elvira und ließ sich auf der nagelneuen Ledercouch nieder. »Dann wollense also doch verkaufen? Dat ist aber schön. Hab doch gewusst, dat wir ins Geschäft kommen ...«
»Ich hab schon verkooft«, fiel er ihr ins Wort. Elviras Gesicht wurde ganz lang.
»Sie haben schon verkauft?«, fragte sie und sah ihn fassungslos an. »Aber an wen denn, um Gottes willen? Hier im Himmelspförtchen kann sich doch nischt etablieren. Dat ist doch keine Wohngegend mehr.«
»In mein Haus kommen auch keine Wohnungen rein«, sagte er. »Das wird ein Puff, wie das andere Haus auch. Und die alte Meier von Nummer neun, die hat auch verkooft. Wird auch ein Puff, die Nummer neun. Da gibt es Konkurrenz, Frau Paulke.«
Wäre sie nicht schon gesessen, so hätte sie das jetzt unweigerlich tun müssen. Butterweich waren ihre Knie.
»Und in Nummer neun kommt unten einen Weinstube rein«, fuhr der alte Jakobs mit seinen Hiobsbotschaften fort. »Ist ja schade, was aus unserm Himmelspförtchen wird. Aber das ist die Zeit. Wir Hausbesitzer sind alte Leute. Wir wollen es 'n bisschen scheen haben. Also wird verkooft. Alles in der Ecke wird verkooft.«
»Aber, um Himmels willen, an wen haben Sie den verkauft?«
»An den Doktor Niedermeyer. Das ist ein Rechtsanwalt aus München. Der war mit dem großen blonden Mann hier, der öfter mal bei Ihnen in der Bar ist.«
»Bobby, der Dreckslude!«, zischte Elvira.
»Was hammse gesagt, Frau Paulke?«
»Nischt!«, erwiderte sie grantig. Sie war auf hundertachtzig, wie sie ihre hochgradige Wut zu bezeichnen pflegte. »Sie hätten ja mit mir drüber reden können. Vor dem Verkauf, meine ich.«
»Aber das habe ich doch getan«, entgegnete Jakobs verwundert. »Sie wollten mir den Preis nicht bezahlen und da hab ich eben . . .«
»Sie sind ein olles Arschloch!«, fauchte Elvira ihn an.
»Aber Frau Paulke, ich ...«
»Dümmer wie lang sind Sie«, fuhr sie fort, ihn zu beschimpfen. »Tag und Nacht gehört Ihnen auf die Schnauze gekloppt, Sie Blödmann, Sie.«
»Nu aber naus!«, schrie der Alte zittrig. »Hab so scheen Gaffee gegocht, und nu ...«
»Schiebense sich den Kaffee in den Hintern!«, rief sie wütend und stapfte
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